Dissoziative Störungen [Konversionsstörungen]
ausführliches auch im Kapitel Posttraumatische
Belastungsstörung
zunächst ein Zitat aus:
Ulrich Tiber Egle
- Marie-Luise Ecker-Egle -Psychogene
Störungen
in der Neurologie,
Psychotherapeut 1998 - 43:247–261 © Springer-Verlag 1998
Häufigkeit
Knapp 10%
der an einer neurologischen Universitätsklinik stationär aufgenommenen
Patienten leiden unter psychogenen Störungen (Lempert et al. 1990) bzw.
der
Somatisierung eines psychischen Konflikts oder einer psychosozialen
Belastung
mit
neurologischer Leitsymptomatik. Symptomatisch stehen bei knapp
25%Schmerzen, bei weiteren 20% motorische Störungen (Paresen,
Astasie/Abasie, Tremor), bei 18% Schwindel, bei 15% Anfälle und bei 14%
sensorische Störungen (Parästhesie, Hypästhesie) im Vordergrund. Diese
relativ hohen Prävalenzwerte – in
britischen Studien liegen sie noch um mehr als das Doppelte höher – weisen
auf
die
differentialdiagnostiche Bedeutung psychischer Störungen mit
neurologischer
Leitsymptomatik hin. Leider werden diese Patienten nach Ausschluss einer
neurologischen Störung immer noch häufig als „Simulanten" eingeordnet oder
pauschal
als
„larvierte Depression" etikettiert |
Das allgemeine Kennzeichen der
dissoziativen oder Konversionsstörungen besteht in teilweisem oder
völligen Verlust der normalen Integration der Erinnerung an die
Vergangenheit, des Identitätsbewusstseins, der Wahrnehmung unmittelbarer
Empfindungen sowie der Kontrolle von Körperbewegungen. Alle
dissoziativen Störungen neigen nach einigen Wochen oder Monaten zur
Remission, besonders wenn der Beginn mit einem traumatisierenden
Lebensereignis verbunden ist. Eher chronische Störungen, besonders
Lähmungen und Gefühlsstörungen, entwickeln sich, wenn der Beginn mit
unlösbaren Problemen oder interpersonalen Schwierigkeiten verbunden ist.
Diese Störungen wurden früher als verschiedene Formen der
"Konversionsneurose oder Hysterie" klassifiziert. Sie werden als
ursächlich psychogen angesehen, in enger zeitlicher Verbindung mit
traumatisierenden Ereignissen, unlösbaren oder unerträglichen Konflikten
oder gestörten Beziehungen. Die Symptome verkörpern häufig das Konzept
der betroffenen Person, wie sich eine körperliche Krankheit
manifestieren müsste. Körperliche Untersuchung und Befragungen geben
keinen Hinweis auf eine bekannte somatische oder neurologische
Krankheit. Zusätzlich ist der Funktionsverlust offensichtlich Ausdruck
emotionaler Konflikte oder Bedürfnisse. Die Symptome können sich in
enger Beziehung zu psychischer Belastung entwickeln und erscheinen oft
plötzlich. Nur Störungen der körperlichen Funktionen, die normalerweise
unter willentlicher Kontrolle stehen und Verlust der sinnlichen
Wahrnehmung sind hier eingeschlossen. Störungen mit Schmerz und anderen
komplexen körperlichen Empfindungen, die durch das vegetative
Nervensystem vermittelt werden, sind unter Somatisierungsstörungen
(F45.0) zu klassifizieren. Die Möglichkeit eines späteren Auftretens
ernsthafter körperlicher oder psychiatrischer Störungen muss immer
mitbedacht werden.
Dissoziative Störungen und
Konversionsstörungen sind im ICD 10 synonym verwandt. Vorrangig gemeint
sind hier rein psychogene Störungen mit überwiegend neurologischen
Symptomen- im Gegensatz zu den anderen somatoformen Störungen. Auch hier
handelt es sich zunächst um eine Ausschlussdiagnose, wobei vor allem
neurologische Erkrankungen ausgeschlossen werden müssen. Dissoziation
heißt wörtlich Spaltung (des Bewusstseins). Der Begriff wurde von
Janet zur Erklärung hysterischer Phänomene verwendet. Beispiele für
dissoziative Phänomene sind Depersonalisation, Derealisation,
Fuguezustände und Amnesien.
Allen diesen Zuständen ist gemein, dass die integrative Leistung des
Bewusstseins, der Identität, des Gedächtnisses oder der Wahrnehmung
gestört ist. Dissoziative Zustände spielen sonst bei den
posttraumatischen Belastungsstörungen eine wesentliche Rolle. Nur in
sehr seltenen Fällen werden die Symptome willentlich und wissentlich
hervorgerufen und sind dann als Simulation (zur Erlangung eines
persönlichen Vorteils) oder als so genannte „Artifizielle Störung“ (mit
zugrunde liegenden unbewussten Motiven zum Erreichen der Krankenrolle;
hierher gehört auch das Münchhausensyndrom) anzusehen, entsprechen dann
also keiner Konversionsstörung. Im Einzelfall kann eine Abgrenzung zur
vorgetäuschten Störung schwer zu treffen sein. Diese Störung wird
teilweise noch hysterische Neurose, und psychogene Organfunktionsstörung
genannt. Die Bezeichnung Konversionssyndrom geht auf Freud zurück. Hier
wird bei Stellung der Diagnose nicht nur die Phänomenologie sondern auch
die vermutete Ursache berücksichtigt. Freud glaubte, dass von der
Vorstellung abgetrennte, und verdrängte libidinöse Energie in
sensomotorische Kanäle abgedrängt werde. Beim Prozess der Konversion
werden unbewusste psychische Wünsche, Strebungen, Konflikte und Triebe
in körperlichen Ausdruck mit oft dramatisierendem Darstellungsstil
verwandelt. Ein zentraler Mechanismus ist die Abspaltung vom Bewusstsein
in Form der Dissoziation. So könne es geschehen, dass seelische
Konflikte und Angst in körperliche Symptome „konvertiert“= umgewandelt
würden, ein Umwandlungsprozess vom Psychischen ins körperliche (oder
somatoforme). Viele der Symptome von Patienten mit Konversionsstörung
ähneln neurologischen Erkrankungen. Bei Konversionsstörungen wird
also per Definition neurotisches Erleben und Verhalten körperlich
manifestiert. Bei der Konversion handelt es sich um eine Symptombildung
mit symbolhafter Somatisierung. Das Symptom hat Ausdruckscharakter. Die
Konversionsstörung drückt entweder einen symbolischen Konflikt aus oder
führt für den Betroffenen zu vorteilhaften Konsequenzen. Ein Beispiel
hierfür ist die Einsatzunfähigkeit eines Soldaten nach Lähmung seiner
Hand. Das DSM-IV verlangt den auch ausdrücklich das Vorhandensein einer
psychosozialen Belastungssituation während des Ausbruchs der Krankheit.
Diese Übertragung von psychischen Konflikten auf körperliche Störungen
erfolgt dabei unbewusst, d.h. der Patient hat keine direkte,
willentliche Kontrolle über die Störung. Durch die Scheinlösung des
Konfliktes bekommt das Symptom einen Angst-reduzierenden Charakter
(„primärer Krankheitsgewinn“). Der sekundäre Krankheitsgewinn spielt bei
der Chronizierung eine wesentliche Rolle, aus der Symptomatik wird ein
subjektiver Nutzen gezogen, dieser Nutzen ist ein Ersatz für das
Misslingen der Lösung des eigentlichen Konflikts. Zuwendung, Fürsorge
und die Möglichkeit den Anforderungen der Gesellschaft oder
Familie zu entgehen sind der Ersatz. Die Häufigkeit ist umstritten. In
manchen Bereichen stellt die Konversionsstörung aber eine häufige
Differenzialdiagnose dar. Beispiel: 5–20 % aller Patienten mit
therapieresistenten Anfällen in einer Epilepsieambulanz bzw. 10–40 %
aller Patienten, die zum prolongierten Epilepsie-Monitoring zugewiesen
werden, leiden an psychogenen Anfällen. 11–23 % der Patienten, die wegen
eines vermeintlichen Status epilepticus an einer Intensivstation
aufgenommen werden, befinden sich im psychogenen Status epilepticus. Die
Komorbidität von psychogenen und epileptischen Anfällen liegt bei
5–40 %.
Th. Kapitany und Ch. Baumgartner Man geht davon aus, dass 1-9%
aller stationären neurologischen Patienten unter einer
Konversionsstörung leiden. Gemeint sind nach dem DSM IV (Diagnostic
and Statistical Manual of Mental Disorders oder dem ICD-10, Symptome,
die eine Neurologische Diagnose vermuten lassen, die nicht auf
Simulation zurückgehen und als “psychogen,” “nicht -organisch
erklärbar, ”“hysterisch,” “und manchmal “funktionelle Symptome” benannt
werden. Slater publizierte 1965 eine Studie bei der sich die
Diagnose Konversionsstörung bei 33% der Patienten als Fehldiagnose
herausstellte. Im Nachhinein geht man davon aus, dass seine und ähnliche
Studien aus den 50er und 60er Jahren bei schlechter Qualität ein
Artefakt produziert haben. Seit 1970 hat sich dieses Bild aber
grundlegend gewandelt, was nicht auf die Einführung der
Computertomographie und andere verbesserter Diagnosemöglichkeiten im
organischen Bereich zurückführbar ist (da vor der Verbreitung des CT),
sondern auch auf sorgfältigere psychiatrische Diagnostik und bessere
Studien zum Thema zurückgeht. Auch die weite Verbreitung des CT und der
Kernspintomographie seit 1970 hat die seit dem konstant Rate von 4%
Fehldiagnosen nicht wesentlich verändert. Seit 1970er Jahre
ergeben Studien regelmäßig eine Fehldiagnoserate von etwa 4% bei der
Diagnose einer Konversionsstörung, wenn versucht wird, diese durch
sorgfältige organische Ausschlussdiagnostik und mindestens 6-monatige
Nachbeobachtung zu relativieren. Die Trefferwahrscheinlichkeit ist damit
mit 96% tatsächlich zutreffender Diagnosen hoch. So jedenfalls das
Ergebnis auch einer neuen Metaanalyse von 1466 Fällen die jetzt im BMJ
veröffentlich wurde. Bedenken muss man, dass der umgekehrte
Fall häufiger ist. Etwa 25% der Patienten, bei denen eine Epilepsie
diagnostiziert wird, hatten ganz einfach eine Synkope, immerhin 8% der
Patienten, bei denen eine MS diagnostiziert wird, stellen sich hinterher
als Konversionsstörung heraus. Fehldiagnosen mit erheblicher Konsequenz
sind also in die umgekehrte Richtung häufiger. Patienten mit
Konversionsstörungen oder somatoformen Störungen berichten in der
Anamnese häufig über gesicherte Erkrankungen, die nicht vorliegen. Nach
Studien stellt sich bei genauer Nachforschung in vielen Fällen heraus,
dass die angegebene Diagnose ausgeschlossen worden war. Die Konversionsstörung geht mit dem
Verlust oder aber mit Veränderungen von Körperfunktionen einher. Eine
organische Ursache lässt sich jedoch nicht finden. Am häufigsten sind
Stimmverlust; Lähmung bestimmter Körperteile, vornehmlich der
Extremitäten; Bewegungsunfähigkeit; Koordinationsstörungen; Blindheit
oder Sehstörungen wie Einschränkung des Gesichtsfeldes (Tunnelgefühl).
Bei etwa einem Drittel der Patienten zeigt sich eine sog. „La belle
indifference“ d.h. die Patienten legen, trotz objektiv starker
Beeinträchtigung eine besonders gleichgültige Haltung gegenüber der
Krankheit an den Tag. Manche Patienten sind mit dieser Störung zufrieden
und heiter gestimmt. Sie zeigen kein Interesse daran die
Konversionsstörung loszuwerden. Meist verschwindet die im frühen
Erwachsenenalter abrupt auftretende Störung so abrupt, wie sie
aufgetreten ist. Tritt die Störung daraufhin ein zweites mal auf,
zeichnet sich dadurch ein chronischer Verlauf ab. Die Zahl der
fälschlicherweise diagnostizierter Konversionssymptome ist nach manchen
Veröffentlichungen erschreckend hoch. Oft stellt sich in der Katamnese
heraus, dass doch eine organische Störung vorliegt. Aufgrund der
verbesserten diagnostischen Möglichkeiten, gerade im neurologischen
Bereich (z.B. durch neue radiologische Methoden) sind Fehldiagnosen
vermutlich wesentlich seltener geworden. Eine Studie mit Hirn- SPECT
zeigte bei Patienten mit Konversionsstörungen (1) eine selektive
Unteraktivierung bestimmter tiefer liegender Gehirnregionen (Thalamus
und gezähnte Kerne), die an der bewussten Bewegungskontrolle beteiligt
sind; (2) eine Normalisierung dieser Aktivierung, wenn die hysterischen
Konversionsstörungen verschwinden und die Patienten den normalen
bewussten Gebrauch ihres betroffenen Körperglieds zurückerhalten haben;
(3) die Schwere der anfänglichen zerebralen Unteraktivierung ist bei
Patienten, deren Störungen mehr als ein Jahr anhalten, ausgeprägter und
scheint so potentiell den Heilungszeitraum vorherzusagen.
Ergebnisse auch
übereinstimmend mit anderen Forschungsgebieten der Neurowissenschaft,
die vermuten lassen, dass psycho-affektive Prozesse in "automatischer"
und unbewusster Weise, unabhängig vom menschlichen Willen arbeiten und
potentiell in der Lage sind, die Aktivität der zerebralen Bereiche, die
bei der sensorischen Perzeption beteiligt sind, zu verändern (P.
Vuilleumier, C. Chicherio, F. Assal. S. Schwartz, D. Slosman, T, Landis
Functional neuroanatomical correlates of hysterical sensorimotor loss,
Brain 2001, 174: pp. 1077-1090)
Die meisten
dissoziativen Störungen neigen nach einigen Wochen oder Monaten zur
Remission. Psychoanalyse oder
tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie sind bei dieser Störung die
Behandlung der Wahl. Wichtig in der Behandlung, ist dass Patienten nicht
das Gefühl bekommen "überführt" zu werden, eine Unterstützung bei der
Aufgabe eines Symptoms durch den Patienten ist nur unter „Wahrung des
Gesichts“ möglich. Weitere Interventionen sind das Ignorieren appellativ
dargebotener Symptome, wiederholte Ermutigung zur Aufgabe derselben,
Verstärkung symptomantagonistischer Verhaltensweisen, mithin Anbahnung
grundlegender Veränderungen der bisherigen (auch familiären)
Kommunikation um das Symptom. Training sozialer Kompetenzen bei
entsprechenden Defiziten, Einzel- und Gruppenpsychotherapie, bei Bedarf
(z.B. fortwirkende Entwicklungsstörungen) entsprechende
Übungsbehandlungen bzw. Reduktion von (Selbst-)überforderungen. Im
Verlauf der Behandlung soll Psychogeneseverständnis erworben werden,
wichtig ist eine leistungsabhängige und leistungsunabhängige
Stabilisierung des Selbstwertgefühls, eine Verbesserung der emotionalen
Ausdrucksfähigkeit und sozialen Kompetenz, der Ausbau und die Erprobung
von alternativen Konfliktbewältigungsmöglichkeiten, Aufbau von
Gesundheitsverhalten und Reduktion des Krankheitsverhaltens, die
Erarbeitung von Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des eigenen Körpers
sowie der psychischen und sozialen Handlungs- und Erlebnisfähigkeit.
F Ovsiew,
What is wrong in conversion disorder?
J. Neurol. Neurosurg. Psychiatry, May 1, 2003; 74(5): 557 -
557.
[Full Text] A J Carson, S Best, K Postma, J Stone, C Warlow,
and M Sharpe The outcome of neurology
outpatients with medically unexplained symptoms: a prospective cohort
study J. Neurol. Neurosurg. Psychiatry, July 1, 2003; 74(7):
897 - 900.
[Abstract]
[Full
Text] [PDF]
J. STONE, M. ZEIDLER, and M. SHARPE
Misdiagnosis of Conversion Disorder Am J Psychiatry, February 1, 2003;
160(2): 391 - 391.
[Full Text]
[PDF]
J Stone, A Zeman, and M Sharpe
Functional weakness and sensory disturbance J. Neurol.
Neurosurg. Psychiatry, September 1, 2002; 73(3): 241 - 245.
[Abstract]
[Full
Text] [PDF]
M. Ron Explaining the unexplained:
understanding hysteria Brain, June 1, 2001; 124(6): 1065 -
1066.
[Full Text] A. J Carson, B. Ringbauer, J. Stone, L. McKenzie, C.
Warlow, and M. Sharpe Do medically
unexplained symptoms matter? A prospective cohort study of 300 new
referrals to neurology outpatient clinics J. Neurol. Neurosurg.
Psychiatry, February 1, 2000; 68(2): 207 - 210.
[Abstract]
[Full Text]
J.
Stone, R. Smyth, A. Carson, S. Lewis, R. Prescott, C. Warlow, and M.
Sharpe Systematic review of
misdiagnosis of conversion symptoms and "hysteria"BMJ, October 29, 2005;
331(7523): 989.
[Abstract]
[Full Text]
[PDF] M Reuber, A
J Mitchell, S J Howlett, H L Crimlisk, and R A Grunewald
Functional symptoms in neurology:
questions and answers J. Neurol. Neurosurg. Psychiatry, March 1, 2005;
76(3): 307 - 314.[Abstract]
[Full Text]
[PDF] C Toth
Hemisensory syndrome is associated with a low diagnostic yield and a
nearly uniform benign prognosis
Journal of Neurology Neurosurgery and Psychiatry 2003;74:1113-1116
Stone J, Sharpe M, Rothwell
PM, Warlow CP. The 12 year prognosis of unilateral functional weakness
and sensory disturbance.
J Neurol Neurosurg Psychiatry 2003;74: 591-6
J. Stone, M. Sharpe, and M. Binzer
Motor Conversion Symptoms and
Pseudoseizures: A Comparison of Clinical Characteristics
Psychosomatics, December 1, 2004; 45(6): 492 - 499.
[Abstract]
[Full Text]
[PDF]
A Schrag, R J Brown, and M R Trimble
Reliability of self-reported diagnoses in patients with neurologically
unexplained symptoms J. Neurol. Neurosurg. Psychiatry,
April 1, 2004; 75(4): 608 - 611.
[Abstract]
[Full Text]
[PDF] Siehe Leitlinie
http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/kjpp-009.htm siehe
auch
http://www.btonline.de/krankheiten/konversionsstoerungen/konversionsstoerungen.html
zurück zum Seitenanfang |
Hysterie
Hysterische Psychose
Konversionhysterie
Konversionsreaktion
|
Exkl.: |
Simulation [bewusste Simulation]
|
Dissoziative Amnesie |
Das wichtigste Kennzeichen ist
der Verlust der Erinnerung für meist wichtige aktuelle Ereignisse, die
nicht durch eine organische psychische Störung bedingt ist und für den
eine übliche Vergesslichkeit oder Ermüdung als Erklärung nicht ausreicht.
Die Amnesie bezieht sich meist auf traumatische Ereignisse wie Unfälle
oder unerwartete Trauerfälle und ist in der Regel unvollständig und
selektiv. Eine vollständige und generalisierte Amnesie ist selten, dann
gewöhnlich Symptom einer Fugue (F44.1) und auch als solche zu
klassifizieren. Die Diagnose sollte nicht bei hirnorganischen Störungen,
Intoxikationen oder extremer Erschöpfung gestellt werden. |
Exkl.: |
Alkohol- oder sonstige substanzbedingte
amnestische Störung
Amnesie: - anterograd- retrograd - o.n.A. Nicht alkoholbedingtes
organisches amnestisches Syndrom, Postiktale Amnesie bei Epilepsie
|
Dissoziative Fugue |
Eine dissoziative Fugue ist
eine zielgerichtete Ortsveränderung, die über die gewöhnliche
Alltagsmobilität hinausgeht. Darüber hinaus zeigt sie alle Kennzeichen
einer dissoziativen Amnesie (F44.0). Obwohl für die Zeit der Fugue eine
Amnesie besteht, kann das Verhalten des Patienten während dieser Zeit
auf unabhängige Beobachter vollständig normal wirken. |
Exkl.: |
Postiktale Fugue bei Epilepsie
|
Dissoziativer Stupor
zurück zum Seitenanfang |
Dissoziativer Stupor wird
aufgrund einer beträchtlichen Verringerung oder des Fehlens von
willkürlichen Bewegungen und normalen Reaktionen auf äußere Reize wie
Licht, Geräusche oder Berührung diagnostiziert. Dabei lassen Befragung
und Untersuchung keinen Anhalt für eine körperliche Ursache erkennen.
Zusätzliche Hinweise auf die psychogene Verursachung geben kurz
vorhergegangene belastende Ereignisse oder Probleme. |
Exkl.: |
Organische katatone Störung
- depressiv - kataton - manisch
|
Trance- und
Besessenheitszustände |
Bei diesen Störungen tritt ein
zeitweiliger Verlust der persönlichen Identität und der vollständigen
Wahrnehmung der Umgebung auf. Hier sind nur Trancezustände zu
klassifizieren, die unfreiwillig oder ungewollt sind, und die außerhalb
von religiösen oder kulturell akzeptierten Situationen auftreten. |
Exkl.: |
Zustandsbilder bei:
- Intoxikation mit psychotropen Substanzen - organischem Psychosyndrom
nach Schädelhirntrauma - organischer Persönlichkeitsstörung -
Schizophrenie - vorübergehenden akuten psychotischen Störungen |
Dissoziative
Bewegungsstörungen |
Die häufigsten Formen zeigen
den vollständigen oder teilweisen Verlust der Bewegungsfähigkeit eines
oder mehrerer Körperglieder. Sie haben große Ähnlichkeit mit fast jeder
Form von Ataxie, Apraxie, Akinesie, Aphonie, Dysarthrie, Dyskinesie,
Anfällen oder Lähmungen. |
Psychogen:
- Aphonie
- Dysphonie
1998 Schattauerverlag |
Dissoziative Krampfanfälle
|
Dissoziative Krampfanfälle
können epileptischen Anfällen bezüglich ihrer Bewegungen sehr stark
ähneln. Zungenbiss, Verletzungen beim Sturz oder Urininkontinenz sind
jedoch selten. Ein Bewusstseinsverlust fehlt oder es findet sich statt
dessen ein stupor- oder tranceähnlicher Zustand. |
Dissoziative Sensibilitäts-
und Empfindungsstörungen
zurück zum Seitenanfang |
Die Grenzen anästhetischer
Hautareale entsprechen oft eher den Vorstellungen des Patienten über
Körperfunktionen als medizinischen Tatsachen. Es kann auch
unterschiedliche Ausfälle der sensorischen Modalitäten geben, die nicht
Folge einer neurologischen Läsion sein können. Sensorische Ausfälle
können von Klagen über Parästhesien begleitet sein. Vollständige Seh-
oder Hörverluste bei dissoziativen Störungen sind selten.
Besonders
häufig
beobachtet
wurden
psychogene
Erblindungen
oder
Sehstörungen
(aber
auch
andere
dissoziative
Symptome)
beispielsweise
in
den
Weltkriegen
oder
im
Vietnam-Krieg.
Auch
Hitler
soll
im
ersten
Weltkrieg
zeitweise
eine
psychogene
Erblindung
gehabt
haben.
Wirklich
empfundene
Sehstörungen
sind
dabei
oft
nicht
einfach
von
Simulation
(
Z
76.5)
und
Aggravation,
um
z.B.
dem
Fronteinsatz
zu
entgehen
abzugrenzen.
Auch
bei
sozialmedizinischen
Gutachten
spielt
die
Unterscheidung
dissoziativer
Sensibilitäts-
und
Empfindungsstörungen
von
Aggravation
(Übertreiben)
und
Simulation
(bewusstes
Vortäuschen)
eine
Rolle.
Grundlage
solcher
Symptombildungen
kann
ebenso
ein
scheinbar
unlösbarer
Konflikt,
Hilflosigkeit,
mangelnde
Problembewältigung
oder
Überforderung
sein.
Grundlage
der
Aggravation
und
Simulation
ist
aber
auch
manchmal
eine
dissoziale
Persönlichkeit
oder
einfach
eine
Begehrenshaltung.
Dabei
sind
auch
Mischbilder
zwischen
Aggravation
und
dissoziativen
Störungen
möglich.
Erschwert
wird
die
Diagnostik
oft
dadurch,
dass
eine
"vollständige
Erblindung"
bei
dissoziativen
Störungen
selten
angegeben
wird,
häufiger
ein
Verlust
an
Sehschärfe,
Verschwommen-
oder
Tunnelsehen.
Trotz
der
Klagen
über
Sehverlust
sind
die
allgemeine
Beweglichkeit
und
die
motorischen
Leistungen
der
betroffenen
Personen
oft
überraschend
gut
erhalten.
Alleine
die
Tatsache,
dass
der
angegebene
Sehverlust
nicht
mit
dem
beobachteten
Verhalten
korreliert
bedeutet
also
nicht,
dass
es
sich
um
Simulation
handelt.
Neben
Aggravation
und
Simulation
müssen
dissoziative
Störungen
auch
von
absichtlich
erzeugten
körperlichen
Störungen
abgegrenzt
werden.
Bei
eindeutigen
Hinweisen
auf
eine
Aggravation
und
Simulation
ist
auch
von
einer
willentlichen
Steuerbarkeit
der
Symptome
auszugehen,
was
dann
deren
sozialmedizinische
Relevanz
sehr
relativiert.
Zur
Diagnose
muss
immer
eine
ausreichende
organische
Ausschlussdiagnostik
durchgeführt
worden
sein.
Beispielsweise
kann
leicht
eine
Sehnervenentzündung
mit
einer
psychogene
Erblindungen
oder
Sehstörung
verwechselt
werden.
Dissoziative
Störungen
haben
nach
(rationaler)
Ausschlussdiagnostik
eine
hohe
Spontanheilungsrate
(mindestens
die
Hälfte
remittiert
rasch).
Ein
Teil
der
Kranken
entwickelt
ein
oft
ärztlich
unterstütztes
pathologisches
Krankheitsverhalten. |
.1. Ein beschreibbarer seelischer Konflikt, der mit Wahrscheinlichkeit in
eine unmittelbare Beziehung zur Symptombildung gebracht werden kann, geht
der Erkrankung zeitlich voraus.
2. Eine auslösende soziale Situation, die meist durch eine emotionale
(gelegentlich sogar traumatische) Belastung zur Konfliktstimulation
beträgt, steht in einem direkten zeitlichen Zusammenhang mit dem Beginn
der Symptomatik.
3. Die
Symptomwahl (Art des Symptoms) und/oder die Symptomlokalisation ist über
eine konkrete (oft nicht bewußte) Vorstellung oder eine (biographische)
Erfahrung stimmig abzuleiten oder über ein Identifizierungsmodell
belegbar.4. Dissoziative
Vorgänge vor allem Amnesien, massive Verdrängungen, deutliche
„Fehlleistungen" sind aktuell oder anamnestisch nachweisbar.
5. Eine
ausgeprägte intrapsychische Entlastung durch das Symptom ist nachweisbar
und/oder Konversionssymptome sind für die Vorgeschichte zu belegen.
F44 |
|
Dissoziative Störungen [Konversionsstörungen] |
|
|
Das allgemeine
Kennzeichen der dissoziativen oder Konversionstörungen besteht in teilweisem
oder völligen Verlust der normalen Integration der Erinnerung an die
Vergangenheit, des Identitätsbewußtseins, der Wahrnehmung unmittelbarer
Empfindungen sowie der Kontrolle von Körperbewegungen. Alle dissoziativen
Störungen neigen nach einigen Wochen oder Monaten zur Remission, besonders
wenn der Beginn mit einem traumatisierenden Lebensereignis verbunden ist.
Eher chronische Störungen, besonders Lähmungen und Gefühlsstörungen,
entwickeln sich, wenn der Beginn mit unlösbaren Problemen oder
interpersonalen Schwierigkeiten verbunden ist. Diese Störungen wurden früher
als verschiedene Formen der "Konversionsneurose oder Hysterie"
klassifiziert. Sie werden als ursächlich psychogen angesehen, in enger
zeitlicher Verbindung mit traumatisierenden Ereignissen, unlösbaren oder
unerträglichen Konflikten oder gestörten Beziehungen. Die Symptome
verkörpern häufig das Konzept der betroffenen Person, wie sich eine
körperliche Krankheit manifestieren müßte. Körperliche Untersuchung und
Befragungen geben keinen Hinweis auf eine bekannte somatische oder
neurologische Krankheit. Zusätzlich ist der Funktionsverlust offensichtlich
Ausdruck emotionaler Konflikte oder Bedürfnisse. Die Symptome können sich in
enger Beziehung zu psychischer Belastung entwickeln und erscheinen oft
plötzlich. Nur Störungen der körperlichen Funktionen, die normalerweise
unter willentlicher Kontrolle stehen und Verlust der sinnlichen Wahrnehmung
sind hier eingeschlossen. Störungen mit Schmerz und anderen komplexen
körperlichen Empfindungen, die durch das vegetative Nervensystem vermittelt
werden, sind unter Somatisierungsstörungen (F45.0) zu klassifizieren. Die
Möglichkeit eines späteren Auftretens ernsthafter körperlicher oder
psychiatrischer Störungen muß immer mitbedacht werden. |
|
|
Hysterie
Hysterische Psychose
Konversionhysterie
Konversionsreaktion
|
|
|
Exkl.:
|
Simulation [bewußte Simulation]
|
F44.0
|
|
Dissoziative Amnesie
|
|
|
Das wichtigste
Kennzeichen ist der Verlust der Erinnerung für meist wichtige aktuelle
Ereignisse, die nicht durch eine organische psychische Störung bedingt ist
und für den eine übliche Vergeßlichkeit oder Ermüdung als Erklärung nicht
ausreicht. Die Amnesie bezieht sich meist auf traumatische Ereignisse wie
Unfälle oder unerwartete Trauerfälle und ist in der Regel unvollständig und
selektiv. Eine vollständige und generalisierte Amnesie ist selten, dann
gewöhnlich Symptom einer Fugue (F44.1) und auch als solche zu
klassifizieren. Die Diagnose sollte nicht bei hirnorganischen Störungen,
Intoxikationen oder extremer Erschöpfung gestellt werden. |
|
|
Exkl.:
|
Alkohol- oder sonstige substanzbedingte
amnestische Störung Amnesie: - anterograd - retrograd
-Nicht alkoholbedingtes organisches amnestisches Syndrom
Postiktale Amnesie bei Epilepsie
|
F44.1
|
|
Dissoziative Fugue
|
|
|
Eine dissoziative
Fugue ist eine zielgerichtete Ortsveränderung, die über die gewöhnliche
Alltagsmobilität hinausgeht. Darüber hinaus zeigt sie alle Kennzeichen einer
dissoziativen Amnesie (F44.0). Obwohl für die Zeit der Fugue eine Amnesie
besteht, kann das Verhalten des Patienten während dieser Zeit auf
unabhängige Beobachter vollständig normal wirken. |
|
|
Exkl.:
|
Postiktale Fugue bei Epilepsie
|
F44.2
|
|
Dissoziativer Stupor
|
|
|
Dissoziativer
Stupor wird aufgrund einer beträchtlichen Verringerung oder des Fehlens von
willkürlichen Bewegungen und normalen Reaktionen auf äußere Reize wie Licht,
Geräusche oder Berührung diagnostiziert. Dabei lassen Befragung und
Untersuchung keinen Anhalt für eine körperliche Ursache erkennen.
Zusätzliche Hinweise auf die psychogene Verursachung geben kurz
vorhergegangene belastende Ereignisse oder Probleme. |
|
|
Exkl.:
|
Organische katatone Störung
Stupor:
- depressiv
- kataton
- manisch (
- o.n.A.
|
F44.3
|
|
Trance- und
Besessenheitszustände |
|
|
Bei diesen
Störungen tritt ein zeitweiliger Verlust der persönlichen Identität und der
vollständigen Wahrnehmung der Umgebung auf. Hier sind nur Trancezustände zu
klassifizieren, die unfreiwillig oder ungewollt sind, und die außerhalb von
religiösen oder kulturell akzeptierten Situationen auftreten. |
|
|
Exkl.:
|
Zustandsbilder bei:
- Intoxikation mit psychotropen Substanzen , vierte Stelle .0)
- organischem Psychosyndrom nach Schädelhirntrauma
- organischer Persönlichkeitsstörung (
- Schizophrenie
- vorübergehenden akuten psychotischen Störungen
|
F44.4
|
|
Dissoziative
Bewegungsstörungen |
|
|
Die häufigsten
Formen zeigen den vollständigen oder teilweisen Verlust der
Bewegungsfähigkeit eines oder mehrerer Körperglieder. Sie haben große
Ähnlichkeit mit fast jeder Form von Ataxie, Apraxie, Akinesie, Aphonie,
Dysarthrie, Dyskinesie, Anfällen oder Lähmungen. |
|
|
Psychogen:
- Aphonie
- Dysphonie
|
F44.5
|
|
Dissoziative Krampfanfälle
|
|
|
Dissoziative
Krampfanfälle können epileptischen Anfällen bezüglich ihrer Bewegungen sehr
stark ähneln. Zungenbiß, Verletzungen beim Sturz oder Urininkontinenz sind
jedoch selten. Ein Bewußtseinsverlust fehlt oder es findet sich statt dessen
ein stupor- oder tranceähnlicher Zustand. |
F44.6
|
|
Dissoziative
Sensibilitäts- und Empfindungsstörungen |
|
|
Die Grenzen
anästhetischer Hautareale entsprechen oft eher den Vorstellungen des
Patienten über Körperfunktionen als medizinischen Tatsachen. Es kann auch
unterschiedliche Ausfälle der sensorischen Modalitäten geben, die nicht
Folge einer neurologischen Läsion sein können. Sensorische Ausfälle können
von Klagen über Parästhesien begleitet sein. Vollständige Seh- oder
Hörverluste bei dissoziativen Störungen sind selten. |
|
|
Psychogene Schwerhörigkeit oder
Taubheit
|
F44.7
|
|
Dissoziative Störungen
[Konversionsstörungen], gemischt |
|
|
Kombinationen der
unter F44.0-F44.6 beschriebenen Störungen. |
F44.8
|
|
Sonstige dissoziative
Störungen [Konversionsstörungen] |
|
|
Ganser-Syndrom
Multiple Persönlichkeit(sstörung)
Psychogen:
- Dämmerzustand
- Verwirrtheit
|
F44.9
|
|
Dissoziative Störung
[Konversionsstörung], nicht näher bezeichnet |
Links
 |
Anschrift des Verfassers: (Praxisadresse) |
Feedback: |
Karl C. Mayer |
Gästebuch |
Bergheimerstraße 56a |
E-Mail |
69115 Heidelberg |
| |
|