Helicobacter pylorii

Das Magengeschwür wird nach heutigem Verständnis meist von vor dem 10. Lebensjahr (am häufigsten zwischen 4 und 5 Jahren) erworbenen Infektionen durch Helicobacter pylori ausgelöst und entsprechend als Infektionskrankheit behandelt. Die Entdeckung dieses Erregers war einer der Meilensteine der Medizin in den letzten Jahrzehnten. Helicobacter pylori ist überall auf der Welt seit Jahrtausenden präsent, die genetischen Varianten werden inzwischen sogar dazu genutzt, Wanderbewegungen der Bevölkerung in den letzten 100000 Jahren nachzuweisen. In Entwicklungsländern ist fast jeder Erwachsene mit dem Erreger infiziert, die Prävalenz der Infektion in den Industrieländern ist viel niedriger. Bereits vor Entdeckung des Erregers hat die Prävalenz der Infektionen in den Industrieländern in den letzten 60 Jahren von Generation zu Generation nachgelassen. Die Infektion tritt entsprechend häufiger in sozialen Randgruppen wie türkischen Kindern oder Aussiedlerkindern auf. Auch aus anderen Ländern sind solche ethnischen und ökonomischen Unterschiede berichtet, je enger die Wohnverhältnisse umso häufiger der Infekt. Stillen verringert das Risiko. Mindestens die Hälfte der Weltbevölkerung soll mit Helicobacter pylori infiziert sein. Die Erreger bleiben meist klinisch stumm, sie verursachen am Magen aber nicht selten auch eine asymptomatische Gastritis bis hin zum peptischen Geschwür oder Magenkrebs sowie MALT Lymphome. Nur 15% bis 20% der infizierten erkrankt irgendwann am Magengeschwür, eine symptomlose Entzündung ist aber die Regel. H pylori wird auch für andere Krankheiten außerhalb des Verdauungstraktes angeschuldigt: therapierefraktäre Eisenmangelanämien, und chronische Autoimmunthrombozytopenische Purpura soll ebenfalls durch H pylori bedingt sein könne. Unterschiedliche Varianten des Erregers und die Veranlagung des Patienten entscheiden ob und wie sehr man durch H pylori krank wird. Ein Test und eine Behandlung wird derzeit nur empfohlen, wenn der Erreger Symptome verursacht. Helicobacter pylori schützt bis zu einem gewissen Grad vor dem Reflux vom Magen in die Speiseröhre und dem Barrettösophagus sowie dem Adenokarzinom der Speiseröhre. Man vermutet, dass dieser Schutz vor dem gastroösophagealen Reflux auch verantwortlich dafür ist, dass Kinder die mit Helicobacter pylori infiziert sind bis ins Erwachsenenalter seltener Allergien und Asthma entwickeln. Statistisch nachgewiesen ist dies zumindest für cagA+ Stämme des Erregers. (Arch Intern Med. 2007;167:821-827) Es wird sogar vermutet, dass der Rückgang der Helicobacter pylori Infektionen in den Industrieländern eine der Ursachen für die Zunahme an Allergien und Asthma ist. Die Eradikation von Helicobacter pylori Bakterien aus dem Magendarmtrakt der Bewohner von Industrieländern, mit der Folge einer gravierenden Veränderung der Mikroökologie des Magendarmtraktes, könnte also neben der erwünschten Wirkung einer Verminderung der Magengeschwüre und der Adenokarzinome des Magens zum vermehrten Auftreten anderer Krankheiten wie dem Barrettösophagus sowie dem Adenokarzinom der Speiseröhre und von Allergien und Asthma führen.

 

Quellen / Literatur:

Siehe auch unter Magengeschwür Yu Chen; Martin J. Blaser; Inverse Associations of Helicobacter pylori With Asthma and Allergy;
Arch Intern Med. 2007;167:821-827. ABSTRACT FULL TEXT PDF

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur