Hoigne-Syndrom

1959 erstmals von Hoigné als pseudoanaphylaktische Reaktion auf intramuskuläre Gaben von Procain-Penicillin G beschrieben. Kommt in jedem Alter vor, wird aber mit zunehmendem Alter häufiger, zur Häufigkeit allgemein gibt es sehr unterschiedliche Angaben bis zu jedem 200sten mit i.m. verabreichten Penicillinen behandelten Patienten. Pseudoallergische Nebenwirkung bei i.m. –Injektionen von Penicillinsalzen. Nach einer Übersicht, sollen 60% der Betroffenen zuvor unter einer Panikstörung gelitten haben- was auf eine Vulnerabilität bei Angstpatienten für dieses Syndrom hinweisen würde (Depression and Anxiety 4:139-143, 1996/1997). Kommt auch unter Amoxycillinbehandlung oder Procainbenzylpenicillin vor. Prokain, und andere Lokalanästhetika wie Lidokain oder Kokain sollen das Syndrom im Sinne eines Kindling-Phänomens ebenfalls auslösen können. Manche Autoren gehen davon aus, dass häufig eine leichte Hirnschädigung vor dem Ereignis begünstigend ist und dass verschiedenste andere Medikamente auch ursächlich sein können. Symptome: Schwindel, akute Todesangst, akustische und optische Halluzinationen, psychomotorische Erregungszustände, Depersonalisations- und Derealisationserleben, Wahrnehmungsveränderungen in Form von Körperschemastörungen, unmittelbar (Minute) nach i. m. –Injektionen und bis zu 14 Tage später als „latent type-reaction“, Symptomatik klingt schnell wieder ab Ursache: Mikrokristalle zu kalt gelagerter AM-Lösungen (bes. Depot-Penicilline) werden bei i. m. –Injektionen versehentlich in die venöse Strombahn gedrückt => embolischer Verschluss kleiner Hirnkapillaren. Therapie: Oft nicht behandlungsbedürftig, da es von alleine abklingt. Manchmal soll die Symptomatik nur Minuten dauern, dann wird man immer auf eine Behandlung verzichten. Wochenlange Symptome sind aber beschrieben. Je länger es dauert, und je schwerer die Symptome wird man dennoch behandeln. Bei primär schon vor der ursächlichen Behandlung vorhandenen psychischen Auffälligkeiten ist die Behandlungsindikation großzügiger zu stellen, da die Gefahr einer sekundären Herausbildung von ängstlich neurotischen Reaktionsmustern besteht. Gefährdet sind aber auch Herz-Kreislauf-Patienten. Prinzipiell sind die Symptome einer symptomatischen Behandlung mit Antipsychotika und Benzodiazepinen zugänglich.

 

Quellen / Literatur:

  1. RAHUL RAO, Penicillin Psychosis in Later Life: Hoigne’s Syndrome Revisited J Neuropsychiatry Clin Neurosci 11:517-518, November 1999
  2. Hoigné R, Schoch K (1959) Anaphylaktischer Schock und akute nichtallergische Reaktionen
    nach Procain-Penicillin. Schweiz Med Wochenschr 89:1350–1356
  3. Daig P., Paniagua M.J. Sindrome de Hoigne. Allergol Immunopathol (Madr). 2005 Jan-Feb;33(1):57-8.
  4. Zdziarski P. Hoigne syndrome as an acute non-allergic reaction to different drugs: case reports Pol Merkur Lekarski. 2001 Jun;10(60):453-5.
  5. W. Schreiber und J.C. Krieg Das Hoigné-Syndrom Kasuistik und aktueller Literaturüberblick Nervenarzt 2001 · 72:546–548
  6. Anibarro B, Sedane FJ: Adverse reaction to lidocaine. Allergy 1998; 53: 717 – 718
  7. H. Dassow, Vorlesung Arzneimittel-Nebenwirkungen, Universität Leipzig, Institut für Klinische Pharmakologie10/2002

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur