Angststörungen Seite 15
Kurze kommentierte Zitate zu den Daten zur Langzeiteffektivität der
Behandlung von Panikstörungen aus Practice Guideline
for the Treatment of Patients With Panic Disorder der APA (Link zum englischen
Volltext mit den Literaturangaben unten), ergänzt durch die
Erklärung, was mit den entsprechenden Therapien gemeint ist.
Kognitive Verhaltenstherapie:
Langzeit- Follow-ups zu Panikstörungen gehen meist über 6 Monate bis 8 Jahre
(20, 29, 33, 36-38, 42, 43). Die 3 Studien die mindestens ein Jahr den Verlauf
beobachteten, zeigten vielversprechende Ergebnisse in dem durchschnittlich
88% der Patienten frei von Panikattacken blieben. Allerdings zeigt ein
genauerer Blick auf die Ergebnisse einer dieser Studien, dass der Prozentsatz
der 2 Jahre ohne Panikattacken blieb nur bei ungefähr 50% bleib und nur 21%
erreichten einen beschwerdefreien Zustand mit hohem Funktionsniveau über den
gesamten Verlaufszeitraum. Gemeint sind damit Patienten die durchgängig nur eine
geringe allgemeines Panik- oder Angstsymptomniveau mit geringer Angst vor der
Angst, und auch sonst nur sehr geringen Symptomen zeigten. Diese
Verlaufsergebnisse entsprechen etwa denen bei der medikamentösen Behandlung
(auch hinsichtlich der Therapieversager). Eine Übersicht einer Serie von
Studien zeigt auch, dass die Verbesserungen der agoraphoben Symptomatik und der
Arbeitsunfähigkeit nach einer Expositionstherapie für 4 bis 8 Jahre anhält.
Verhaltenstherapeutische Therapieprinzipien sind bei der Behandlung von
Agoraphobie und Panik das Mittel der Wahl. Dabei wird davon ausgegangen,
dass ein externer Stimulus zu einer Angstreaktion und dann zu einem
Vermeidungsverhalten führt, was in der Folge dann wieder zu einer
Generalisierung und Chronifizierung der Störung mit zunehmender Lebenseinengung
beiträgt. Auch Panikattacken werden dabei als stimulusabhängig angesehen. Es
wird dabei davon ausgegangen, dass bei der isolierten Panikattacke der Stimulus
nicht von außen, sondern aus dem Köperinneren (Gefühle, körperliche
Wahrnehmungen im Rahmen des Hyperarousals, übersensibler Körperwahrnehmung) kommt, die vom Patienten oft nicht
richtig oder nicht gelassen genug zugeordnet werden können und die Angstkaskade
in Gang bringen. Es werden verschiedene Interventionen, wie paradoxe
Interventionen, Verbesserung der Selbstbeschreibung, Reframing,
Stimulusexposition, Affekttoleranzübungen und Angstmanagement eingesetzt.
Reizkonfrontationstherapie bei Angststörungen mit Vermeidungsverhalten |
Ein Schwerpunkt der Verhaltenstherapie ist das Flucht-
und/oder Vermeidungsverhalten, bezogen auf die angstauslösenden
Situationen und zum anderen die irrationalen Überzeugungen hinsichtlich
der Bedrohlichkeit dieser Situationen. Bei der Bearbeitung beider
Ansatzpunkte kommt ist das Reizkonfrontationsverfahren entscheidend. Das
Verfahren ist sowohl bei Agoraphobien, sozialen Phobien als auch bei
Zwangsstörungen anwendbar. Eine Konfrontationsbehandlung wird in
vier Phasen unterteilt: |
Diagnostikphase, |
Während der Diagnostikphase wird erfragt, bei welchen
Gelegenheiten, wie stark, wie häufig und in welcher Form Angstsymptome
auftreten. Das Verhalten des Betroffenen in den angstauslösenden
Situationen wird genau analysiert. Die Flucht- und Vermeidungsstrategien
wie gedankliche Ablenkung, Einsatz von Medikamenten oder Alkohol,
für Begleitung sorgen usw. werden besprochen. Gedanken und Befürchtungen
im Zusammenhang mit den angstauslösenden Situationen werden offengelegt
und auf ihren Realitätsgehalt überprüft. Befürchtungen eines Patienten mit
sozialer Phobie könnten zum Beispiel darin bestehen, dass er etwas
unpassendes sagt, sich niemand für ihn interessiert, oder er sich durch
seine Angstsymptome blamiert. |
Phase der kognitiven
Vorbereitung, |
Eine erste Aufgabe des Therapeuten besteht darin, den
Betroffenen zu motivieren, sich auf die Behandlung mit Exposition und
Reaktionsverhinderung überhaupt einzulassen. Gerade im Anfangsstadium der
Behandlung haben kognitive Strategien, Erklärungen, Informationen,...eine
wichtige motivationale Funktion. Wichtig ist es, Betroffene für die
lebensnotwendige Funktion von Ängsten zu sensibilisieren: Dies hilft
vielen Personen auch, ihre eigenen Schwierigkeiten zu relativieren und als
Ziel der Therapie nicht so sehr ,,Angst - Freiheit", sondern ,,Lernen mit
Angst umzugehen" zu sehen. Auf
Grundlage der in der Diagnostikphase gewonnenen Informationen entwickeln
Therapeut und Betroffener gemeinsam ein individuelles Störungs- und
Behandlungsrational, aus dem sich die jeweils indizierten
Behandlungsschritte ergeben. Für den Erfolg einer Konfrontationsbehandlung
ist es wichtig, dass dem Betroffenen klar ist, warum das jeweils
erarbeitete Vorgehen notwendig ist und worauf er während der Durchführung
achten muss. Die Betroffenen werden angehalten, nichts gegen ihre Angst zu
unternehmen, Medikamente zur Behandlung der Angst nach Absprache mit dem
behandelnden Arzt abzusetzen und auch nicht als "Sicherheitsreserve" mit
sich zu führen. (Bei entsprechender Belastbarkeit des Patienten) Es geht
während der Konfrontation nicht darum, die Angst zu unterdrücken, sondern
statt dessen den auf Gewöhnung beruhenden, sich von selbst
einstellenden Angstrückgang abzuwarten. Nur so kann der Betroffene den
bisherigen negativen, weil angstbesetzten Erfahrungen neue positive
Erfahrungen entgegensetzen und das Gefühl entwickeln, der angstauslösenden
Situation gewachsen zu sein. Zusätzlich werden die katastrophisierenden
Befürchtungen und irrationalen Überzeugungen des Betroffenen einem
Realitätstest unterzogen und so nach und nach abgeschwächt. Beim
abgestuften Verfahren wird der Patient nach einer zuvor aufgestellten
Angsthierarchie in aufsteigender Folge mit immer stärker angstauslösenden
Situationen konfrontiert, beginnt also mit einer nur leicht
angstauslösenden Situation. Beim Flooding-Verfahren beginnt der Patient
gleich mit einer der am stärksten angstauslösenden Situation und sucht
danach die anderen Angstsituationen auf. Wichtig ist in jedem Fall die
kognitive Vorbereitung des Patienten, bei der Begründung und Vorgehen der
Therapie erklärt werden. |
Phase intensiver Konfrontationen |
Bei der
In-vivo-Exposition mit Reaktionsmanagement wird der Patient zunächst dazu
angehalten, sich freiwillig in Situationen zu begeben, in denen mit großer
Wahrscheinlichkeit Symptome auftreten, die bei ihm große Angst und
Unbehagen auslösen (In-vivo-Exposition). Gleichzeitig wird er - gemäß
einer Absprache mit dem Therapeuten - daran gehindert vorzeitig der
Situation wieder zu entfliehen oder im Falle von Zwangsstörugnen seine
Rituale auszuführen, mit denen er sich bisher nach solchen Situationen
wieder (erfolgreich) beruhigen konnte (Reaktionsmanagement). Somit kann
der Patient die Erfahrung machen, dass er sich auch ohne Vermeidung,
Flucht oder die Ausübung der Zwangsrituale emotional beruhigen wird
(Annahme der physiologischen Angstreaktionen) und kann sich allmählich an
die Angst verursachenden Situationen gewöhnen lernen (Habituation). Dieser
Prozess ermöglicht dem Patienten auch, seine Reaktionen (körperliche
Empfindungen, Gefühle, Kognitionen und Handlungsimpulse) besser
kennenzulernen. Häufig kommt es dabei zum Wiederbewusstwerden von früheren
Konflikten und traumatischen Erfahrungen und zum Erleben der
entsprechenden Gefühle (z.B. Wut, Hilflosigkeit). Oft erfährt der Patient
auch, dass seine Erwartungen bezüglich der Heftigkeit seiner Reaktionen
falsch waren, indem sie wesentlich schwächer ausfallen und handhabbarer
sind. Schließlich übt der Patient den normalen, Umgang mit realen
Lebenssituationen. Dies ist wohl der wichtigste Lernschritt.
Der Therapeut begleitet idealerweise den Patienten auch zu diversen
Übungen (z.B. in die belebte Geschäftsstraße mit Kaufhäusern, in den
Aufzug, allgemein in die Stadt- Patient erlebt, dass er eine phobische
Situation viel länger durchsteht als vermutet), wobei die Unterstützung
durch die Anwesenheit des Therapeuten schrittweise reduziert wird (zuerst
gemeinsamer Gang in die Stadt; später Vereinbaren verschiedener
Treffpunkte und letztlich geht der Patient selbständig, während der
Therapeut in der Praxis wartet). Am besten funktioniert dies nach der
Literatur an 5-10 aufeinander folgenden Tagen, bei denen der Betroffenen
je 5-8 Stunden konfrontiert wird. Der Patient macht Notizen über den
Verlauf der Übungen. Diese werden dann im Detail mit dem Therapeuten
durchgesprochen. Der Patient sollte bereits verstanden haben, dass er sich
die Ängste nicht einbildet, sondern diese eine Realität sind, mit der er
aber zu leben lernen kann. Der Patient muss lernen, die bisherigen
Vermeidungsstrategien zu unterlassen und die mit phobischen Situationen
verknüpfte Angst und Unruhe zu ertragen. Während der Intensivphase ist es
notwendig, dass sowohl Betroffener als auch Therapeut genügend Zeit
einplanen, damit es auch tatsächlich zu einem Angstrückgang kommen kann.
Die Aufgabe des Therapeuten besteht während der Konfrontation nicht darin,
auf die Angst Einfluss zu nehmen, sondern Vermeidungsverhalten zu
unterbinden. Je nach Phobie kann der Zeitaufwand hierbei stark
differieren. Der Rahmen einer normalen Therapiesitzung wird aber in der
Regel gesprengt. Die Krankenkasse bezahlt ambulant nur 50 min/Tag und
Sitzung, genehmigt meist nur eine Sitzung/Woche. Sinnvoll sind meist
mehrstündige Therapiesitzungen in real auslösenden Situationen, was meist
auch einen Fahrweg für den Therapeuten beinhaltet. Zusätzlich reichen
positive Einzelerfahrungen an ein oder 2 Tagen meist nicht aus, um
häufig mehrjährig verfestigtes Vermeidungsverhalten dauerhaft zu
verändern, so dass häufigere Reizkonfrontationen, am besten an mehreren
aufeinander folgenden Tage, notwendig sind. Generell gilt hier wie sonst
beim Lernen und Verändern von Gewohnheiten auch, dass nur regelmäßiges
Wiederholen und Üben Erfolg zeigt. Während der Intensivphase wird hierbei
die Begleitung des Therapeuten zunehmend reduziert, bis der Betroffene
schließlich eigenständig weitere Konfrontationsübungen durchführt, die mit
dem Therapeuten nur noch geplant und nachbesprochen werden und die
Behandlung somit in die Selbstkontrollphase übergeht. Der Betroffene soll
lernen, dass er die angstauslösende Situation aufsuchen kann, ohne dass
die von ihm gefürchtete Katastrophe eintritt. Habituation ist ein sehr
basaler Mechanismus, der auch ohne kognitive Beteiligung selbst bei
Organismen ohne zentralem Nervensystem gut beschrieben ist. Grundprinzip ist also, dass der Betroffene
nach entsprechender Vorbereitung die Situation aufsucht und
so lange in der Situation verweilt, bis die
Angstreaktion abnimmt. Eine langandauernde Exposition
begünstigt damit dann die Habituation an Problemsituation mit Rückgang der
psycho-physiologischen Angstreaktion. Dies führt zu einer Veränderung in
der Wahrnehmung und Bewertung der angstauslösenden Situation und
Handlungskompetenzen (realistischere Einschätzung von Gefahren, positivere
Einschätzung der eigenen Coping-Strategien). Es werden dadurch neue
Verhaltensmuster (sich aktiv den Problemsituationen stellen anstatt zu
fliehen) aufgebaut. Siehe auch Dr.phil. Hansruedi Ambühl,
Störungsorientierte Behandlung der Zwangsstörungen,
Vortrag am 25. April 2002 bei den 52. Lindauer Psychotherapiewochen
Bei der Exposition werden
regelmäßig Angstattacken und Hyperventilation provoziert. Üblicherweise
ist dies nicht nur harmlos, sondern auch Voraussetzung für die Besserung.
Bei Epilepsien kann Hyperventilation
manchmal Anfälle auslösen, hier sollte der behandelnde Neurologe gefragt
werden und vorher ein EEG unter Hyperventilation abgeleitet werden. Bei
schweren obstruktiven Atemwegserkrankungen kann es bei
Hyperventilation durch die vermehrte Einatmung kalter, trockener Luft
besonders bei Asthmatikern zu einer mäßigen Bronchokonstriktion kommen.
Mit einem Peakflowmeter kann dieser Effekt selbst gemessen werden. Die
eigentliche Atemwegserkrankung und die Paniksymptome müssen hier
auseinander gehalten werden. Bei Patienten, die gleichzeitig an einer
koronaren Herzerkrankungen (Verkalkung oder Verengung der Herzkranzgefäße)
leiden sollte vor dem eigentlichen Konfrontationstraining am Belastungs-
EKG die Unterscheidung zwischen Angst und Angina pectoris mit dem
Kardiologen besprochen werden und später dann auch mit dem
Verhaltenstherapeuten trainiert werden. Nitropräparate sollten dann nur
bei Angina pectoris und nicht bei Panikattacken eingenommen oder als Spray
zugeführt werden. Im Einzelfall ist deshalb immer bei organisch zusätzlich
kranken eine Zusammenarbeit zwischen dem das organische Leiden
behandelnden Arzt und dem Verhaltenstherapeuten erforderlich.
Reaktionsverhinderung bei der Exposition Vermeidungsverhalten (auch
kognitiv) muss verhindert werden, Th. darf sich nicht auf ablenkende
Gespräche einlassen, Pat. muss angeleitet werden, seine
Aufmerksamkeit auf auslösende Reize richten, Gefühle zulassen, ängstigende
Gedanken aussprechen. Dazu sollten die symptomauslösenden Reize und
damit verbundenen Gedanken und Gefühle durch ihn genau beschrieben werden
Selbstkontrolle und Stabilisierung Damit Veränderungen langfristig
stabil bleiben ist eine zu Beginn zeitintensives
eigenverantwortliches Weiterarbeiten des Betroffenen erforderlich, Während
der Intensivphase müssen zunehmend Übungen alleine durchgeführt werden.
Eigene Expositionsübungen des werden genau vorgeplant: - welche Situation
konkret- wie lange- wie häufig- was bei Flucht- und Vermeidungsverhalten
hilfreich ist- worauf besonders achten ist. Der Therapeut zieht sich im
Verlauf der Behandlung immer mehr zurück
Rückfallprophylaxe: erworbene Strategien müssen selbständig außerhalb
der Therapiesituation eingesetzt werden. Rückschläge sollen nicht als
Katastrophen bewertet werden. 100%iger Sicherheit vor einer erneuten
Panikattacke gibt es nicht. Wichtiger als die Frage ob wieder
Panikattacken auftreten können ist, dass der Betroffene sich zutraut mit
den nächsten Panikattacken umzugehen. |
STÖRUNG |
Art des
verhaltenstherapeutischen Konfrontationstrainings |
Paniksyndrom |
Reattribution körperlicher und psychischer Reize,
Konfrontation mit internen Reizen
(internen Reizen = Körperliche Symptome wie Herzklopfen,
Kurzatmigkeit, Schwindel usw.) |
Agoraphobie |
Konfrontation in vivo mit angstauslösenden
Situationen |
Sozialphobie |
Gruppentherapie (Konfrontation in vivo und in sensu,
Reattribution von Verhaltensweisen anderer, Training sozialer
Kompetenz) |
Spezifische Phobie |
Konfrontation in vivo mit angstauslösenden Reizen,
evtl. systematische Desensibilisierung |
Generalisiertes Angstsyndrom |
"Grübelkonfrontation”,Angst-Bewältigungstraining,
Entspannungstechniken |
Modifiziert nach Margraf |
|
Beispiel für eine Konfrontationstherapie der
Agoraphobie |
Tag 1:
• Autofahrt zu einer Bergbahn
• 3 Berg- und Talfahrten in den Gondeln
• Autofahrt in eine Stadt zu einer großen Waschanlage, 5x im Auto
durch die Waschanlage fahren
• Zugfahrt nach München
• Weiterfahrt innerhalb der Stadt mit U-/S-Bahn nach vorgegebener
Route
• Besuch eines überfüllten Kaufhauses
• Besteigung des Alten Peter (Turm mit enger Aussichtsplattform),
Verweilen 3x 10 min. auf der Plattform
• Abendessen in überfülltem Restaurant
• Übernachtung alleine im Hotel
|
Tag 2:
• Besuch der Hotelsauna und Sonnenbank
• U-Bahnfahrt zur Innenstadt, Bummel durch die Fußgängerzone
• Mittagessen in einem Kaufhausrestaurant
• Fahrt zum Olympiazentrum
• Liftfahrt zur Aussichtsplattform des Olympiaturms
• weitere U-/S-Bahnfahrten
• Zugfahrt zurück
• Abendessen in überfüllter Kneipe
Nach W. Hiller |
|
alternativ Konfrontation in der
Gruppe bei z.B.: sozialen Phobien: die Situation ist beliebig
steuerbar und wiederholbar, geschützte Umgebung macht weniger Angst (damit
aber möglicherweise geringerer Therapieeffekt), bessere
Nachbesprechungsmöglichkeit mit Vergleich mit den Wahrnehmungen anderer
Gruppenmitglieder in der Nachbereitung |
Selbstkontrollphase |
In dieser Phase geht es zusätzlich verstärkt darum,
Veränderungen, die sich durch den Rückgang der Angstsymptomatik in
verschiedenen Lebensbereichen ergeben, zu beobachten und gegebenenfalls
aufzugreifen, um so einen langandauernden Therapieerfolg sicherzustellen.
Diesem Zweck dienen auch Maßnahmen zur Rückfallprophylaxe, wie zum
Beispiel das Erarbeiten einer Strategie zum Umgang mit nach der Therapie
eventuell erneut auftretenden Angstsymptomen. Man versucht somit, die
Besserung aufrecht zu erhalten um einen Rückfall in den Teufelskreis der
Angst zu vermeiden - nicht zukünftige Angstattacken zu vermeiden. Der
Betroffene sollte am Ende die Gewissheit haben, dass er mit seiner Angst
umgehen kann. |
Ambulant oder Stationär?? |
Grundsätzlich ist ambulanten Behandlungen der Vorzug zu
geben. Die meisten stationären Behandlungssettings in psychosomatischen
Kliniken bieten keine wesentlich höhere Therapiefrequenz als dies im
ambulanten Rahmen üblich ist. Bei der Behandlung von sehr schwierigen
Fällen taucht die Frage nach einer stationären Behandlung auf. Die
stationäre Behandlung hat - und dies gilt durchaus auch für andere
Störungen - zwar den Vorteil eines intensiven Lern-Milieus und einer
Erleichterung des Patienten durch den Wechsel der Umgebung; genau dies
Aspekte können sich jedoch als echter Bumerang herausstellen. Viele
Patienten haben große Probleme, die in der Klinik erlernten Veränderungen
auf die natürliche Situation zu übertragen. In solchen Fällen ist eine
ambulante Nachbehandlung unbedingt erforderlich. |
Trotz der nachgewiesen hohen Effektivität von in der
beschriebenen Form durchgeführten Konfrontationstherapien, werden nur etwa
ein Prozent der Patienten mit Angststörungen auch so behandelt. (siehe
Kommentar unten). Dies ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass die
Durchführung dieses Verfahrens unter den gegebenen Strukturen im
Gesundheitssektor sowohl in ambulanten als auch im stationären Bereich nur
schwer zu realisieren ist. Eine Möglichkeit hier Abhilfe zu schaffen wäre
neben einer Flexibilisierung der Psychotherapierichtlinien auch der
vermehrte Einsatz von ausgebildeten Hilfstherapeuten in der Intensivphase.
Nach: Dipl.Psych. Dr. Frank Meyer Psychologischer Psychotherapeut und
Supervisor Psychologischer Leiter der Fliedner Klinik aus
Neuorpsychiatrische Nachrichten 12/01 |
Bei generalisierter Angststörung (GAS)
ist Sorgen-Exposition
in
sensu oft wichtiger als ein
Konfrontationstraining an der realen Situation, da oft nur wenig
wirkliches Vermeidungsverhalten besteht. Hier ist
auch eine vorrausgehende kognitive Umstrukturierung mit geübter
Hinterfragung der Überzeugungen hinter der Angst und der Entwicklung
alternativer Erklärungen besonders wichtig. Hierbei werden zunächst die
zwei oder drei Hauptsorgenbereiche des Patienten bestimmt, Anschließend
wird mit ihm ein allgemeines Vorstellungstraining durchgeführt. Dann wird
der Patient angeleitet, sich eine der Hauptsorgen möglichst bildlich mit
dem allerschlimmsten denkbaren Ausgang vorzustellen. Falls eine Patientin
sich z.B. sorgt, wenn ihr Kind zu spät von der Schule nach Hause kommt,
soll sie sich vorstellen, wie das Kind entführt wird. Diese Szene soll die
Patientin sich dann eine halbe Stunde lang vorstellen. Erst anschließend
wird sie dazu angehalten, sich alternative Ausgänge (z. B., dass ihr Kind
trödelt, die Oma getroffen hat..) auszumalen. Hier kommt dann wieder
die kognitive Umstrukturierung zum Einsatz, die auch losgelöst von der
Sorgenexposition geübt wird und einen wichtigen Platz einnimmt. Die
furchterregende Szene wird gedanklich so oft durchgespielt, bis sie nur
noch milde Angst auslöst. Dann kann mit der nächsten Sorge bzw. Szene
begonnen werden, die analog bearbeitet wird. Die Sorgenexposition
ermöglicht eine Habituation (Gewöhnung mit Verminderung). Zusätzlich wird
das offene Vermeidungsverhalten mit Konfrontationsübungen behandelt.
Diesen Behandlungsprogrammen liegt die Annahme
zugrunde, dass die Angst durch einen Aufschaukelungsprozess (ähnlich wie
bei dem Paniksyndrom) entsteht. Dem Patienten wird vermittelt, dass durch
das Aufdecken der aufrechterhaltenden Faktoren der Angst und das
Durchbrechen des Aufschaukelungsprozesses die Angst kontrolliert werden
kann. Bestandteile dieser Angst-Bewältigungsprogramme sind in erster Linie
Techniken zur Reduktion körperlicher und kognitiver Symptome. |

In der Reizkonfrontationstherapie machen Betroffene die
Erfahrung, dass Angst von allein abnimmt ("habituiert”). Kurven nach J. Margraf
Panik Springerverlag 1990
Prinzip der Konditionierung und
Löschung der Konditionierung

Verlaufsbögen für die Therapie unter
Selbst-Monitoring Skalen um das Ausmaß der Angst
zu messen.
Welche Psychotherapie ist die beste?
Sind die "Markennamen für Psychotherapie" noch sinnvoll? Das Britisch Medical
Journal (All you need is cognitive behaviour therapy?
BMJ 2002 324: 288-294)
fragt zurrecht, ob nicht längst die "Post-Kognitive Verhaltenstherapie Welt"
begonnen hat. Dort wird auch der Verdacht geäußert, dass Kognitive
Verhaltenstherapie nur deshalb die Nase vorn hat, weil sie eben die Nase bei der
Einrichtung konsequenter Psychotherapieforschung und besonders der
Marketingstrategie vorne hat, weniger weil sie tatsächlich den anderen Therapien
überlegen ist. Eine Umfrage des Instituts für Psychoanalyse Psychotherapie und
Psychosomatische Medizin der saarländischen Unikliniken in Zusammenarbeit mit
der Zeitschrift Test (Test 2/2002 Seite 91-93) bei immerhin 1800
Psychotherapiepatienten sah im Patientenurteil die Psychoanalyse mit der Nase
vorn in der Besserung der Symptome- vor tiefenpsycholgisch orientierter
Psychotherapie und Verhaltenstherapie. Insgesamt gaben dort immerhin 55% der
Befragten an dass ihre Symptome durch die Psychotherapie viel besser geworden
sind. weitere 36% gaben and dass sie etwas besser seien. Den höchsten Profit
hatten wie zu erwarten, die Patienten, denen es am Beginn der Behandlung am
schlechtesten ging. Auffallend war der hohe Bildungsgrad der befragten,
letzterer liegt sicherlich allgemein bei Psychotherapiepatienten über dem
Durchschnitt, nicht nur weil die Hochschulabsolventen wenige Vorurteile gegen
Psychotherapie haben, auch weil Psychotherapeuten lieber Gebildete und verbal
intelligentere Patienten aussuchen. Die Umfrage bestätigt also auch, dass
Psychotherapie nicht unbedingt, dort ankommt wo sie am nötigsten gebraucht wird.
Verhaltenstherapeutische Forscher haben "Kochbücher" in Form standardisierter
detaillierter Handbücher (Manuale) entwickelt, die oft für spezielle Symptome
genau die Therapieschritte vorgeben. Diese wurden meist in Studien auf
Wirksamkeit überprüft. Psychoanalytiker haben sich (zu) lange geweigert, sich
dieser Effektivitätskontrolle und standardisierten Überprüfung ihrer
Interventionen zu stellen. Unzweifelhaft gibt es zu den meisten psychischen
Störungen wie Depressionen, Essstörungen, Panikstörungen, chronischem
Müdigkeitssyndrom, Zwangsstörungen oder Selbstverletzendem Verhalten die besten
Erfolge in gut dokumentierte Studien mit Kognitiver Verhaltenstherapie.
Vergleichsgruppen sind meist die Warteliste oder Pseudotherapien. Selten wurde
mit sonst gängigen Therapieverfahren wie tiefenpsychologisch fundierter
Psychotherapie oder Psychoanalyse verglichen. Vergleiche mit sonst wirksamen
Psychotherapien wie den genannten sind schwieriger durchführbar, würden aber
sicherlich wesentlich hilfreicher sein in der vergleichenden
Wirksamkeitsbeurteilung. Die Studien wurden meist mit über Anzeigen
gesuchten freiwilligen Probanden an Universitätsinstituten durchgeführt. Wenige
Studien unter "natürlichen Bedingungen" eines typischen Klientels
psychotherapeutischer Praxen haben oft dramatisch schlechtere Ergebnisse.
Öffentlich in Wochenmagazinen und Fernsehsendungen erscheinen die Therapien
einfach und sie werden dort (wohl auch wider besseren Wissens) als einfache
Lösung für alle Betroffenen propagiert. Über die Konkurrenz wird meist nur
verächtliches kundgetan. Therapieversager gibt es selbstverständlich nur bei der
Konkurrenz. Dass auch die zu Recht viel gepriesenen Konfrontationstherapien bei
Angststörungen reichlich Misserfolge aufweisen und letztere Patienten oft mit
anderen Verfahren gut behandelbar sind sucht man bei Verhaltenstherapeutischen
Autoren oft vergebens. Der Verdacht, dass hier tatsächlich das Marketing das
wesentlich Moment ist, drängt sich auf. Autoren wie Schneider, Wittchen, Margraf
haben beispielsweise für Panikstörungen Phobien tatsächlich sehr wesentliches
geleistet. Dies auch so weitgehend, dass das Konzept aus meiner Sicht in jede
Therapie dieser Störungen integriert werden sollte. Therapieversager tauchen
allerdings in Medienberichten nur am Rande als "Erfolgsquote 80% auf, dass auch
bei den 80% bei weitem nicht alle so gebessert sind, dass sie langfristig mit
ihren Symptomen gut zurecht kommen erfährt der Laienleser in der Regel nicht.
Der typische Patient ist der Manager- als ob Panikattacken die neue
Managerkrankheit wären.
Über zusätzliche oder andere Behandlungsalternativen findet sich oft nur
Geringschätziges: Der Focus 5/2002 zitiert Margraf "Ein Medikament beseitigt
nicht die auslösenden Faktoren, ignoriert die Stressoren. Wer die Symptome unter
Kontrolle halte, weiche der Konfrontation mit der Angst aus. Und das sei der
größte Fehler". Die überwiegende Erfahrung mit medikamentös antidepressiv
behandelten Patienten lehrt das Gegenteil (siehe zur Studienlage unten).
Bemängelt wird dort die lange Dauer bis Antidepressiva wirken, dass es bis zum
Beginn einer Verhaltenstherapie meist 5x solange dauert wird ebenso
verschwiegen, wie dass das was die Christoph Dornier Stiftung anbietet, in der
Tat einem reichen zahlenden Publikum vorbehalten bleibt. Die realen Erfolge
dürften für Veraltenstherapie an sich deutlich geringer sein als Studien
suggerieren. Kognitive Verhaltentherapie ist durchaus eine rationale Alternative
zur Reizkonfrontationstherapie, sofern sie eine Anleitung zur Konfrontation
enthält. Für einen Teil der Patienten mit erheblichen andern Problemen die zur
Angststörung beitragen, kann die Kombination verhaltenstherapeutischer
Interventionen mit tiefenpsychologischer Therapie der erfolgreichste Weg sein.
Insgesamt bleibt: die Schulenorientierung der Psychotherapien ohne Nutzung der
Interventionen auch aus anderen Verfahren sollte endlich überwunden werden. Es
ist an der Zeit, dass auch in den Regularien der Psychotherapie Gutachter wie
der entsprechenden Richtlinien eine Kombination von wirksamen Interventionen aus
verschiedenen Verfahren als Regelfall Einzug hält. Letzteres sollte im Interesse
der Patienten auch Gegenstand von Psychotherapieforschung sein.
Tiefenpsychologisch fundierte
Psychotherapie:
Es gibt keine randomisierten und kontrollierten Studien, die diese Art der
Therapie auf ihre Effektivität bei Panikattacken untersucht haben. Studien, die
die Bedeutung kurz vorausgehender Lebensereignisse und biographischer Faktoren
für die Entwicklung von Panikstörungen zeigen und Studien, die zeigen, dass
überfürsorgliches Verhalten der Eltern, ebenso wie Gefühlskälte der Eltern in
der Entstehung eine Role spielen, unterstützen indirekt die tiefenpsychologische
Herangehensweise. Eine Studie zeigte, die Nützlichkeit von psychodynamischer
Psychotherapie als Ergänzung zur medikamentösen Behandlung bei ambulanten
Patienten mit und ohne eine Agoraphobie In einer zweiten Studie, zeigte
sich die Kontrollbehandlung eines nachdenklichen Zuhörens als ähnlich
wirkungsvoll wie eine kognitive Verhaltenstherapie. Weiterhin gibt es eine
Anzahl von Fallberichten über erfolgreiche psychodynamische Behandlungen in der
Literatur. Meist bezieht sich dies allerdings nur auf Einzelfälle. Es finden
sich dabei in der Regel keine validierten Messinstrumente für den Erfolg.
Milrod et al. haben ein Therapiemanual für panic-focused psychodynamische
Psychotherapie veröffentlicht, und ein Pilottest für die Ergebnisse und die
Fähigkeit von ausgebildeten Psychoanalytikern diesem Manual zu folgen wird
derzeit durchgeführt. Eine laufende randomisierte und kontrollierte Studie
benutzt einen manualisierten und psychodynamischen Zugang mit
Informationsvermittlung "emotion-focused treatment." Allerdings enthält
diese Art der Behandlung auch kognitive, behaviorale, und expositionelle
Komponenten und unterscheidet sich substanziell von der von Milrod et al.
beschrieben Behandlung. Es ist sicherlich oft notwendig, die symptomzentrierte
Verhaltenstherapie durch einen beziehungsorientierten und psychodynamsichen
Ansatz zu ergänzen. Zu Beginn sind Patienten meist ganz von ihren Symptomen und
den damit verbundenen Ängsten in Anspruch genommen und erwarten eine rasche
Linderung der Symptome. Die Verhaltenstherapie wie oben erweist sich dabei
initial als Mittel der Wahl. Verschiedene Autoren weisen jedoch daraufhin, dass
nach dem Rückgang der Panikattacken häufig eine beträchtliche Unsicherheit und
allgemeine Ängstlichkeit zurückbleibe. Verschiedentlich wurde die Meinung
vertreten, dass die kognitive Therapie durch eine Zweite, eher psychodynamisch
orientierte Therapie zu ergänzen sei. Entscheidend bleibt dabei immer, dass eine
Konfrontationsbehandlung wie oben erwähnt einleitend also zuerst durchgeführt
wird und anschließend die weitere Behandlungsnotwendigkeit überprüft wird.
Panikattacken treten häufig im Zusammenhang mit Veränderungen
in Beziehungen auf, insbesondere bei Verlust oder drohendem Verlust von
Beziehungen. Wichtig ist hier auch die Frage, welche Art von Beziehungen der
Patient in der vorangegangenen, gesunden Phase gestaltet hatte, und was sich
jetzt verändert hat, dass es zur Dekompensation gekommen ist. Häufig lassen sich
phobische Einstellungen und
Haltungen bei den Patienten bis in die Kindheit
nachweisen. Diese sind aber nicht nur Defizite, sondern
bieten auch besondere Möglichkeiten
zur produktiven Beziehungsgestaltung.
Phobische Einstellungen und Haltungen können über können
auch vor Ausbruch der Erkrankung vorhanden gewesen sein und zu einem phobischen
Beziehungsdilemma als Ausgangspunkt der Panikstörung geführt haben. Unter phobische
Einstellungen und Verhaltensweisen versteht Willi: Der Patient ist bemüht,
angenehm und angepasst zu erscheinen, nicht anzuecken. Er ist wohlgelitten,
wirkt gutmütig und kumpelhaft. Er wird in seinem phobischen Verhalten sozial
positiv bewertet. Er hat Mühe, zwischen Vorstellung und Handeln zu unterscheiden
und meidet Situationen, die bedrohliche Phantasien anregen könnten. Er meidet
Situationen, die intensive Emotionen auslösen könnten: Aggressionen,
leidenschaftliche Liebesgefühle, Ausgelassenheit, Orgasmus, intensive
Angstgefühle. Er erträgt interpersonelle Spannungen und Konflikte schlecht und
weicht diesen aus. Er hat Angst vor Wandel in Beziehungen und Lebenssituationen.
Er ist besorgt um seine körperliche Gesundheit, meidet Verhalten, welches diese
belasten könnte oder fördert Verhalten, welches diese stärken könnte.(Willi,
Der Psychotherapeut 6/2001 368-75). Einen guten
Überblick über die derzeitigen analytisch orientierten Behandlungsverfahren
bietet PD Dr.med. Markus Bassler in seinem Vortrag am 23. April 2002 bei den 52.
Lindauer Psychotherapiewochen
Psychodynamische
Psychotherapie der Angststörungen

Kommentar des Webmasters: Oder warum
wir noch weit davon entfernt sind, dass das was wirksam ist, Standard wird.
Wichtigster Grund für die Tatsache, dass die effektivsten Therapiestrategien
kaum zum Einsatz kommen, sind die Psychotherapierichtlinien, die eine solche
Behandlung einfach nicht vorsehen und damit auch lege artis nicht finanzieren.
Eine Eigenbeteiligung des Betroffenen für das was über das gesetzlich von Kasse
bezahlte hinausgeht, ist in der kassenärztlichen Versorgung nicht legal
einzufordern und mit dem Risiko des Verlustes der Kassenzulassung für den
Therapeuten verbunden. Therapeuten wie Betroffene werden hier wegen der
Interessen von Berufsverbänden von Kassen wie Gesetzgebern im Stich gelassen.
Die Umsetzung von als wirksam erwiesenen Therapiestrategien scheitert in der
Verhaltenstherapie aber auch oft an Bequemlichkeit und mangelnder Konsequenz in
der Durchführung seitens des Therapeuten wie des Betroffenen. Die wenigen
Kliniken, die dieses Konzept konsequent anbieten werden, in der Regel von den
gesetzlichen Kassen nicht bezahlt. Verhaltenstherapeuten, die wenigstens
annähernd nach einem solchen Konzept arbeiten sind bisher noch rar. Ob eine
schlecht durchgeführte VT, die letztlich bestenfalls die kognitiven Elemente
ohne wirklich begleitetes Konfrontationstraining beinhaltet, erfolgreicher ist,
als eine psychiatrische Behandlung mit guter Aufklärung über die Erkrankung in
Selbsthilfe, wäre noch zu beweisen. Die Therapiestudien gehen jedenfalls auch
für die VT von einem nur selten vorhandenen Idealzustand mit Einhaltung der
obengenannten Behandlungsschritte aus. Die Bezahlung erfolgt in der
Psychotherapie nicht nach Erfolg sondern nach Stunden. Arbeitsunfähigkeiten
werden meist von Hausärzten bescheinigt und die Kooperation zwischen Hausarzt
und Verhaltenstherapeut ist meist nicht vorhanden, da ebenfalls nicht oder
miserabel bezahlt. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wie auch
Krankheitsgewinn in der Partnerschaft sind häufig die Grundlage für die
Zementierung des Vermeidungsverhaltens. Dies ist aber den Ärzten, die die AU
dann bescheinigen oft genauso wenig bewusst, wie den Angehörigen bewusst
ist, dass ihre "Hilfe" oft entmündigt und Vermeidung unterstützt. Auch die
Einbeziehung der relevanten Angehörigen findet ambulant wie stationär nur selten
im notwendigen Umfang statt. Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie kommt
in dieser Stellungnahme noch besser weg, als sie in der derzeitigen Realität
ist. Zwar beinhalten auch deutsche Richtlinien seit 2000 dass
Panikstörungen mit Agoraphobie in Tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie
auch mit Exposition behandelt werden sollten. Die wenigsten Therapeuten
interessieren sich bisher dafür, von einer Ausbildung dahingehend ganz zu
schweigen. Wer als Tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapeut eine
beabsichtigte Exposition in den Psychotherapieantrag schreibt, riskiert eine
Ablehnung, da die meisten Gutachter dies weiter nicht für sinnvoll halten. Das
Gutachterverfahren dient hier weiter mehr der Aufrechterhaltung von
Machtstrukturen als einer wirklichen Qualitätssicherung, für die es angeblich
gedacht ist. Das Gutachterverfahren ließe sich durch einfache Veränderungen zu
einem Instrument der Qualitätssicherung umbauen. Verlaufstests sollten oft
abgeschriebene und von Ghostwritern verfasste Psychotherapieanträge ersetzen.
Bei unterdurchschnittlicher Effizienz könnte dann dem Therapeuten eine
Nachschulung nach den Ergebnissen moderner Forschung empfohlen werden. Gerade
die Erkenntnis, dass bisherige analytisch orientierte Behandlungen von Angst-
und Zwangsstörungen wenig effektiv waren, könnte ein Anstoß zu einer Integration
verhaltentherapeutischer Techniken in solche Therapien sein. Wissenschaft
entwickelt sich an Fehlern weiter. Ideologien und Religionen bleiben lange starr
und zeigen wenig Selbstreflexion. Die Psychoanalyse ist ursprünglich mit einem
sehr emanzipatorischen Ansatz angetreten. Aber was vor 100 Jahren
emanzipatorisch und aktuell war, ist heute manchmal konservativ und festgefahren
im negativen Sinn. Noch ist die Auffassung der großen Mehrheit über
Psychotherapie und Psychologie wesentlich von der Freudschen Lehre geprägt. Dies
wird aber im Lichte des besseren Zugangs auch der allgemeinen Öffentlichkeit zu
wissenschaftlichen Informationen und einer zunehmend besseren Bildung nicht so
bleiben. Eindimensionale überhebliche Allwissenheit besonderes konservativer
Analytiker mutet immer noch sektenhaft an. Oft sind ihnen die letzten 20 Jahre
psychiatrischer Wissenschaft und Psychotherapieforschung einfach deshalb
entgangen, weil nach ihrer Auffassung Freud und ihr verehrter Lehranalytiker die
Welt schon ausreichend für alle Zeiten erklärt haben. Forschung wird dort oft im
Erzählen von interessanten Fallgeschichten betrieben. Diese könnte zwar Anstöße
für wissenschaftliche Forschung sein, stellen für sich aber keine dar. Von der
Herangehensweise besteht manchmal mehr Ähnlichkeit mit alternativen
Heilmethoden. Geschlossene Erklärungskonzepte des Menschen und der Welt
haben aber im Zeitalter der Globalisierung und Rationalisierung wenig
Überlebenschancen. Bedauerlicherweise muss befürchtet werden, dass ohne
Integration anderer wirksamer Techniken auch die Errungenschaften der
Psychoanalyse wie das Übertragungskonzept oder die moderne "Ich- Psychologie"
der Psychotherapie verloren gehen. Konzepte im modernen OPD- Manual (Verlag Hans
Huber 2. Auflage 1998), gehen für Panikstörungen weiter von schweren
strukturellen Störungen aus. So manche konservativere deutende Literatur kann
einem in Kenntnis der modernen psychiatrischen Literatur geradezu Übelkeit ob
der demonstrierten Ignoranz erzeugen. Tiefenpsychologisch fundierte
Psychotherapeuten sind immer noch sehr kritisch und uninformiert bezüglich
medikamentöser Behandlungsmethoden. Erst langsam setzt sich durch, dass
Pharmakotherapie mit Psychotherapie kombinierbar ist. Auch hierdurch werden
schwere Verläufe oft unnötig chronifiziert.
Durchsicht und Vergleich mit anderen Konzepten lässt befürchten, dass
eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie oft mehr schadet als
nützt, sofern sich der Therapeut nicht ohnehin bei dieser Störung auch
verhaltenstherapeutische Konzepte integriert. Sicherlich gibt es viele für
andere Verfahren offene und in der modernen Forschung belesene Therapeuten in
diesem Verfahren. Dies bisher aber mehr individuell als von den Schulen
ausgehend. Unter Effektivitätsgesichtspunkten manöverisiert sich die
Psychoanalyse ins Aus wenn sie nicht dazu übergeht über den eigenen Tellerrand
hinaus zu gehen und das Wohl des Patienten vor die reine Lehre oder analytische
Religion zu setzen. Ohne ein mehr an selbstkritischem Umgang gefährdet die
Psychoanalyse gerade in ihrer Unflexibilität im Umgang mit Angst- und
Zwangsstörungen ihre Existenz im Zeitalter der evidence based medicine. Starker
politischer Einfluss der analytischen Organisationen alleine kann dem nicht auf
Dauer wehren. Nicht zuletzt erwartet der Patient berechtigterweise ja auch in
erster Linie eine Symptombesserung.
Medikamente:
SSRI
Obwohl die Datenlage für eine Behandlung der Panikstörung mit einem
SSRI noch nicht so extensiv ist wie für Imipramin oder Alprazolam, gibt es
genügend kontrollierte Studien die beweisen, dass eine solche Behandlung
zumindest kurzfristig effektiv ist. Eine Metaanalyse (98) von 27 Studien
mit 2,348 Patienten in randomisierten, prospektiven, doppelblinden,
plazebo-kontrollierten Studien kommt zum Ergebnis, dass die Effektivität
bezüglich der Symptombesserung durch SSRI signifikant besser ist als für
Alprazolam oder Imipramin.
Imipramin
Die erste kontrollierte Studie die eine Effektivität des
trizyklischen Imipramin bezüglich der Unterdrückung von Panikattacken zeigte
wurde von Klein und Klein 1964 veröffentlicht (104). In dieser Studie war
Imipramin einer Behandlung mit Plazebo für den Antipanikeffekt und bezüglich
einer Verbesserung im Clinical Global Impression Score(CGI) überlegen. Seit dem
haben, 15 kontrollierte Studien (16, 66, 105-117) gezeigt, dass Imipramin
dahingehend effektiv ist, dass es Panikattacken vermindert. Nach Behandlung mit
Imipramin bleiben 45%-70% der Patienten frei von Panikattacken,
verglichen mit 15%-50% von denen die Plazebo erhielten. Weiterhin hatten
Patienten mit Panikstörungen die mit Imipramin behandelt wurden weniger
phobisches Vermeidungsverhalten und weniger Angst vor der Angst als Patienten
die mit Plazebo behandelt wurden. Typischerweise erfahren Patienten die mit
Imipramin behandelt werden eine wesentliche Symptomverminderung nach mindestens
4- wöchiger Behandlung, der antipanische Effekt braucht aber bis zur vollen
Ausprägung oft 8 bis 12 Wochen. Die Angst vor der Angst geht in der Regel
nach Abklingen der Panikattacken zurück, das phobische Vermeidungsverhalten
bessert sich als letztes.
Anmerkung des Webmasters: deutsche
Leitlinien schreiben hinter Imipramin auch "andere trizyklische Antidepressiva".
Einen Beleg der Wirksamkeit gibt es aber nur für Imipramin und Clomipramin. Die
Ergänzung in den deutschen Leitlinien ist nicht durch Studien abgedeckt. Sie hat
wohl als Grundlage, dass in Deutschland die Behandlung häufig mit Amitryptilin
und Doxepin erfolgt. Oft beruht diese Praxis allerdings auf Unkenntnis der
Studienlage. Nicht selten sogar auf Unkenntnis der Diagnose Panikstörung
überhaupt. Auch beim Facharzt wird manchmal einfach eine somatisierte Depression
diagnostiziert obwohl ausschließlich Angstsymptome vorliegen. Nach meiner
Auffassung kommen diese Medikamente im Regelfall allenfalls ergänzend in
Betracht, wenn beispielweise zu Beginn der Behandlung über Doxepin eine
schlafanstoßende Wirkung gewünscht wird.
Neuere Studien belegen eindeutig einen ergänzenden Effekt von Verhaltenstherapie
und medikamentöser Therapie.
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