Heroin

Siehe auch unter AlkoholfolgenAlkohol im Straßenverkehr, Drogenmißbrauch Ecstasy, Cannabis, Heroin Kokain Raucher, br> (Nach DHS) Heroin ist ein halbsynthetisches Opiat , das aus dem Saft des Schlafmohns gewonnen wird. Opiate haben als Heilmittel und Suchtstoffe eine lange Tradition und wurden in früheren Jahrhunderten gegen Schlaflosigkeit, Fieber, Schmerzen und eine Vielzahl von Beschwerden eingesetzt. Aber auch die Gefahr von Opiaten ist lange bekannt. Heroin wurde als vermeintlich nicht suchterzeugendes Ersatzmittel für Morphium eingeführt. In Wahrheit ist es jedoch ein stärker wirksames, stärker euphorisierendes und stärker Abhängigkeit förderndes Mittel. Heroin beeinflusst das zentrale Nervensystem und wirkt stark euphorisierend. Es vermindert Angst und Schmerzen und ruft ein blitzartiges orgiastisches Hochgefühl („Kick“, Flash“, „High“) hervor. Es folgt eine wohlige Dösigkeit und Müdigkeit verbunden mit dem (unrealistischen) Gefühl, im Einklang mit der Welt zu sein. Beim Abklingen der Wirkung ruft es Depressionen und massive Unruhe hervor. Dies führt neben der massiven körperlichen Abhängigkeit u. a. dazu, den angenehmen und scheinbar ausgeglichenen Zustand in der Konsumphase wieder zu beleben. Eine Überdosierung kann zu Bewusstlosigkeit, Atemlähmung und sogar zum Tod führen. Unterschiedliche Infektionen (Geschwüre, Hepatitis, AIDS) sind häufig beobachtete Folgeerscheinungen der intravenösen Applikationsform. Heroin führt sehr schnell zu psychischer und körperlicher Abhängigkeit sowie zu einer Toleranzentwicklung. Die Entzugssymptome sind sehr stark ausgeprägt, wenn die Substanz nicht regelmäßig und in ausreichendem Umfang konsumiert wird. Über die Zahl der Heroinkonsumenten in Deutschland liegen keine vollkommen gesicherten Erkenntnisse vor. In der letzten Schätzung aus dem Jahre 1997 wird für Deutschland eine Zahl von 250.000 bis 300.000 Personen angenommen, die harte Drogen (Amphetamine, Ecstasy, Kokain und Opiate) konsumieren. Die Größe der Gruppe von Konsumenten harter Drogen mit hoher Konsumfrequenz und hoch riskanter Einnahmeform (intravenöser Konsum) wird mit 100 000 bis 180.000 Personen angegeben. Hier handelt es sich fast ausschließlich um Heroinkonsumenten und Abhängige mit polytoxikomanen Gebrauchsmustern. Die Mehrheit der Opiatabhängigen leidet unter komorbiden suchtmittelbezogenen Störungen, komorbiden psychiatrischen und somatischen Störungen sowie unter zahlreichen psychosozialen Belastungen. Antidepressiva ambulant verordnet zur Abmilderung des Entzugs erscheinen nicht sinnvoll. Meist nehmen die Betroffenen viel zu hohe Dosen. Risiko Grand-mal-Anfall, Herzrhythmusstörungen, bei einer meiner Patientinnen nahm das Kind eine toxische Menge ein, Außerdem vergrößert sich das Risiko eines anticholinergen Delirs. Zusätzlich werden häufig Benzodiazepine am liebsten Rohypnol (flunitrazepam) eingenommen. Bei einem Benzodiazepinentzug besteht neben der Gefahr, dass sich ein Delir entwickelt, ein Krampfrisiko. Da trizyklische Antidepressiva die Krampfschwelle senken, ist der Einsatz hier u.a. deshalb problematisch. Am sinnvollsten bei Auftreten eines Süchtigen in der Arztpraxis im tatsächlichen oder angeblichen Entzug ist eine Einzeldosis eines relativ lang wirksamen Benzodiazepins (z.B. 10mg Diazepam) an Ort und Stelle einnehmen lassen und den Pat. dann nach Hause schicken. Damit ist man auf der sicheren Seite, da ein ernsthaftes Benzoentzugssyndrom zunächst abgewendet ist und die Einzeldosis zu gering ist, als dass man gleich als „Szenetipp“ bekannt wird. Die Behandlung sollte ausschließlich in speziellen Methadonprogrammen o.ä. erfolgen. Eine individuelle Behandlung, die sich nicht an diesen Richtlinien orientiert, ist meist nicht sinnvoll. Das Opiatentzugssyndrom, das oft von den Betroffenen sehr dramatisch geschildert wird, ist in der Regel kein vital bedrohlicher Zustand, so dass dabei keine spezifischen Handlungsbedarf (Codein etc.) besteht. Die Mortalität unbehandelter Heroinabhängiger ist etwa 20-50x höher als die Gleichaltriger. Eine skandinavische Studie zeigte sehr gute Erfolge in der Behandlung mit Buprenorphin sublingual in Kombination mit psychosozialer Behandlung, die psychosoziale Behandlung alleine war ohne Erfolg. Buprenorphin könnte einer Behandlung mit Methadon überlegen sein. Es handelt sich um einen Opiatantagonisten, der die Wirkung von Heroin blockiert und angeblich keine Tendenz zur Dosissteigerung bewirkt. Die Toxizität und damit auch das Gesundheitsrisiko scheint erheblich geringer als bei Methadon. Todesfälle durch eine Überdosis Heroin sind eine „Normalität“ geworden, die meist nur noch eine Dreizeiler auf der Seite 3 der Tageszeitung wert ist. Neben AIDS sind Überdosierungen die häufigste Todesursache bei Drogenabhängigen. Ein möglicherweise bedeutsamer Teil dieser Todesfälle ist möglicherweise Folge einer erfolgreichen Entzugsbehandlung. Es ist allgemein bekannt, dass es relativ schnell eine Gewöhnung (oder Toleranz) an Heroin und andere Suchtstoffe gibt. Auch die daraus folgende Dosissteigerung ist allgemein bekannt. Nach längerem Entzug geht diese Toleranz des Körpers zurück. Kleinere Dosen reichen dann wieder aus um die Entzugserscheinungen zu unterdrücken und den gewünschten Effekt zu erzielen. Hohe Dosen können dann gefährliche Folgen haben. Schon seit längerem ist bekannt, dass Drogensüchtige nach Entlassung aus dem Gefängnis ein erhöhtes Risiko haben an einer Überdosis zu sterben. Sie überschätzen die Dosis, die sie benötigen und unterschätzen das Risiko. Jetzt wurde im British Medical Journal anhand einer Studie darauf hingewiesen, dass auch nach erfolgreicher Entgiftung ein erhöhtes Risiko besteht, an einer Überdosis zu sterben. Sollte sich dies in anderen Studien oder Beobachtungen bestätigen, müssten Drogenabhängige darüber aufgeklärt werden. Andere psychische Störungen sind bei Drogenabhängigen häufig, sowohl ursächlich, wie auch als Folge der Drogenabhängigkeit, aber auch unabhängig davon als einfache Komorbidität. Insgesamt kann festgestellt werden, dass viele Elemente der Behandlung Opiatabhängiger, z.B. die Reduktion des Heroinkonsums in Substitutionsbehandlung, in kontrollierten Studien belegt wurden. Bei der Differentialindikation zwischen therapeutischen Strategien, insbesondere bei der Wahl zwischen primär abstinenzorientierter Behandlung und Substitutionsbehandlung, erfolgt die Entscheidung nach klinischem Ermessen im Einzelfall. Eine besondere Bedeutung bei der Wahl von therapeutischen Strategien hat die Motivation des Patienten, eine bestimmte Therapie aufzunehmen

 

Quellen / Literatur:

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Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur