Karl C. Mayer, Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Psychoanalyse |
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Glossar Psychiatrie / Psychosomatik / Psychotherapie / Neurologie / Neuropsychologie |
Wahn
Eine falsche Gewissheit, die mit Überzeugung
aufrechterhalten wird, auch wenn sie im Widerspruch zur Realität steht. Man kann
Wahn definieren als krankhaft entstandene Fehlbeurteilungen der Realität, die
mit apriorischer Evidenz (erfahrungsunabhängiger Gewissheit) auftreten und an
denen mit subjektiver Gewissheit festgehalten wird, auch wenn sie im Widerspruch
zur Wirklichkeit und zur Erfahrung der gesunden Mitmenschen sowie zu ihrem
kollektiven Meinen und Glauben stehen. Wahn wird von überwertigen Ideen
dadurch unterschieden dass letztere im Gespräch oder bei Überprüfung durch den
Betroffenen korrigierbar sind. Gemeinsam ist dem Wahn und der überwertigen Idee,
dass beide verhaltensrelevant sind, und lange Zeit emotionale Spannung erzeugen.
Wahnthemen sind meist emotionsbezogen, je länger ein Wahn besteht, umso weniger
ist er aber oft von Emotionen begleitet. Die Entstehung aus einer Emotionalen
Not heraus rührt daher, dass die die Fähigkeit einschränkt ist, im Affekt
logisch zu denken. Die ganze Aufmerksamkeit und das Denken des Kranken ist
dann meist auf das Wahnobjekt fixiert, dem Wahn widersprechende Hinweise
werden nicht beachtet. Innere Vorgänge werden auf Veränderungen in der Umwelt
bezogen. Unerklärliches wird mit ungewöhnliche Erklärungen scheinbar schlüssig
erklärt und häufig als von Außen gesteuert wahrgenommen (Erklärungswahn). Ein
bestehender Wahn bringt für die Kranken oft auch eine subjektive Erleichterung,
jetzt alles erklären zu können. Wahn gibt es bei verschiedenen Psychosen,
er ist nicht spezifisch für die Schizophrenie, beispielsweise begünstigen auch
Persönlichkeitsstörungen die Wahnentwicklung. Auch Diskriminierungen und andere
sehr schwere Traumen können wahnhafte Entwicklungen auslösen. Soziale Isolierung
und Einsamkeit fördert Wahn, durch den Verlust sozialer Beziehungen und damit
auch von Korrekturanregungen während der Entstehung. Für
die Entwicklung von Schizophrenien gelten Diskriminierungen und andere sehr schwere Traumen aber nur als Auslöser oder
Auslöser für einen Rückfall, nicht als ursächliches Agens. Nicht jede Verschwörungstheorie oder
abweichende Überzeugung ist ein Wahn. Alle Menschen
aus geistig Gesunde besitzen ein Kausalitätsbedürfnis, das uns hilft nach
Zusammenhängen zu suchen und in Ansätzen die Welt um uns herum, und auch andere
Menschen und deren Kommunikation mit uns zu verstehen. Dieses
Kausalitätsbedürfnis zwingt uns geradezu, über ursächliche Zusammenhänge
nachzudenken, besonders wenn wir wahrnehmen, dass etwas real oder scheinbar
gegen uns vor sich geht. Je bedrohlicher und die Situation erlebt wird, umso
verständlicher sind Überreaktionen in der ursächlichen Deutung. Auch
Verschwörungstheorien können sich noch im Bereich des Gesunden abspielen, und
manchmal sogar von einer ganzen Gesellschaft oder einzelnen gesellschaftlichen
Gruppen geteilt werden. Dabei können in Extremsituationen für
Außenstehende unverständliche Reaktionen auftreten, die per se nach Kenntnis der
Auslöser und der Situation und Herkunft des Betroffenen nicht abnorm, wahnhaft
oder allgemein krankhaft oder psychotisch bedingt sind und dann auch nicht als
wahnhaft klassifiziert werden dürfen. Auch haben sehr viele Menschen irreale
Ängste (siehe Graphik).
Der Übergang von häufigen irrrationalen Ängsten und dysfunktionalen persönlichen
Überzeugungen, oder Ideologien zur überwertigen Idee und dann zum Wahn ist
fließend. Die Häufigkeit von Wahnphänomenen in der Allgemeinbevölkerung ist
wesentlich größer, als die psychiatrische Diagnose einer Wahnhaften oder
psychotischen Störung. Wahndynamik Die affektive Anteilnahme am Wahn; die Kraft des Antriebes und die Stärke der Affekte, die im Wahn wirken. Für den Untersucher ist die Wahndynamik zu erschließen aus der Art, wie der Wahn vorgetragen wird. Zwischen lebhafter Wahndynamik mit antriebsstarker Produktivität, lebhaftem Vordrängen des Wahnes und einem eintönig starren Festhalten an einem (dann oft alten) Wahn, oft auch ohne affektive Bewegtheit mit Herunterleiern des Wahns, so daß die psychotische Wahnproduktivität ausgebrannt erscheint, gibt es alle Ubergänge. Vollziehen sich z. B. Wahneinfalle vor dem Hintergrund lebhaften oder stürmischen affektiven (wenn auch gelegentlich parathymen) Mitschwingeris, bewegter Psychomotorik oder gesteigerten Antriebs, sind die Wahngedanken fließend, wechelnd und durch intensives Reagieren des Kranken ausgezeichnet, so besteht eine stark ausgeprägte Wahndynamik. Werden dagegen vom Kranken z. B. Wahneinfalle ohne nennenswertes emotionales Reagieren, ohne erkennbare Tendenz zur produktiven Ausweitung vorgebracht, so liegt nur eine geringe Wahndynamik vor. Bei alten Schizophrenen scheint es oft ein affektleeres, eingeschliffenes Herunterleiern, ohne daß hier noch ein echtes Erleben des Wahnes spürbar wäre (Residual-Wahn). Wahnhafte Störung Karl C. Mayer, Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, PsychoanalyseEine Störung charakterisiert durch die Entwicklung eines einzelnen Wahns oder mehrerer aufeinander bezogener Wahninhalte, die im allgemeinen lange, manchmal lebenslang, andauern. Der Inhalt des Wahns oder des Wahnsystems ist sehr unterschiedlich. Eindeutige und anhaltende akustische Halluzinationen (Stimmen), schizophrene Symptome wie Kontrollwahn oder Affektverflachung und eine eindeutige Gehirnerkrankung sind nicht mit der Diagnose vereinbar. Gelegentliche oder vorübergehende akustische Halluzinationen schließen besonders bei älteren Patienten die Diagnose jedoch nicht aus, solange diese Symptome nicht typisch schizophren erscheinen und nur einen kleinen Teil des klinischen Bildes ausmachen. Wahnstimmung Ist die erlebte Atmosphäre des Betroffenseins, des bedeutungsvollen Angemutetwerdens in einer verändert erlebten Welt oder auch durch ein verändert erlebtes Ich, wobei der Kranke nicht unbedingt einen konkreten Inhalt angeben muß. Diese Stimmung besteht in einem unmotivierten, d. h. dem Gesunden nicht zwingend nachvollziehbaren Bedeutungszumessen und Inbeziehungsetzen, Meinen, Vermuten und Erwarten. Bei der (subjektiven) Überzeugung von der Richtigkeit des wahnhaft Erlebten (Wahngewißheit, apriorisches ,,Wissen") gibt es die verschiedensten Grundtönungen der Stimmung, am häufigsten die Stimmung der Unheimlichkeit, des Verändertseins (des Kranken selbst oder seiner Umgebung), des Erschüttert- und Erschrecktseins, der Bedrohung, der Angst, des Argwohns, der Ratlosigkeit, manchmal auch der Gehobenheit und Zuversicht. (Beispiele: es liegt etwa in der Luft, es kommt etwas heran, alltägliche Dinge der Umgebung erhalten eine besondere Bedeutung etc.). Wahnwahrnehmung Richtige Sinneswahrnehmungen erhalten eine abnorme Bedeutung (meist im Sinne der Eigenbeziehung), die ihnen objektiv nicht zukommt. Die Wahnwahrnehmung ist also eine wahnhafte FehlInterpretation einer wirklichen Wahrnehmung. Beispiel: Dieser Streifen am Himmel (ein Kondensstreifen von einem Flugzeug) ist ein Fingerzeig Gottes. - Daß der Arzt mit dem Kopf nickte, als er mir zum Abschied die Hand gab, bedeutet, daß ich doch Krebs habe. Nicht zu verwechseln mit illusionärer Verkennung. Wahneinfall nennt man das plötzliche Ankommen (,,Einfallen") von wahnhaften Meinungen. Wahngedanken Schizophrenie Links zu Studien zur Häufigkeit wahnhafter oder psychotischer Phänomen in der Allgemeinbevölkerung: Arch Gen Psychiatry. 2001;58:663-668, The British Journal of Psychiatry (2004) 185: 298-305 British Journal of Psychiatry, 180, 174 -178 The British Journal of Psychiatry, June 1, 2006; 188(6): 519 - 526. Am J Psychiatry 159:1412-1419, August 2002 The British Journal of Psychiatry, April 1, 2008; 192(4): 258 - 263. Am J Psychiatry, May 1, 2004; 161(5): 864 - 871. Arch Gen Psychiatry 1996; 53:880-886 |
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Insbesondere dem ICD 10, dem DSM IV, AMDP- Manual, Leitlinien der Fachgesellschaften, Lehrbuch VT von J.Mragraf, Lehrbuch der analytischen Therapie von Thomä und Kächele, Lexika wie dem Pschyrembel, verschiedene Neurologie- und Psychiatrielehrbücher, Literatur aus dem Web, außerdem einer Vielzahl von Fachartikeln aktueller Zeitschriften der letzten 10 Jahre.Möglicherweise sind nicht alle (insbesondere kleinere) Zitate kenntlich gemacht. Durch Verwendung verschiedener Quellen konnte eine Mischung aus den unterschiedlichen Zitate nicht immer vermieden werden. Soweit möglich wird dies angezeigt. Falls sich jemand falsch oder in zu großem Umfang zitiert findet- bitte eine E-Mail schicken. Bitte beachten Sie: Diese Webseite ersetzt keine medizinische Diagnosestellung oder Behandlung. Es wird hier versucht einen Überblick über den derzeitigen Stand der medizinischen Forschung auch für interessierte Laien zu geben, dies ist nicht immer aktuell möglich. Es ist auch nicht möglich, dass ein Arzt immer auf dem aktuellsten Stand der medizinischen Forschung in allen Bereichen seines Faches ist. Es ist immer möglich, dass die medizinische Forschung hier noch als wirksam und ungefährlich dargestellte Behandlungsmaßnahmen inzwischen als gefährlich oder unwirksam erwiesen hat. Lesen Sie bei Medikamenten immer den Beipackzettel und fragen Sie bei Unklarheiten Ihren behandelnden Arzt. Medikamentöse Behandlungen auch mit freiverkäuflichen Medikamenten bedürfen ärztlicher Aufsicht und Anleitung. Dies gilt auch für alle anderen Behandlungsverfahren. Die hier angebotenen Informationen können nicht immer für jeden verständlich sein. Um Mitteilung, wo dies nicht der Fall ist, bin ich dankbar. Fragen Sie hierzu immer Ihren behandelnden Arzt. Dieser weiß in der Regel über die hier dargestellten Sachverhalte gut Bescheid und kann Ihren individuellen Fall und Ihre Beschwerden besser einordnen- was für einen bestimmten Patienten nützlich ist, kann einem anderen schaden. Selbstverständlich gibt es zu den meisten Themen unterschiedliche Auffassungen. Soweit möglich wird hier dargestellt, woher die Informationen stammen. In den meisten Fällen mit einem entsprechenden Link (da diese oft ohne Ankündigung geändert werden, sind diese leider nicht immer aktuell zu halten). Leider ist die zitierte Literatur nicht immer kostenfrei zugänglich. Die Beschränkung auf kostenfrei zugängliche Literatur würde manches sehr oberflächlich lassen. In der Regel versuche ich mich in der Darstellung an deutschen oder internationalen Leitlinien der Fachgesellschaften und Metaanalysen der Literatur zu orientieren. Auch dies ist nicht überall möglich. Zum einen gibt es nicht überall solche Leitlinien, zum anderen werden diese mir nicht immer sofort bekannt. Manche Leitlinien sind lange nicht aktualisiert worden und von neuerer Literatur überholt, bzw, ergänzungsbedürftig. Wenn möglich sind im Text Links zu solchen Leitlinien eingebaut. Auch Leitlinien sind nur Orientierungen, sie schließen nicht aus, dass generell oder im Einzelfall Fehler enthalten sind oder diese im Einzelfall nicht anwendbar sind. Ziel der Darstellung ist hier definitiv nicht, mich als Experten für irgendeines der in der Homepage dargestellten Krankheitsbilder auszuweisen. Ich gehe davon aus, dass alle vergleichbaren Fachärzte für Neurologie, Psychotherapeutische Medizin und Psychiatrie ihre Patienten sorgfältig und genau so gut wie ich behandeln. Sollten Sie über eine Suchmaschine direkt auf diese Seite gekommen sein, werden Sie gebeten auch die Hauptseite aufzusuchen. Dort finden Sie einen Link zu den zuständigen Ärztekammern. 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