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Gesprächspsychotherapie
Bei der Gesprächspsychotherapie, deren Begründer
Rogers ist, steht die Klienten- und Personenzentriertheit im Mittelpunkt. Sie
zielt darauf ab, dass Klienten eigene Motive, Ziele, Werte, Überzeugungen,
eigene effektive und kognitive Schemata klären, repräsentieren und verändern.
Durch diese Veränderung sollen grundlegende Veränderungen des Erlebens und
Verhaltens und dadurch auch Veränderungen der relevanten sozialen Bezugssysteme
erreicht werden. Das Ziel der Klientenzentrierten Psychotherapie ist die
konstruktive Bearbeitung von Inkongruenzen. Der Klient ist nicht mehr in der
Lage zu wissen was er eigentlich möchte. Der Klient hat keine Ziele, Motive,
Selbstaspekte und Gefühle. Das Ziel besteht darin den Klienten wieder
selbstregulativ zu machen und die Selbstentfremdung aufzuheben. Die
differenzierte Prozessdiagnose spielt in der Therapie eine große Rolle. Der
Therapeut soll nicht nur verstehen, was die inhaltlichen Probleme eines Klienten
sind, sondern auch wie ein Klient mit seinen Problemen umgeht. Ausgegangen wird
von der hilfesuchenden Person mit ihren Gefühlen, Wünschen, Zielen und
Wertvorstellungen. Die Werte und Sichtweisen des Helfers treten weitgehend in
den Hintergrund. In einer warmen und vertrauensvollen Atmosphäre soll sich der
Klient seinen tiefsten Ängsten und Sorgen zuwenden. Der Therapeut spiegelt dem
Klienten die emotionalen Konflikte, die die Selbstverwirklichung blockieren.
Indem sich der Klient diesen Konflikten angstfrei zuwendet, verschafft er sich
Klarheit, erkennt sie, akzeptiert sie. Gedanken und Gefühle, die bedrohlich
waren erhalten Zugang zum Bewußtsein und können Teil des Selbstkonzeptes werden.
Der Klient wird von dem Therapeuten
akzeptiert und angenommen, unabhängig davon, was der Klient äußert oder wie er
sich gibt. Der Therapeut muß aber nicht allem zustimmen, doch muß der Klient
spüren, das eine Meinungsverschiedenheit die Beziehung nicht beeinträchtigt. Der
Klient erfährt anhand von Stimme, Mimik, Gestik und Körperhaltung, daß der
Therapeut ihm eine nicht an Bedingungen gebundene Wertschätzung und
Anteilnahme entgegenbringt. Das Diskriminationsmodell der Gesprächsführung geht
davon aus, das der Berater auf das verbale und nicht - verbale Verhalten des
Ratsuchenden gezielt so eingehen kann, dass bestimmte Inhalte aufgegriffen,
andere jedoch vernachlässigt werden. Auf diese Weise ist es dem Berater möglich,
das Gespräch zu lenken. Bei einer Aussage des Ratsuchenden kann er entweder auf
die direkt oder indirekt ausgedrückten Gefühle eingehen und nach der Technik der
Verbalisierung dieser Gefühle reflektieren, oder er kann die sachlichen Inhalte
aufgreifen. Grundbedürfnis des Menschen, akzeptiert und anerkannt zu werden,
wird befriedigt (gerade wichtig für Menschen in schwierigen Situationen, die
dieses Grundbedürfnis am ehesten entbehren mussten) Der Klient wird dadurch
selbst zu einer höheren Selbstachtung gelangen. Der Therapeut versucht sich in
das Erleben des anderen einzufühlen. Er bemüht sich, die Gefühle des Klienten zu
verstehen und dem Klienten dies möglichst präzise und konkret wiederzugeben.
Empfindungen des Klienten, die er selbst vielleicht nur andeutet und nicht in
Worte fassen kann, zu konkretisieren und zu verbalisieren; "Verbalisierung" in
genauer Form aller wesentlichen vom Klienten geäußerten persönlich-emotionalen
Inhalte des Erlebens durch den Berater/in. Wichtig dabei ist, daß der Berater
seine Äußerungen nie als Feststellung ausspricht, sondern - fast fragend - als
Angebot, um den Klienten zu verstehen! (siehe oben) Bei der Verbalisierung als
Wiedergabe, versucht der Berater oder Therapeut beispielsweise durch Anwendung
von Synonymen, Antonymen oder von Wunschvorstellungen den Inhalt der Aussage des
Ratsuchenden möglichst genau wiederzugeben, ohne zu bewerten oder irgendwelche
anderen Inhalte zu suggerieren. Der Klient erkennt daran , dass er verstanden
wird. Der Berater hebt durch seine Verbalisierung bisher latent Gebliebenes
hervor. Dies ist deshalb zuweilen notwendig, weil der Ratsuchende im
allgemeinen, der Gefangene eines dominierenden Gesichtspunktes ist und durch das
Hinzutreten neuer Gesichtspunkte ein präziseres und objektives Bewusstwerden der
Situation gefördert wird. Ziel ist es dem Klienten den Sinn seiner eigenen
Aussage klar zu machen. Das Modell einer erlebniszentrierten und
einsichtsorientierten Gesprächspsychotherapie beinhaltet eine einfühlende
Haltung (einfühlendes verstehen) und eine dialogische Haltung (konfrontiertes
Verstehen). Basismerkmale dieses Modells sind, bedingungsfreies Akzeptieren,
einfühlendes Verstehen und Echtheit. Ziel ist die Aufhebung von
Selbstentfremdung des Individuums, Befreiung von inneren Zwängen und Entwicklung
der Persönlichkeit Der Klient erfährt keine Belehrung, kann so ohne Abwehr
über seine Gefühle und Konflikte sprechen Obwohl der Therapeut keine
Ratschläge verteilt, ist er dem Klienten aktiv zugewandt. Der Therapeut/in kann
den Klienten über ein wirkliches Verstehen auch viel eher akzeptieren Im Rahmen
der Klientenzentrierten Gesprächsführung sind folgende Verhaltensweisen
inadäquat: Bagatellisieren, Diagnostizieren, Dirigieren, Examinieren, Sich
identifizieren, Interpretieren, Intellektualisieren. Die Wirksamkeit der
Gesprächspsychotherapie ist aufgrund der Untersuchungsergebnisse belegt. Sie ist
jedoch nicht als gleichrangiges Verfahren wie die Verhaltenstherapie zu
bewerten, da der untersuchte Anwendungsbereich für die Gesprächspsychotherapie
weniger breit ist und sie in direkten Vergleichsstudien in der Regel schlechter
abschnitt. Die Gesprächspsychotherapie eignet sich den Forschungsergebnissen
zufolge vermutlich besser für die ambulante Behandlung relativ wenig gestörter
Patienten als für die stationäre Behandlung von Patienten mit schweren
Störungen. Bei den Angsterkrankungen dürfte sie am ehesten beim generalisierten
Angstsyndrom positive Wirkungen zeigen.
Logotherapie
(nach Wolfgang Sievers über die Frage nach dem Sinn
innerhalb der Sozialarbeit am Beispiel der Arbeit mit Selbstmördern. )
Frankl sieht den heutigen Menschen von einem "abgründigen
Sinnlosigkeitsgefühl bedrängt. Nicht in der sexuelle Frustration (Freud) oder im
Minderwertigkeitsgefühl (Adler) sondern in der existentiellen Frustration sieht
Frankl das Hauptproblem des Menschen in unserer Zeit. Er spricht davon, daß sich
das "existentielle Vakuum" immer mehr ausbreite. Das Zustandekommen dieses
Vakuums erklärt er so: "Im Gegensatz zum Tier sagen dem Menschen keine
Instinkte, was er muß; und dem Menschen von heute sagen keine Traditionen mehr,
was er soll; und oft scheint er nicht mehr zu wissen, was er eigentlich will."
Das existentielle Vakuum hat zur Folge, daß viele Menschen nur noch
tun was andere tun (Konformismus) oder tun was andere wollen (Totalitarismus).
Das Sinnlosigkeitsgefühl kann so stark werden, daß es pathogen wird. Frankl
spricht dann von noogener Neurose. Er nimmt an, daß ca. 20% aller Neurosen
noogen bedingt sind. Für den Anstieg des Sinnlosigkeitsgefühls macht Frankl den
Reduktionismus unserer Tage verantwortlich. Das reduktionistische
Menschenbild als Wurzel des Sinnlosigkeitsgefühls Frankl sieht drei Formen
des Reduktionismus, den Biologismus, den Psychologismus und den Soziologismus.
Er wirft allen drei "Ismen" vor die gesamt-menschliche Wirklichkeit jeweils zu
reduzieren auf Bios, Psyche oder Sozietät. Allen drei wirft er vor das für das
Personsein des Menschen konstitutive Geistige zu leugnen. Er warnt dringlich
davor einen Teilaspekt menschlicher Wirklichkeit zu verallgemeinern. "Frankl
sieht den Reduktionismus als das Erbe des 19. Jahrhunderts: die
Naturwissenschaft führte zum Naturalismus, die Technik, als deren Anwendung,
vermittelte die utilitaristische Einstellung des Menschen; um seine Funktion
innerhalb der Gesellschaft ging es, nicht aber um seine Würde. Der Mensch, das
Naturwesen, wurde damit Mittel zum Zweck der Welt, die er sich mit Hilfe der
Technik zu unterwerfen begann. Deshalb wurde er selbst zum Objekt. So kam es
dazu, daß der als Naturwesen verstandene Mensch seine geistige Bestimmtheit und
die Sicht für das mögliche Telos der Welt verlor." Frankl wirft in diesem
Zusammenhang z.B. Freud vor genuin menschliche "Urphänomene" zu "Epiphänomenen"
zu degradieren. So kann die Liebe zwischen Mann und Frau als "zielgehemmte
Triebe" gesehen werden, oder die Elternliebe wird als Narzismus bezeichnet, oder
das Geistige im Menschen wird als bloßes Epiphänomen gesehen. Frankls vielleicht
etwas überzogene Kritik am Reduktionismus ist zu verstehen als eine Warnung vor
einem Menschenbild, das den Mensch aus sich selbst verstehen will. Die
Anthropologie Frankls Frankl ist in seiner Anthropologie von Scheler
beeinflußt. Scheler unterscheidet das Sein des Menschen in Leben und Geist. Das
Leben ist dem psychophysischen Bereich zugeordnet, während der Geist gegenüber
der psychophysischen Welt frei ist. Mittels des Geistes ist der Mensch, im
Gegensatz zum Tier, in der Lage sich von seiner Umwelt zu distanzieren . Er kann
sie zum Gegenstand seiner Anschauung machen. Die Umwelt und sein eigenes
Psychophysikum kann der Mensch vergegenständlichen. Die geistige Person selbst
ist gegenstandsunfähig. Sie kann nie Gegenstand eigener oder fremder Forschung
sein, denn die geistige Person geht im Vollzug ihrer Akte auf. Auch in seiner
Wertphilosophie ist Frankl von Scheler beeinflußt. Für Scheler sind Werte
Urphänomene, die von den anderen Gegebenheiten nicht ableitbar sind, "sie haben
apriorischen Charakter." Die Einheit des Menschen Nach Frankl hat der
Mensch Anteil an drei verschiedenen Seinsbereichen: am physischen, am
psychischen und am geistigen Sein. Während im physischen und psychischen Bereich
das Kausalitätsprinzip gilt und keine Freiheit sondern Determination herrscht,
ist für Frankl der geistige Bereich existentiell.107 Existentiell
heißt hier, daß es sich nicht um ein faktisches sondern ein fakultatives Sein
handelt, ein Sein, daß nicht determiniert ist wie das psycho-physische, sondern
sich frei verhalten kann. "Existentiell ist dagegen das Geistige als das
Nicht-Vorfindliche, Nicht-Tatsächliche, also auch nicht Objektivierbare, das
nicht Erklärbare, wohl aber Verstehbare, das dem Menschen die Möglichkeit
erschließt , sich ausrichten zu können auf Sinn und Werte." Nun stellt sich die
Frage, wie Frankl die Trennung der unterschiedlichen Seinsbereiche im Menschen
überwindet. Er versucht dies mit einem dimensionsontologischen Verständnis. Die
Seinsbereiche sind nicht linear-parallel zueinander angeordnet, sondern im Modus
der Dimensionalität auf einander bezogen. Länge und Breite eines Körpers bleiben
auch wenn die Höhe hinzukommt. So verstanden verschmelzen Leib, Seele und Geist
nicht zu einer Dimension, sondern alle drei Dimensionen machen die Ganzheit des
Menschen aus. Existenz Die räumliche Einheit von Gegenständen ist eine
"faktische". Sie sind und bleiben eine Einheit, wenn sie nicht physisch zerstört
werden. Die Einheit des Menschen dagegen ist eine "fakultative". Denn die
geistige Qualität ist eine besondere. "Geistiges Sein muß nicht sein, es kann
sein, d.h.: Es ist nur, indem es sich vollzieht." 111 Vielleicht wird
das Gemeinte deutlicher, wenn wir das Verb "existieren" betrachten. Frankl
übersetzt es mit: "aus sich selbst heraus- und sich selbst gegenübertreten."112
Die geistige Dimension des Menschen bedarf eines Zieles, das außerhalb von ihm
selbst liegt. So vollzieht sich existentielles Sein als "Selbsttranszendenz" und
zugleich als "Selbstdistanzierung".113 Ein vollzogener geistiger Akt
ist immer eine Antwort auf eine äußere Situation. Der Mensch hat die Freiheit
auf die Situation zu antworten oder nicht. Tut er es, wird die eigentliche
Dimension des menschlichen Seins verwirklicht, versagt er die Antwort, bleibt er
hinter sich selbst zurück.So schafft der Geist Einheit in zwei Richtungen,
einmal eint er Leib und Seele zu einem Menschen, und zugleich eint er den
Menschen mit dem Sein überhaupt. Wenn Frankl auf diesem Hintergrund vom "Willen
zum Sinn" Spricht, meint er damit "die Sehnsucht des Menschen nach Einheit [...]
mit sich selbst, dem Du, der Welt, mit Gott. Der Wille zum Sinn ist der Wunsch
des Menschen , die Zerrissenheit des Lebens zu überwinden - denn da, wo
Beziehung, Einheit hergestellt ist, wird Sinn erfahren."Die Geistigkeit des
Menschen Logos bedeutet bei Frankl das "subjektiv Geistige" und das
"objektiv Geistige". Frankl selbst übersetzt es auch mit "Sinn" bzw. "Sinn und
Wert".116 Das subjektiv Geistige meint die Person, die sich auf die
Welt des Sinnes und der Werte bezieht. Das objektiv Geistige, das ist die Welt
des Sinnes und der Werte, auf die der Mensch ausgerichtet ist. Die
subjektive Geistigkeit Insofern als sich eine Person auf die Welt des
Sinnes und der Werte bezieht, sprechen wir von subjektiver Geistigkeit. Seiner
Weltoffenheit verdankt es der Mensch, daß er nicht bei sich selber bleibt,
sondern über sich hinaus handeln kann, er ist auf seine ihn umgebende Welt
ausgerichtet. "Daß der Mensch in seiner geistigen Dimension 'weltoffen' ist,
heißt für Frankl, daß er 'eigentlich oder zumindest ursprünglich über sich
selbst hinaus nach etwas langt, daß nicht wieder er selbst ist, nämlich entweder
nach einem Sinn, den zu erfüllen es gilt, oder nach einem Sein, dem zu begegnen
oder zu lieben es gilt' ". Das unbewußt Geistige Neben der unbewußten
Triebhaftigkeit (Freud) nimmt Frankl eine unbewußte Geistigkeit an. Unbewußt
deshalb, weil der Mensch im Vollzug seiner geistigen Akte aufgeht. Die
Geistigkeit entzieht sich jeder Selbst- und Fremdbeobachtung. Wie Freud sieht er
die Grenzen zwischen Bewußtem und Unbewußtem als durchlässig an. Aber
Triebhaftes und Geistiges trennt Frankl sehr scharf von einander, denn das
Unbewußte ist für Frankl kein bedrohlicher Seinsbereich, sondern das geistig
Unbewußte ist "die Quell- und Wurzelschicht aller be-wußten" Geistigkeit. Im
Rahmen des existenz-analytischen Menschenbildes zeigt sich der Mensch als ein
Wesen, daß von unbewußter Geistigkeit getragen wird. Der Mensch wird eher durch
das Emotionale, als das Intellektuelle und Rationale gekennzeichnet. Das
Gewissen Das Gewissen ist für Frankl das Modell des unbewußt Geistigen. Als
Funktion des geistig Unbewußten ist das Gewissen für Frankl der anthropologische
Ort an dem wichtige Lebensentscheidungen getroffen werden. Frankl versteht den
Gewissensentscheid nicht als rational-analytischen sondern als
geistig-emotionalen Prozeß. Jede Gewissensentscheidung ist für Frankl irrational
und prälogisch, denn der Mensch hat ein "vor-moralisches Verständnis" von dem
was er "eigentlich tun sollte". Die Gewissensentscheidung ist "das Wahrnehmen
des in der Tiefe des Geistes, d. h. im Gewissen 'prälogisch' und 'prämoralisch'
Gewußten."Das Gewissen ist der Ort, an dem die Entscheidung fällt, wofür der
Mensch in der jetzigen Situation verantwortlich ist, welcher Wert aktuell zu
verwirklichen ist. Verantwortung trägt der Mensch vor seinem Gewissen oder der
religiöse Mensch vor Gott. Denn für Frankl ist das Gewissen "Meldestelle des
Transzendenten". Im letzten, so Frankl, sind wir Gott verantwortlich. Freiheit
Das wesentliche der geistigen Person ist seine Freiheit. So schränken die
Triebe, die Anlagen und die Umwelt den Menschen zwar ein, aber er ist ihnen
nicht ausgeliefert, er kann sich zu ihnen verhalten. Für das, was dem Menschen
mitgegeben ist, ist er nicht verantwortlich. Doch für sein Verhalten gegenüber
den Bedingtheiten muß er Verantwortung übernehmen. "Letzten Endes wird
menschliches Verhalten jedenfalls nicht von Bedingungen diktiert, die der Mensch
antrifft, sondern von Entscheidungen, die er trifft."Diese Freiheit gegenüber
den Bedingtheiten postuliert Frankl auch für Neurotiker und Psychotiker.
Beweisen - im naturwissenschaftlichen Sinn - kann Frankl seine These vom freien
Verhalten gegenüber den Bedingtheiten nicht. "Selbstverständlich ließe sich
einwenden, daß diese Entscheidung selber und ihrerseits irgendwie bedingt ist.
Ebenso selbstverständlich ist aber auch, daß dies zu einem Regressus in
infinitum führen würde." Und so stimmt er Magda B. Arnold zu , die sagt, daß
"alle Entscheidungen verursacht sind, aber verursacht durch den, der sie
trifft."Frankl geht auch davon aus, daß durch eine somatische oder psychische
Krankheit die geistige Person zwar erkranken sie aber nie zerstört werden kann.
Frankl spricht vom "Fortbestehen der geistigen Person"auch hinter der
Symptomatik psychotischer Erkrankungen. Die Krankheit kann allerdings den Blick
auf die bestehende geistige Person versperren. Der Geist kann nicht erkranken.
Die Würde eines jeden Menschen bleibt immer. Verantwortung Die
Freiheit des Menschen ist eingeschränkt durch biologische, psychische und
soziologische Bedingtheiten, auch der Logos schränkt ein, denn "Freiheit ist
stets und primär ein Freisein zum Verantwortlich sein." Freiheit ist nicht
allein ein frei-sein-von, sondern insbesondere ein frei-sein-für.
"Verantwortlich ist der Mensch nun für die Erfüllung und Verwirklichung von Sinn
und Werten, und hierin erblicken wir das objektive Korrelat aller Entscheidung
und Freiheit: in einer objektiv geistigen Welt des Sinns und der Werte - im
Logos."Frankl wendet sich gegen einen Existentialismus Sartrescher Prägung und
der von ihm geprägten Psychologie, der einseitig die Freiheit des Menschen
betont. Für dieses Denken ist die Welt der subjektive Entwurf einer subjektiven
Welt, während Frankl von einer Objektivität und absoluten Gültigkeit der Werte
spricht. Der Wille zum Sinn Wie wir weiter oben schon gesehen haben,
wird der Mensch aus der Sicht der Existenzanalyse nicht hauptsächlich von Lust,
Macht oder Selbstverwirklichung umgetrieben, sondern von einem "Willen zum
Sinn". Diesem Willen geht es um Sinnerfüllung. Für Frankl steht fest: der Mensch
will nicht "dasein um jeden Preis"; was er "wirklich will, ist: sinnvoll sein".135
Man kann Sinn nicht wollen. Sinn erfüllt sich nur, wenn er ein Objekt
findet. Der Wille zum Sinn hat einen intentionalen Charakter.Frankls
motivationstheoretisches Konzept wird von diversen Forschungsarbeiten
untermauert, die zu dem Schluß kommen "der Wille zum Sinn sei ein
anthropologisches Motiv sui generis". Doch alle Untersuchungen gehen
von der Anerkennung des Noetischen aus. Das Noetische muß als ontologische
Gegebenheit genommen, es muß geglaubt werden. (Erinnert sei in diesem
Zusammenhang an Kants Postulate der praktischen Vernunft.) Der Sinnwille ist auf
den Logos ausgerichtet. "Das Leben (in diesem Zusammenhang gleichbedeutend mit
Logos, Anm. v. Verf.) selbst ist es, das dem Menschen Fragen stellt. Er hat
nicht zu fragen, er ist vielmehr der vom Leben her Befragte, der dem Leben zu
antworten - das Leben zu ver-antworten hat." So verstanden ist der
Mensch "Sinnempfänger" und das Leben hat "Aufgabencharakter". Verantwortung und
Sinn gilt "ad personam et situationem" . Der Sinn ist konkret in Bezug auf die
Einmaligkeit der Situation und der Einzigartigkeit der Person.
Eine Konsequenz des Franklschen Menschenbildes ist es, daß grundsätzlich
jeder Mensch sinnvoll leben kann. Selbstmord ist für Frankl niemals
gerechtfertigt. Die objektive Geistigkeit oder die objektive Welt des Sinnes
und der Werte Der Sinn ist subjektiv insofern es für jeden einen anderen
Sinn gibt, aber gegen Subjektivismus und Relativismus behauptet Frankl einen
objektiven Sinn der "nicht bloß Ausdruck und Spiegelbild meines Seins"142
ist. Frankl postuliert eine Welt des Sinnes und der Werte, die objektive Geltung
hat. Frankl spricht von Sinnfindung. Jeder einzelne Mensch hat die Aufgabe
seinen Sinn zu entdecken und nicht sich einen Sinn zu geben. Er ist schon da.
Sinn ist dabei nicht allgemein sondern sehr konkret für den einzelnen zu
verstehen. Sinn gibt es nur "ad personam et situationem" .Wert und Sinn
Im Logosbegriff sind für Frankl der Wert- und der Sinnbegriff enthalten. Während
der Sinn persongebunden und situationsbezogen ist, haben die Werte allgemeine
Bedeutung. In einer konkreten Situation muß ich eine Wertentscheidung treffen.
Mit der Entscheidung wird der Wert für mich zum Sinn. "Der Sinn ist der
jeweilige Wert 'pro me'." Selbstverwirklichung Selbstverwirklichung
bedeutet im Franklschen Sinne nicht ein Ausleben meiner inneren Möglichkeiten,
sondern ein Leben, das bezogen ist auf meine Möglichkeiten und das mich
anfragende Leben. Erst in der Antwort auf die Fragen, die das Leben mir stellt,
finde ich mich selbst. Der Übersinn Soll Sinnfindung für den Menschen
möglich sein, so muß es nach Frankl einen "Sinn des Ganzen" geben. Diesen
versucht Frankl mit dem Begriff des "Übersinns" zu fassen. Dieser Übersinn, von
dem der individuelle Sinn ableitbar ist, kann nicht bewiesen werden, sondern muß
geglaubt werden. Frankl geht es in seinen Überlegungen aber nicht um eine
Sinndeutung des Weltganzen, dies hält er für unmöglich, auch fragt er nicht nach
dem Sinn von Sein. Er postuliert, "daß Sinnfindung in der Welt des Menschen
möglich ist auf Grund der Sinngebung durch die seine Welt umgreifende
'Über-Welt'". Frankl setzt das "Daß" der Sinnhaftigkeit menschlicher Existenz
voraus. Der Übersinn muß geglaubt werden.150 Für Frankl ist der
Übersinn an die Überperson, Gott, gebunden. Der unbewußte Gott Frankl
sagt, daß jeder Mensch eine Beziehung zu Gott habe und sei sie unbewußt, nämlich
verdrängt. "In einer existensanalytischen Traumanalyse, sie sich primär auf das
unbewußt Geistige konzentriert, begegnet Frankl selbst bei atheistisch und
nicht-religiös sich verstehenden Menschen dem Phänomen der unbewußten
Gottbezogenheit." Frankl spricht von einer unbewußten intentionalen Beziehung zu
Gott, die jedem Menschen zu eigen ist. Frankl sieht das Religiöse nicht wie C.G.
Jung im Es als archetypisches Phänomen angesiedelt, sondern im unbewußt
Geistigen verwurzelt, "zu Gott wird der Mensch nicht getrieben, er kann sich
vielmehr für oder gegen ihn entscheiden." Dem religiösen Menschen spricht Frankl
einer tiefere Sinnfindung zu, als dem nicht-religiösen. Denn ersterer fragt,
wenn er nach Sinn fragt, zugleich nach dem Auftraggeber des Lebens, nach Gott.
Der nicht-religiöse Mensch weiß sich nur seinem Gewissen verantwortlich, nicht
aber Gott. Trotzdem bleibt er für Frankl mit der Frage nach dem Sinn unbewußt
auf Gott bezogen. Nur aus diesem Grunde ist es ihm überhaupt möglich nach Sinn
zu fragen, aber er bleibt bei seiner Wegsuche auf dem Vorgipfel stehen. Frankl
verhandelt das Thema Religiösität "weil er es phänomenologisch als ein
spezifisch humanes Phänomen erkennt ... und dazu gehört, nach seiner Sicht, der
Aufweis des Seins Gottes. Mit diesem Aufweis sieht er allerdings die Grenze
seiner Aussagemöglichkeiten erreicht." Relativität und Objektivität der
Werte Für Frankl haben Werte objektive Gültigkeit, denn sie sind einer
"objektiv geistigen Welt" zugeordnet. Die Werte selbst verändern sich nicht, wie
Frankl im Anschluß an Scheler sagt, aber die Erkenntnis von ihnen, der Mensch
tritt in ein immer wieder neues Verhältnis zu den Werten. Die drei
Wertkategorien Frankl unterscheidet drei Wertkategorien. a) Schöpferische
Werte: Das Arbeiten des Menschen, sein Schaffen kann Sinn geben. b)
Erlebniswerte: Diese Werte zeigen sich in der Aufnahme der Welt, im Erleben von
Natur oder Kunst. c) Einstellungswerte: Kann ein Mensch z.B. auf Grund einer
Krankheit die ersten beiden Formen von Werten nicht mehr verwirklichen, kann er
für Frankl zur höchsten Form der Wertverwirklichung gelangen, indem er sich von
sich selbst distanziert und über sich hinaus auf den Sinngrund verweist. Er geht
um die personale Auseinandersetzung mit einem irreversiblen Schicksal. Frankl
möchte Menschen zur Bejahung und Annahme von Leiden führen, welches nicht mehr
anwendbar ist. "Die Einbeziehung dieser letzten Wertkategorie hat zur Folge, 'daß
die menschliche Existenz eigentlich niemals wirklich sinnlos werden kann: das
Leben des Menschen behält seinen Sinn bis in ultimis'." Die LOGOTHERAPIE Ziel
einer jeden Logotherapie ist "die Wiederbewußtmachung von Freiheit und
Verantwortlichkeit."Frankl sieht die Logotherapie als die spezifische
Therapieform bei soziogenen und noogenen Neurosen. Für psychogene Neurosen sieht
er sie als Ergänzung. Die soziogene Neurose Frankl versteht darunter
eine "existentielle Frustration", die gekennzeichnet ist durch ein "Fehlen von
Interesse", einen "Mangel an Initiative" und "Langeweile". Frankl führt dies
existentielle Vakuum auf eine "Flucht vor der Verantwortung und Scheu vor der
Freiheit" zurück. Als Therapie versucht Frankl die Aufdeckung des gelehrten
Nihilismus und seines reduktionistischen Menschenbildes.Die noogene Neurose
Wenn eine Neurose ätiologisch in einem geistigen Problem, einem sittlichen
Konflikt gründet, spricht Frankl von noogener Neurose. Dies ist aber keine
Erkrankung des Geistes, der Geist kann für Frankl nicht erkranken, sondern eine
Erkrankung aus dem Geist heraus, die den Menschen in seiner Ganzheit und
Ein-heit, also auch den psychophysischen Bereich, umgreift. Frankl sieht in der
noogenen Neurose das Problem eines Wertekonfliktes. "Einerseits leistet er
nicht Verzicht auf den einen Wert zugunsten des durch die Situation gegebenen
anderen, 'höheren' Wertes und entzieht sich damit der Freiheit zur
verantwortlichen Realisierung des 'objektives' Wertes, andererseits jedoch
verschließt er sich grundsätzlich nicht der Verantwortlichkeit, indem er nämlich
weiterhin um seinen Daseinssinn ringt. Er sagt zwar nicht Ja zu dem, was er
soll, aber er sagt auch nicht Ja zu dem , was er nicht soll." Geistige Konflikte
dieser Art sind für Frankl in Verantwortlichkeit zu lösen. Die psychogene
Neurose Bei einer psychogenen Neurose sieht Frankl die Logotherapie als
Ergänzung der Psychotherapie. Denn z. B. eine Angst- oder Zwangsneurose läßt
sich für Frankl niemals allein in psychologischen Kategorien fassen. "... der
Angst und dem Zwang entsprechen die beiden Grundmöglichkeiten des Menschseins
'Angst' und 'Schuld'" . Und Freiheit und Verantwortung sind
"ontologische Bedingungen" für die Möglichkeit von Angst- und Zwangsneurosen. In
der Logotherapie als "Ärztliche Seelsorge" geht es Frankl um die Erstellung der
Leidensfähigkeit eines Kranken bei unabwendbarem Leiden. Frankl geht es um
seelische Heilung, das Seelenheil überläßt er den Seelsorgern. Für Frankl ist
seelische Heilung von Sinnerfüllung und Wertverwirklichung abhängig. Doch es
stellt sich die Frage, wie ein existentiell Frustrierter zur Wertverwirklichung
geführt werden kann. Frankl geht von dem Wert der Verantwortlichkeit aus, auf
den sich Helfer und Klient einigen können. Und so macht die "Logotherapie ...
dem Patienten nur sein Verantwortlichsein bewußt, um ihn dann sich selbst
entscheiden zu lassen, wofür: für die Erfüllung welchen konkreten Sinnes und für
die Verwirklichung welcher persönlichen Werte - und wovor: ob überhaupt vor
etwas (vor dem Gewissen oder vor der Gesellschaft) und nicht vielmehr vor
jemandem (vor Gott) - er sein eigenes Dasein als Verantwortlichsein auslegt und
ausdeutet." Paradoxe Intention und Dereflexion, zwei Techniken der
Logotherapie Der logotherapeutische Ansatz hat zwei neue Techniken in die
Psychotherapie eingebracht, die bei sexual-, angst-, und zwangsneurotischen
Reaktionsmustern indiziert sind, die paradoxe Intention und die Dereflexion. In
diesen Techniken wird auf die Kraft der geistigen Dimension im Menschen
vertraut. Paradoxe Intention In Frankls Neurosenmodell hat der
angstneurotische Mensch Angst vor der Angst. Der Zwanghafte hat Angst vor dem
Zwang und der Sexualneurotiker kämpft um die Lust. Der Klient bekommt um die
Angst zu neutralisieren den Auftrag genau das anzustreben (intendieren) wovor er
jeweils Angst hat, bzw. was er unbedingt vermeiden will. Häufig gelingt es auf
diesem Wege den "Erwartungsangstmechanismus" zu durchbrechen, denn es wird genau
das bewußt intendiert, wovor der Klient Angst hat. Wenn ein Mensch das, wovor er
Angst hat, bewußt anstrebt, dann unterliegt dieses ja seiner Kontrolle. Häufig
führt die paradoxe Intention zu Entspannung, Entkrampfung und Entlastung. Frankl
nennt die paradoxe Intention einen Appell an die "Trotzmacht des Geistes".
Die DereflexionBei der Dereflexion ist das Ziel die Aufmerksamkeit von
einem Symptom abzulösen. Häufig beobachtet ein Angstneurotiker sich zu stark. Am
Beispiel des Tausendfüßlers sei dies erklärt. Der Tausendfüßler begann erst zu
stolpern, als er versuchte sich zu beobachten, wie er es wohl schaffte seine
1000 Füße gleichmäßig zu bewegen ohne durcheinander zu kommen. Das Ziel der
paradoxen Intention ist es ein Symptom zu ironisieren, indem ich bewußt will
wovor ich Angst habe. Ziel der Dereflexion ist es ein Symptom zu ignorieren.Zusammenfassung
Gegen den Reduktionismus unserer Zeit, in dem Frankl die Wurzel für das
Sinnlosigkeitsgefühl sieht, entwirft er ein Menschenbild, welches vom Geistigen
geprägt ist. Die Dimension des Geistigen beinhaltet die personalen Momente von
Freiheit, Verantwortlichkeit und Sinnorientiertheit. Der geistige Bereich, der
frei von Determination und Kausalität ist, eint Leib und Seele zu einem Menschen
und eint den Menschen mit dem Sein überhaupt. Der Geist überwindet die
Zerrissenheit des Menschen. In Beziehung und Einheit kann der Mensch Sinn
erfahren. Frankl weiß den Menschen von unbewußter Geistigkeit getragen. Der
geistige Bereich ist frei gegenüber jeglichen Bedingtheiten, und ist im letzten
auch nicht zerstörbar. Eingeschränkt wird diese Freiheit durch das
Verantwortlichsein zur Erfüllung und Verwirklichung von Sinn und Werten. Frankl
sieht den Menschen durch den Willen zum Sinn bestimmt. Doch dieser Sinn kommt
nicht aus dem Menschen selbst, sondern für Frankl existiert eine objektive Welt
des Sinnes und der Werte, die sich im Gewissen offenbart. So ist der Mensch
nicht Schöpfer von Sinn, sondern Sinnsucher und Sinnempfänger. Frankl geht es
nicht um den Sinn des Ganzen. Um aber die Sinnfindung des einzelnen zu
ermöglichen, muß er einen Übersinn annehmen. Dieser Übersinn ist an die Existenz
Gottes gebunden. Frankls Ansatz enthält viele Setzungen oder Postulate. Vieles
ist unbewiesen und muß geglaubt werden. Ich denke, daß ein überzeugter Atheist
diesem Ansatz nicht folgen könnte. Die Frage ob das Leben einen Sinn hat oder
nicht, ist nicht allgemein und für jeden und jede nachvollziehbar zu
beantworten. Mir drängt sich der Gedanke auf, daß es ohne diese Setzungen, ohne
unbewiesenes nicht geht, wenn ich mich auf die Sinnfrage einlassen will. Wie wir
weiter oben gesehen haben verdrängen alle naturwissenschaftlichen Ansätze die
Sinnfrage. Aber auch diese Verdrängung und Blindheit für die Sinnfrage liegt im
jeweiligen Menschen- und Weltbild begründet. Mit Berger/Luckmann schließe ich,
daß ich mir die Wirklichkeit konstruieren muß. Das bedeutet aber in der heutigen
Zeit, daß bestimmte Setzungen oder Übernahme von Setzungen so sind, daß andere
ihnen nicht folgen können. Frankl verficht, daß das Geistige die eigentliche
Dimension des Menschen ist. Es hat manchmal den Eindruck, als würde er das
psychophysische Leben nicht so recht ernst nehmen. Dies kann eine Gefahr für
therapeutisches Arbeiten bedeuten: das psychophysische Sein mit all seinen
Einflüssen wird unterschätzt. Es geschieht eine einseitige Akzentuierung der
Sinnfrage und der Möglichkeiten die in Freiheit und Verantwortung stecken.
Röhlein schreibt dazu: "Stehen die psychodynamischen ... Konzeptionen in der
Gefahr, den Psychologismus zu fördern, so steht die Logotherapie in der Gefahr,
noologistisch zu argumentieren."Durch die Personalisierung des Menschen wird
Frankl der natürlich-geistigen Ganzheit des Menschen nicht gerecht. Wenn das
geistige Leben seine Energien von den Trieben bekommt, kann es schwierig werden,
wenn die psychischen Energien pathogen gebunden sind. Sie stehen dann dem
Geistigen nicht mehr zur Verfügung. Böschemeyer spricht in diesem Zusammenhang
von Sinnfindungsbarrieren. Es gilt also den Mensch in seiner Ganzheit
zu sehen. Das muß bedeuten, daß der Mensch auch in seinem psychophysischen Sein
ernst genommen wird, dieser Bereich darf auch in einer Logotherapie nicht
unterschätzt werden. Auch z.B. die Lebensgeschichte eines Menschen hat eine
Bedeutung, die nicht außer acht gelassen werden sollte. Logotherapie soll
Psychotherapie nicht ersetzen, sondern ergänzen, aber Logotherapie ist für
Frankl auch die Therapieform, die letzte und wahre causa in ihren
Wirkungsbereich einbezieht. Wenn Frankl die Logotherapie als eigene Therapieform
versteht, so muß sie, wie Peeck anmerkt "statt sich von anderen Richtungen
integrieren zu lassen, ihrerseits Erkenntnisse und Arbeitsweisen der anderen
Psychotherapieformen in ihre Arbeit integrieren." Nur so kann sie der
Gefahr des Noologismus zu entgehen.
Gestaltpsychologie
Etwa zeitgleich mit der behavioristischen
Revolution der Psychologie, die in Amerika ihren Anfang nahm, gab es eine
weitere, die ebenfalls radikal dem Strukturalismus und Funktionalismus eine
Absage erteilte, allerdings auf eine völlig andere Weise: 1912 proklamierte der
Deutsche Max Wertheimer die Gestaltpsychologie. Die zentrale Annahme dieser
Schule lautet, daß einem aus Teilen zusammengesetzen Bewußtseinsprozeß eine
Qualität zukommt, die die Summe der Einzelteile nicht hat -- eben die Gestalt.
Ursprünglich befaßte sich die Gestaltpsychologie vor allem mit
Wahrnehmungseffekten, vor allem dem Phi-Phänomen: Zwei Lichter, die nahe
beieinander angeordnet sind und kurz hintereinander kurz aufblinken, werden als
ein Licht wahrgenommen, das sich vom Ort des ersten zum Ort des zweiten bewegt.
Die Gestaltpsychologie schließt aus diesem Effekt, daß unsere Erfahrungen von
den Mustern abhängen, die von Reizen gebildet werden und davon, wie unsere
Erfahrungen organisiert sind. Das Ganze besteht nicht nur aus Teilen, sondern
aus Teilen und deren Beziehung zueinander. Die Gestaltpsychologen lehnten die
Introspektion als Hauptmethode ebenso ab wie die Behavioristen, bekämpften jene
jedoch trotzdem entschieden: Die Gestaltpsychologie verlangte eine als
"Phänomenologie" bezeichnete Form der Erkundung, die es unternahm, Menschen nach
ihren subjektiven Wahrnehmungen und ihren Urteilen zu befragen und diese
Antworten als Daten der Forschung zu behandeln. Wegen dieser Vorgehensweise ist
gestaltpsychologische Forschung überwiegend qualitativ, im Gegensatz zur
quantitativen des Behaviorismus. Aus diesem Grund ist die Gestaltpsychologie oft
als vage und unwissenschaftlich abgelehnt worden. Dennoch hat die
Gestaltpsychologie durch ihre Betrachtungsweise wichtige Anstöße für viele heute
aktuelle Erkenntnisse und Forschungsthemen geliefert. (nach Stangl)
Gestalttherapie
Die Gestalttherapie geht von der Gegenwartszentriertheit psychischer
Phänomene aus. Der Mensch wird im Hier und Jetzt gesehen, als ein Handelnder,
der für sein Verhalten verantwortlich ist und selbst entscheidet. Die Neurose
wird in dieser Therapieform als "unerledigte Situation" gekennzeichnet. Die
Therapie soll eine Integration dieser unerledigten Situation und der mit ihr
einhergehenden abgespaltenen Gefühle, Phantasien und Verhaltensweisen
ermöglichen. Blockierungen werden oft in einer Art Explosion gelöst. "Perls will
den einzelnen Menschen zu einer Ganzheit machen, in dem er ihm zum Bewußtsein
seiner uneingestandenen Gefühle verhilft und dazu, auch diejenigen Teile seiner
Persönlichkeit anzuerkennen, die er bisher verleugnet oder abgelehnt hat."
Die Wirksamkeitsnachweise für die
Gestalttherapie sind eher gering, lassen es aber als möglich erscheinen, dass
sich dieses Verfahren aufgrund weiterer Untersuchungen als wirksam erweisen
könnte.
- AAGT -
Association for the Advancement of Gestalt Therapy
- Introduction: History, basic concepts,
personality ... - G. Yontef
- Gestalt!: An Ejournal of
Applied Gestalt Therapy Principles
- Gestaltkritik: Zeitschrift zur
Gestalttherapie - Gestalt-Institut Köln
- GTA - Society for
Gestalt Theory and it's applications: Society homepage, including a lot of Online
available papers
- Short Introduction - A. Brandis
- The Gestalt Bibliography - M. Rawle
& J. Wysong
Systemische Therapie
Anhand der Ergebnisse der Kommunikationsforschung, die zwischenmenschliche
Interaktionsformen untersucht, entstand die systemische Therapie. Die
Grundannahme beruht darin, daß komplexe Systeme nicht durch linear-kausale
Zusammenhänge erklärbar sind, sondern nur anhand zirkulärer Prozesse, in denen
alles mit allem vernetzt ist. Sie sind somit
Ergebnis eines fehlgesteuerten Systems bzw. fehlerhafter Kommunikation (meist
Familie oder Partnerschaft).
So kann aus systemischer Sichtweise Heilung des einzelnen nur dann geschehen,
wenn sich das gesamte System verändert. Hieraus folgt die Forderung, in
Therapien am System als Ganzem anzusetzen. So wird von deren Vertretern die
Paar- oder Familientherapie bevorzugt. Als wichtigste Techniken sind zu nennen:
1. Die Allparteilichkeit und positive Konnotation den Familienmitgliedern
gegenüber, wodurch ein Zugang zum Familiensystem ermöglicht werden soll. 2.
Zirkuläre Befragung: Jedes Familienmitglied wird über die Beziehungen zwischen
den anderen befragt, wodurch die gegenseitigen Vernetzungen deutlich werden. 3.
Paradoxe Intervention oder Symptomverschreibungen: Das Symptom wird als positiv
hingestellt und angeordnet, dies noch zu verstärken. Hierdurch verliert das
Symptom seine bisherige gruppendynamische Funktion; pathologische
Wechselbeziehungen werden unterbrochen und die Familie muß sich in einer neuen
Form organisieren. Im systemischen Ansatz wird davon ausgegangen, daß komplexe
Systeme eine eigene Fähigkeit zur Selbstorganisation besitzen. Aus diesem Grunde
sind die Abstände zwischen den Familiensitzungen recht lang (mindestens ein
Monat), um hierdurch dem Familiensystem Zeit zu geben, sich neu zu organisieren.
Mitgegebene Hausaufgaben können den Prozeß unterstützen. Wegen der geringen
Anzahl von etwa fünf bis zehn Therapiesitzungen ist dieses Verfahren sehr
ökonomisch. (Federschmidt,
Dt Ärztebl 1995; 92: A-41–45) Die Wirksamkeitsnachweise für
systemorientierte Familientherapie sind eher gering, lassen es aber als möglich
erscheinen, daß sich diese Verfahren aufgrund weiterer Untersuchungen als
wirksam erweisen könnten. Die Wirksamkeit der systemischen Familientherapien
scheint allerdings erheblich geringer als die der verhaltenstherapeutischen
Familientherapie.
- AAMFT: American Association for Marriage and Family
Therapy
- The Center for Problem-Solving:
Institutional information which includes sides about marital counseling, relationship
& family problems
- Family Resource Online:
Documents, communication, further links
- Family Therapy: Papers to Download:
Index of HTML publication - D.Pocock
- Institut für Familientherapie e.V.,
Weinheim: Informationen zur Systemischen Therapie, Ausbildungsseminaren etc.
- Marital Therapy: Growing
Index - R.Beer
- Publications of Phillips Graduate Institute:
Online available papers on family system research,
- School of Social
and Systemic Studies, Nova Southeastern University, US , research and academical
informations, Online version of "The Qualitative Report"
- Re-authoring the stories we
work by: Situating the narrative approach in the presence of the family of therapists
HTML publication - B. Hart
- What is Marriage and Family Therapy?
Information for therapists, students and clients - AAMFT
Emotionen beeinflußen immer auch unsere Erinnerung. Erinnerungen sind selektiv und
vorallem durch therapeutische Suggestion sehr beeinflußbar. Siehe auch False Memory Syndrome Foundation (FMSF) Ob es
"Verdrängung" in dem Sinne wie sie der frühe Freud definiert hat überhaupt
gibt ist sehr fragwürdig. Die moderne Forschung sagt, daß meistens erst ab dem 3.-4.
Lebensjahr biographische Errinerungen vorhanden sind. (z.B. Holmes, DS . The evidence for
repression, in Singer Hrsg. Repression an dissociation, University of chicago press,
Chicago 1990). Darüber hinaus leiden die etwas älteren Kinder in der Regel gerade
darunter, daß sie schwere Traumen nicht vergessen können. Bei unkritischem Umgang mit
der ursprünglichen analytischen Traumatheorie besteht immer die Gefahr, daß oft
suggestiv entstandene Errinnerungsverfälschungen mit Wirklichkeit, bzw. wirklichen
Errinnerungen verwechselt werden. Daraus resultiernde Beschuldigungen können Familien
zerstören und damit auch dem Patienten den oft so dringend benötigten familären
Rückhalt nehmen. (Siehe Mißbrauch vergißt man nicht, Cecilie Ernst in Psycho 25 (1999)
Nr.10 Seite 606-617). Dies gilt natürlich in besonderem Maße auch für Therapien anderer
Verfahren bei denen "unbewußte" angebliche Errinerungen eine wichtige Rolle
spielen, wie Hypnose, Recoverytherapien, Urschrei, und viele andere.
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