Konflikt

Zeitlich überdauernde Konflikte aus analytischer Sicht,

Abhängigkeit vs. Autonomie

Suche nach Beziehung (jedoch nicht Versorgung) mit ausgeprägter Abhängigkeit (passiver Modus) oder Aufbau innerer emotionalen Unabhängigkeit (aktiver Modus) mit Unterdrückung von Bindungswünschen (Familie/Partnerschaft/Beruf), Erkrankungen schaffen willkommene Abhängigkeit oder sind eine existentielle Bedrohung.

Unterwerfung vs. Kontrolle

Gehorsam/Unterwerfung (passiver Modus) versus Kontrolle/ Sich- Auflehnen (aktiver Modus) bestimmen die interpersonellen Beziehungen und das innere Erleben. Erkrankungen werden bekämpft oder sind ein zu erleidendes Schicksal, dem man sich (wie auch dem Arzt) fügen muss.

Versorgung vs. Autarkie

Die Wünsche nach Versorgung und Geborgenheit führen zu starker Abhängigkeit (dependent and demanding, passiver Modus) oder werden als Selbstgenügsamkeit und Anspruchslosigkeit abgewehrt (altruistische Grundhaltung, aktiver Modus). Bei Krankheit erscheinen diese Menschen passiv anklammernd oder wehren Hilfe ab. Abhängigkeit und Unabhängigkeit stehen jedoch nicht als primäre Bedürfnisse im Vordergrund.

Selbstwertkonflikte (Selbst- versus Objektwert)

Das Selbstwertgefühl erscheint brüchig bzw. resigniert, aufgegeben (passiver Modus) oder die kompensatorischen Anstrengungen zur Aufrechterhaltung des ständig bedrohten Selbstwertgefühls dominieren (pseudoselbstsicherer, aktiver Modus). Erkrankungen führen zu Selbstwertkrisen, können aber auch einen restitutiven Charakter für das Selbstbild haben.

Schuldkonflikte (egoistische vs. prosoziale Tendenzen

Schuld wird bereitwillig bis hin zu masochistischer Unterwerfung auf sich genommen und Selbstvorwürfe herrschen vor (passiver Modus), oder es fehlt jegliche Form von Schuldgefühlen, diese werden anderen zugewiesen und auch für Krankheit sind andere verantwortlich (aktiver Modus).

Ödipal- sexuelle Konflikte

Erotik und Sexualität fehlen inWahrnehmung, Kognition und Affekt (passiver Modus) oder bestimmen alle Lebensbereiche ohne dass Befriedigung gelingt (aktiver Modus). Nicht gemeint sind hier allgemeine sexuelle Funktionsstörungen anderer Herkunft.

Identitätskonflikte

Es bestehen hinreichende Ich- Funktionen bei gleichzeitig konflikthaften Selbstbereichen (Identitätsdissonanz): Geschlechtsidentität, Rollenidentität, Eltern-/ Kindidentität, religiöse und kulturelle Identität u.a. Der Annahme des Identitätsmangels (passiver Modus) steht das kompensatorische Bemühen, Unsicherheiten und Brüche zu überspielen, entgegen (aktiver Modus).

Eingeschränkte Konflikt- und Gefühlswahrnehmung

Gefühle und Bedürfnisse bei sich und anderen werden nicht wahrgenommen und Konflikte übersehen (passiver Modus) oder durch sachlich- technische Beschreibung ersetzt (aktiver Modus).

Verarbeitungsmodus

Vorherrschen einer passiven (Selbstrücknahme, Anpassung und Resignation) oder einer aktiven (aktiv, abwehrbetont, und kontraphobisch) Verarbeitung von lebensbestimmenden oder Aktual- Konflikten.

Das Wort Konflikt stammt vom lateinischen confligere, was soviel bedeutet wie aufeinander stoßen. In der Psychologie und Soziologie das Zusammentreffen von gegensätzlichen Interessen, die nicht gleichrangig befriedigt werden können. Analytisch: Man spricht in der Psychoanalyse von Konflikt, wenn sich im Subjekt gegensätzliche innere Forderungen gegenüberstehen. Der Konflikt kann manifest sein (zum Beispiel zwischen einem Wunsch und einer moralischen Forderung, oder zwischen zwei sich widersprechenden Gefühlen), oder latent und dabei in entstellter Form im manifesten Konflikt zur Darstellung kommen, oder sich in Symptombildung, Verhaltensstörungen, Charakterstörungen etc. äußern. Die Psychoanalyse betrachtet den Konflikt als konstitutiv für den Menschen, und dies unter verschiedenen Perspektiven: Konflikt zwischen dem Wunsch und der Abwehr, Konflikt zwischen den verschiedenen Systemen oder Instanzen, Konflikte zwischen den Trieben, endlich der ödipale Konflikt, wo nicht nur entgegengesetzte Wünsche einander konfrontiert werden, sondern wo diese dem Verbot Widerstand entgegensetzen. Häufig verwendet wird der Begriff der „spannungsgeladenen Auseinandersetzung“, wo unterschiedliche Motive, Interessen und Einstellungen aufeinander treffen Dies lässt vermuten, dass Konflikte negativ zu bewerten sind. Sie werden auch im allgemeinen Sprachgebrauch mit Ärger, Streit und Versagen in Verbindung gebracht. Doch die Art, wie mit dem Konflikt umgegangen wird, ist entscheidend, ob er als positiv oder negativ zu bewerten ist. Es wir häufig getrennt zwischen: – intrapersonellen (innere oder seelische Konflikte) und interpersonellen (äußere oder zwischenmenschliche) Konflikte. Es lassen sich diese Formen nicht immer scharf voneinander trennen. Ein intrapersoneller Konflikt kann die Ursache für einen interpersonellen Konflikt sein. Die intrapersonellen oder auch innerpsychischen Konflikte liegen in der Unvereinbarkeit mehrerer Verhaltenstendenzen in einer Person und können als Entscheidungsproblem aufgefasst werden. An interpersonellen Konflikten sind mindesten zwei Personen beteiligt. Man kann diese Konfliktform an verschiedenen Merkmalen festmachen a) Es besteht eine Interaktion, also ein aufeinander bezogenes Kommunizieren; das heißt nicht zwangsläufig ein grobes Gewalthandeln. b) Es treffen unterschiedliche Vorstellungen, Wahrnehmungen oder Denkweisen aufeinander, die mit einem unterschiedlichen Realisierungshandeln verbunden sind. c) Zu einem späteren Zeitpunkt kann dies auch das Gefühlsleben oder die Intentionen der Beteiligten beeinträchtigen. d) Wenigstens eine Partei erlebt die Interaktion so, dass sie die Gründe für das Nicht- Verwirklichen der eigenen Gedanken oder Vorstellungen der anderen Partei zuschreibt; wobei es nicht wichtig ist, ob dies der anderen Partei bewusst ist oder nicht. Im allgemeinen durchlaufen Konflikte unterschiedliche Phasen, die aus der nachfolgenden Tabelle ersichtlich werden. Im Verlauf eines Konfliktes kann dieser die Wahrnehmungsfähigkeit und das Denk- und Vorstellungsleben so sehr beeinträchtigen, dass die Dinge, die um einen herum geschehen, nicht mehr richtig gesehen werden. Auch die Gefühle werden stark beeinträchtigt, und die Menschen werden zwischen verschiedenen Empfindungen hin und her gerissen. Später breiten sich dann starke Gefühle aus, die sich schließlich festsetzen und eine Eigendynamik entwickeln. Ähnlich gravierend sind die Veränderungen im Willensleben der Betroffenen. Die Personen fixieren sich einseitig auf ihre vermeintlichen Interessen, die sie später dazu veranlassen Dinge zu tun, die sie normalerweise ablehnen würden. All diese seelischen Faktoren wirken zusammen und führen dazu, dass die Parteien immer mehr die Kontrolle über sich und den Konflikt verlieren. Die interpersonellen Konflikte lassen sich nach verschiedenen Kriterien ordnen. Betrachtet man die Struktur von Konflikten, können Verteilungskonflikte von Beurteilungskonflikten und Bewertungskonflikten unterschieden werden. Der Verteilungskonflikt wird in Nullsummenkonflikt und Nichtnullsummenkonflikt unterteilt. Von einem Nullsummenkonflikt wird gesprochen, wenn der Gewinn des einen Partners gleich groß dem Verlust des anderen ist, also der Gesamtnutzen mit Null zu bezeichnen ist. Häufig werden Konflikte fälschlicherweise von den Konfliktparteien als Nullsummenkonstellationen wahrgenommen und die Möglichkeit durch Austausch, Neubewertung oder Kooperation, eine für alle Beteiligten bessere Lösung zu erreichen, außeracht gelassen. Gelingt es, den scheinbaren Nullsummenkonflikt in einen Nichtnullsummenkonflikt umzuwandeln, dann ist dieser Konflikt häufig einfacher lösbar und bedeutet nicht unbedingt, dass einer verlieren muss, damit der andere gewinnen kann. Aber auch der Nichtnullsummenkonflikt führt nicht in jedem Fall für beide Parteien zu einem befriedigenden Ergebnis. Kommt es zu einer „distributiven Lösung“ wird eine Sache vordergründig gerecht geteilt, weil jede Partei genau eine Hälfte bekommt. Es ist aber häufig besser, wenn man nach einer „integrativen Lösung“ sucht. Dies setzt voraus, dass die Konfliktparteien genau ausloten, wo die einzelnen Interessen liegen. Wenn sich die Interessen ergänzen, so kann jeder bekommen, was er wünscht, ohne dem anderen seinen Wunsch unmöglich zu machen. Bei der Lösungsfindung sollte man sich die Interessen konzentrieren, nicht auf die Positionen. Durch bewegliches und originelles Denken können auch Lösungen gefunden werden, an die man vorher gar nicht dachte, die aber dennoch den eigenen Bedürfnissen gerecht werden. Aber nur selten handelt es sich um reine Verteilungskonflikte, denn bei der Betrachtung von Sachverhalten lassen wir immer unser inneres Wertesystem mit einfließen. Damit ist bei genauer Betrachtung der Verteilungskonflikt oft nur die Oberfläche für tiefer liegende Beurteilungs- oder Bewertungskonflikte. Bei einem Beurteilungskonflikt beeinflussen verschiedene Informationen oder Informationsquellen die Entscheidungen mit. Menschliche Entscheidungen werden unterschiedlich getroffen. So ist bei einigen der erste Eindruck der entscheidende, und nachfolgende Informationen werden nicht mehr so stark gewichtet (Primacy-Effekt). Andere Menschen hingegen bewerten relativ unabhängig von der Reihenfolge der Informationen. Bewertungskonflikte dagegen resultieren aus den unterschiedlichen Interessen, Zielen, Werten und Verhaltensregeln der Menschen. Bei der Bearbeitung eines Konfliktes stellt sich oft heraus, dass der vordergründige Konflikt gar nicht der ausschlaggebende ist. Wir können zwischen einer Erscheinungsebene und einer Hintergrundebene unterscheiden. Der sichtbare Konflikt ist gekennzeichnet durch verschiedene Positionen, die aufeinander treffen, und die nach außen sichtbar und bewusst sind. Dahinter können verschiedene Interessen oder Bedürfnisse verborgen sein. Das Spektrum der Hintergrundkonflikte ist vielfältig und reicht von den unterschiedlichen Interessen über gestörte Beziehungen, intrapersonale Probleme, unterschiedliche Werte bis zu strukturellen Konflikten und Kommunikationsproblemen. Im Prinzip kann jeder Problembereich in den aktuellen Vordergrund treten. Die Hintergrundkonflikte hängen oft miteinander zusammen und beeinflussen sich gegenseitig. So können Missverständnisse zu negativen Gefühlen führen und diese wiederum die Beziehung stören. Da diese unterschiedlichen Faktoren sich gegenseitig beeinflussen, ergibt sich daraus folgende Chance: wenn man an einer oder an mehreren Komponenten etwas verändert, dann kann sich auf den anderen Bereichen auch etwas zum Positiven verändern. Häufig sind Verständigungsstörungen der Grund für Konflikte. Diese Störungen können auftreten, da sich Kommunikation auf verschieden Ebenen abspielt, und es passieren kann, dass es dabei zu widersprüchlichen Botschaften an das Gegenüber kommt. Ein Zielkonflikt liegt dann vor, wenn zwischen zwei oder mehr gleich attraktiven Möglichkeiten etwas zu tun, zu erwerben etc., eine ausgewählt werden muss. Bei einem Vermeidungskonflikt muss aus mehreren Übeln, die man am liebsten alle vermeiden würde, eines ausgewählt werden. (Schüler-Streit-Schlichtung,Ein Training zur Verbesserung der Konfliktfähigkeit, Anne Greive)

Unterschiedliche Bedürfnisse / Interessen / Wertvorstellungen / Absichten der Kontrahenten

Gegensätzliche Verhaltensweisen

Wahrnehmen des Verhaltens

Subjektive Interpretation / Bewertung des Verhaltens, des Anderen

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Emotionen werden hervorgerufen

Konfliktbehandlung z.B. kooperatives Lösen / Ignorieren / Thematisieren / Ermahnen / Beschimpfen / Bestrafen

Konsens oder Fortbestehen / Eskalation

Quellen / Literatur:

Phasen eines Konfliktprozesses, modifiziert nach Knopf, H. (1996). Selbstkonfrontation, positive Selbstannahme und Selbstaktivierung. In H. Knopf (Hrsg.), Aggressives Verhalten und Gewalt in der Schule. (S. 83-104). München: Oldenbourg
(Schüler-Streit-Schlichtung,Ein Training zur Verbesserung der Konfliktfähigkeit, Anne Greive)

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur