Diabetische Retinopathie

Diabetische Retinopathien sind in den Industrieländern die wichtigste Ursache der Erblindung bei Menschen im arbeitsfähigen Alter. Da sie anfangs keinerlei Beschwerden verursacht, ist die regelmäßige augenärztliche Untersuchung des Diabetikers einschließlich der Einsicht des Fundus unter Weitstellung der Pupille, bzw. eine Stereofundusphotographie notwendig. Fluoreszenzangiographien werden von den Augenärzten zur Behandlungsplanung eingesetzt. Beim neu diagnostizierten Typ 1 Diabetes reicht vermutlich die erste Untersuchung nach 3 Jahren aus, Typ 2 Diabetiker sollten immer sofort bei Diagnose auf eine Retinopathie untersucht werden. Im Anschluss ist bei allen Diabetikern eine mindestens jährliche Untersuchung erforderlich. Bei den Diabetischen Retinopathien handelt es sich um die häufigste mikrovaskuläre (die kleinen Gefäße betreffende) Komplikation des Diabetes. Ursächlich verknüpft mit dem Verlauf der Retinopathie sind die Dauer des Diabetes, der HbA1c, die Einstellung des Blutzuckers, die Urinalbuminausscheidung, und der systolisch erhöhte Blutdruck. Beim Typ 2 des Diabetes geht oft die Retionpathie der Diagnose des Diabetes voraus und weist dann darauf hin, dass der Diabetes bereits Jahre vor Diagnose vorgelegen hat. In einer großen australischen Studie lag die Prävalenz der Retinopathie bei einer Dauer des Diabetes von 0–4 Jahren bei 9.2%; von 5–9 Jahren bei 23.1%; von 10–19 Jahren bei 33.3%; und bei mehr als 20 Jahren bei 57.1%. Die Prävalenz stieg dabei mit dem HbA1c Wert an. Bei einem HbA1c <5.6%, war sie 8.5%; bei einem HbA1c 5.6%–6.1%, -6.6%; bei einem HbA1c 6.2%–7.2%, –11.2%; und bei einem HbA1c >=“ src=“https://befund.net/bilder/ge.gif“ border=“0″ width=“7″ height=“10″>7.3%, –29.1%). Die intensivierte Insulinbehandlung senkte in der DCCT Studie das Risiko der Retinopathie um 76%, und verminderte das Risiko des Fortschreiten des Retinopathie um 54%.  Eine Absenkung des HbA<sub>1c</sub> von 8 auf<sup>  </sup>7% bewirkte in einer Studie mit Typ 2 Diabetikern eine Risikominderung um 35%. 21% der Diabetiker mit Retionpathie hatten einen unbehandelten Bluthochdruck. In der UKPDS Studie führte eine verbesserte Blutdruckeinstellung über 8,4 Jahre zu einer 34%igen Verminderung des Fortschreitens der Retinopathie (neben einer Minderung des Schlaganfallsrisikos und des allgemeinen Mortalitätsrisikos).  Schwere Retinopathien sind in den ersten 3–5 Jahren bei einem Typ 1 Diabetes selten, in den beiden folgenden Dekaden entwickeln allerdings fast alle Typ 1 Diabetiker eine Retinopathie. In der Wisconsin Epidemiologic Study of Diabetic Retinopathy (WESDR) waren 3.6% der Patienten mit einem Typ 1 Diabetes und 1.6% der Typ 2 Diabetespatienten blind. Histologisch steht am Anfang der Verlust der Perizyten der Gefäße, später kommt es zum zusätzlichen Endothelverlust und zu abnormem Wachstum von Endothelzellen. Gefäße ohne Zellen (azelluläre Kapillaren) werden schließlich nicht mehr mit Blut durchströmt. Die diabetische Retinopathie schreitet von leichten nonproliferativen Auffälligkeiten mit vermehrter Durchlässigkeit der Gefäße über mäßige Veränderungen zu einer schweren nonproliferativen diabetische Retinopathie mit Verschluss der Gefäße fort, anschließend kommt es zur proliferativen diabetische Retinopathie. Endothelzellen sind verantwortlich für die Blut- Retina- Schranke, bei einer Schädigung kommt es zu einer vermehrten Gefäßdurchlässigkeit. In den ersten Stadien der Retinopathie kann es zu einem Zusammenbruch der Blut- Retina- Schranke kommen mit dem Ergebnis der Ansammlung von extrazellulärer Flüssigkeit im Bereich der Makula (Makulaödem). Perizyten (Zellen außen an den Kapillaren (kleinsten Gefäßen)) sind essentielle zelluläre Komponenten für die Regulation der Durchlässigkeit der Kapillaren der Retina. Eine Schädigung der Perizyten zerstört die Selbstregulation der Kapillardurchlässigkeit und des Blutflusses der Retina. Ein Hinweis auf eine Schädigung der Perizyten ist die Bildung von bei der Funduskopie sichtbaren Mikroaneurysmen Bedeutsam ist auch die Verdickung der kapillaren Basalmembran. Bei der proliferativen diabetischen Retinopathie wachsen kompensatorisch neue Blutgefäße (ohne Perizyten und begleitet von Bindgewebsaussprossungen) auf der Netzhaut und auf der Oberfläche des hinteren Glaskörpers des Auges. Man sieht also bei schwerer Retionpathie Gefäßneubildungen (Neovaskularization) und Einblutungen in den Glaskörper und die Retina. Letztere neugebildeten Gefäße und Bindgewebsaussprossungen können Häutchen (Membranen) bilden die durch Zug zur Netzhautablösung führen. Diese durch Zug (Traktion) bedingten Netzhautablösungen und vermehrte Einblutungen aus Gefäßen ohne Perizyten sind die Hauptgründe für die Erblindung der Diabetiker. Rechtzeitig erkannt, kann durch Laserbehandlung die Netzhautablösung gestoppt werden. Verlorengegangene Sehkraft kann durch die Laserbehandlung nicht wiederhergestellt werden, das Fortschreiten der Erkrankung kann aber in den schwereren Fällen aufgehalten werden. Ähnlich wie die auch manchmal durchgeführte Virtrektomie kann die Behandlung sogar zunächst zusätzliche Sehverschlechterungen durch weiteren retinalen Substanzverlust bewirken. Besonders wichtig ist die Laserbehandlung auch bei gleichzeitig bestehender diabetischer Makulopathie. Die Indikation, wann eine Laserbehandlung erfolgt, hängt aber auch von einer Vielzahl anderer Faktoren ab, die hier nicht diskutiert werden können. Wichtig ist, die Behandlung dient der Verhinderung einer Erblindung, es geht in der Regel nicht darum bereits eingetretene Sehverluste zu bessern. Aspirin und andere Durchblutungsmittel helfen bei der Retinopathie nicht, auch andere Medikamente, die speziell die Retionpathie aufhalten gibt es bisher nicht, eine Reihe von diesbezüglichen Untersuchungen wird aber gegenwärtig in verschiedenen Zentren durchgeführt. Asprin und diabetische Retinopathie? Studien sagen ja. Zwar hat ASS weder positiven noch negativen Effekt auf die Retionpathie, es reduziert aber die Morbidität und Mortalität bezüglich kardiovaskulärer Erkrankungen bei diesen Patienten um 17%. Das Vorhandensein von Mikroaneurysmen mit oder ohne proliferative Retinopathie stellt damit keine Kontraindikation für Aspirin dar.</p>
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<b>Quellen / Literatur: </b></p>
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  • Dr. Johannes Werle

    Dr. med Johannes Werle

    Redakteur