Psycholinguistik,

interdisziplinäres Arbeitsgebiet der Sprachwissenschaft, das sprachliche Untersuchungen in einen psychologischen Kontext stellt. Die neben der Soziolinguistik, Neurolinguistik, Computerlinguistik, Gesprächsanalyse und Textlinguistik auch als Bindestrichlinguistik bezeichnete Psycholinguistik hebt sich damit von den Kerngebieten der Linguistik (Phonetik, Phonologie, Morphologie, Syntax, Semantik und teils auch Pragmatik) ab, die meist nur einen eng umgrenzten Bereich des Phänomens Sprache theoretisch untersuchen. Sie befasst sich, auf der Suche nach Erklärungen, wie Sprache im menschlichen Gehirn repräsentiert und verarbeitet wird, mit Prozessen des Spracherwerbs, der Sprachproduktion und des Sprachverstehens als ihre drei Hauptgebiete. Die Beschäftigung mit den sprachverarbeitenden Prozessen Sprachproduktion und Sprachverstehen untersucht die Umsetzung von Sprachkompetenz zur konkreten sprachlichen Äußerung (Performanz) einerseits und die einer gegebenen Lautstruktur in ihren Inhalt und Sprecherabsicht andererseits. Dies geschieht bei der Sprachproduktion im Hinblick auf ihre komplexen Koordinierungs- und Steuerungsmechanismen (z. B. der Artikulation), welche abgerufenes sprachliches Wissen bis zum Endprodukt, der Lautkette, durchläuft, beim Sprachverstehen im Hinblick auf Decodierungsmechanismen, welche die wahrgenommene Lautkette strukturiert und somit dem Verstehen zugänglich macht. Während bereits um die Jahrhundertwende Ansätze zu psycholinguistischen Untersuchungen von Psychologen unternommen wurden, kann von Interdisziplinarität erst seit einem von amerikanischen Psychologen und Linguisten 1953 an der University of Bloomington/Indiana einberufenen Seminar die Rede sein, auf welches auch der Begriff zurückgeht. Diese setzten programmatisch als Ziel der Psycholinguistik fest, sprachliche mit kognitiven Konzepten in Verbindung zu bringen, indem die Linguistik von der Methodik der Psychologie Gebrauch machen sollte.

 

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur