Willensschwäche

Überwiegend juristisch verwendeter Begriff: Die Unfähigkeit, zielgerichtete Handlungen zu beginnen und durchzuführen. Wenn die Willensschwäche schwer genug ist, um als pathologisch zu gelten, ist sie tiefgreifend und hält die Person von vielen unterschiedlichen Arten von Handlungen ab (z. B. Arbeit, intellektuelle Herausforderungen, Selbstversorgung). Willenserklärungen setzen juristisch Geschäftsfähigkeit (§§ 104 – 113 BGB) und Erlaubtheit (§§ 134, 138 BGB voraus. Geschäftsunfähig ist wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, und wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist. Geschäftsunfähigkeit nach §104 BGB liegt vor, wenn der Betroffene an einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit leidet und geschäftsunfähig ist. Ob bei Betreuten nach §§ 1896 ff BGB die Voraussetzung einer Geschäftsunfähigkeit vorliegen, ist im Einzelfall festzustellen (Geschäftsunfähigkeit liegt also nicht automatisch deshalb vor, weil eine Betreuung besteht). Die Störung darf nicht nur vorübergehender Natur sein, sondern muss ein dauerhafter Zustand sein. Ein solcher ist auch bei heilbaren Störungen anzunehmen, solange die Behandlung längere Zeit in Anspruch nimmt. In lichten Augenblicken kann auch Geschäftsfähigkeit bestehen. Die Fähigkeit seine Entscheidung von vernünftigen Überlegungen abhängig zu machen muss ausgeschlossen sein. Nach § 105 BGB sind Willenserklärungen, die im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit abgegeben werden stets nichtig. Diese Umstände hat im Prozess derjenige zu beweisen, der sich auf die Unwirksamkeit eines Vertrages beruft. Die Störung muss auch die freie Willensbildung ausschließen, also Entscheidungen nicht mehr von vernünftigen Abwägungen abhängig gemacht werden können. Diese Voraussetzung kann auch bei längeren geistigen Störungen nicht vermutet werden. Bloße Willensschwäche oder leichte Beeinflussbarkeit ist nicht ausreichend. Die Willenserklärungen von Geschäftsunfähigen sind unwirksam (§ 105 I BGB). Nach § 105 BGB ist die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen nichtig. Ein Geschäftsunfähiger kann infolge dessen nur durch seinen gesetzlichen Vertreter wirksam handeln. Als gesetzliche Vertreter kommen die Eltern bzw. der allein sorgeberechtigte Elternteil nach § 1626 BGB, der Vormund nach § 1793 BGB oder der bestellte Betreuer nach § 1902 BGB in Betracht. Erklärungen gegenüber dem Geschäftsunfähigen werden erst wirksam, wenn sie dem gesetzlichen Vertreter zugehen nach § 131 BGB. In allen Verfahren, die Maßnahmen wegen seines Geisteszustandes zum Gegenstand haben, kann der Geschäftsunfähige dagegen zur Wahrung seiner Interessen selbständig rechtswirksam handeln. Nach § 138 BGB liegt ein Sittenwidriges Rechtsgeschäft oder Wucher vor, wenn ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen. Wucher“ ist nach § 138 II BGB definiert als ein Rechtsgeschäft, bei welchem sich „jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.“ Ein Ausschluss der freien Willensbestimmung liegt vor, wenn jemand nicht imstande ist, seinen Willen frei und unbeeinflusst von der vorliegenden Geistesstörung zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Abzustellen ist dabei darauf, ob eine freie Entscheidung nach Abwägung des Für und Wider bei sachlicher Prüfung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte möglich ist oder ob umgekehrt von einer freien Willensbildung nicht mehr gesprochen werden kann, etwa weil infolge der Geistesstörung Einflüsse dritter Personen den Willen übermäßig beherrschen (BGH, NJW 1953, 1342 = LM § 739 ZPO Nr. 2; NJW 1970, 1680 (1681) = LM § 104 BGB Nr. 7; WM 1984, 1063 (1064)).“ Eine krankhafte Beeinträchtigung unserer Entscheidungsfreiheit liegt dann vor, wenn beispielsweise durch imperative Stimmen, einen akuten Wahn, eine schwere wahnhafte Depression, oder durch eine schwere Abhängigkeit von einem Suchtmittel die freie Willensbestimmung stark reduziert oder aufgehoben ist. Bitte beachten Sie, dies ersetzt keine juristische Beratung, die Interpretation von Gesetzen setzt zusätzlich die Kenntnis von relevanten Interpretationen in entsprechenden Urteilen voraus, im Einzelfall sollten Sie sich von Ihrem Rechtsbeistand beraten lassen.

 

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur