Teilhabestörung

Beeinträchtigung der Teilhabe in bestimmten Lebensbereichen, der Begriff wird hauptsächlich bei sozialmedizinischen Fragestellungen wie Reha, Rente, oder Bestimmung des Grades der Behinderung benutzt. Bei letzterem geht es um einen gesundheitlichen Zustand der vom Lebensalter typischen abweicht und deshalb die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt. Teilhabe meint dabei das Einbezogensein einer Person in eine Lebenssituation bzw. einen oder mehrere Lebensbereiche. Im Gegensatz zur Leistung enthält der Begriff Teilhabe auch das subjektive Erleben, in dem eine Einschränkung der Teilhabe als Mangel erlebt wird. Der Begriff wird als Maßstab der Behinderung bei chronischen Erkrankungen verwendet. Nicht jede chronische Erkrankung führt zu einer Teilhabestörung. Eine chronische Erkrankung kann aber zu einer Einschränkung der Teilhabe in verschiedenen Lebensbereichen führen. Diese kann kodiert werden nach der Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit, ICF- Schlüssel (eigene nicht offizielle Übersetzung von der WHO Seite):Lernen und Wissensanwendung (Zweckgerichtet sensorische Wahrnehmung, (d110-d129), Grundlagen Lernen (d130-d159), Wissen anwenden (d160-d179), d198 Lernen und anwenden von Wissen und Fähigkeiten spezifiziert, d199 Lernen und anwenden von Wissen und Fähigkeiten nicht spezifiziert. Allgemeine Anforderungen und Aufgaben (d210 Bewältigung einzelner Aufgaben, d220 vieler Aufgaben, d230der alltäglichen Routine, d240 Umgang mit Stress und psychischen Anforderungen, d298 allgemeine Aufgaben oder spezifische Aufgaben, d299 allgemeine Anforderungen oder spezifische Anforderungen) Kommunikation: ( Kommunikation aufnehmend (d310-d329), Kommunikation aktiv produzierend (d330-d349), Konversation und Benutzung von Kommunikationsmitteln und Techniken (d350-d369), d398 andere spezifizierte Kommunikation, d399 andere nicht spezifizierte Kommunikation) (z.B. bei Sprach- oder Sprechstörungen oder psychischen Störungen) , Mobilität (Verändern und Aufrechterhalten der Körperposition(d410-d429), tragen, bewegen und benutzen von Gegenständen (d430-d449), Gehen und Fortbewegung (d450-d469), Fortbewegung mit Verkehsmitteln (d470-d489) d498 Fortbewegung andere spezifiziert, d499 Fortbewegung andere nicht spezifiziert) (z.B. bei Einschränkung der Gehfähigkeit durch Schlaganfall, MS, Polyneuropathie), Selbstversorgung (d510 sich selbst waschen, d520 Pflege von Köperteilen,d530 Toilette, d540 Anziehen, d550 Essen, d560 Trinken, d570 sich um die eigenen Gesundheitkümmern, d598 Selbstversorgung andere spezifiziert, d599 Selbstversorgung andere nicht spezifiziert.), Häusliches Leben, (Besorgung der Notwendigkeiten (d610-d629), Haushaltsaufgaben(d630-d649), Pflege von Haushaltsgegenständen und Hilfestellung für andere (d650-d669), d698 Häusliches Leben andere spezifiziert, d699 Häusliches Leben andere nicht spezifiziert) Interpersonelle Interaktionen und Beziehungen ( allgemeine interpersonelle Interaktionen (d710-d729), spezielle interpersonelle Interaktionen und Beziehungen (d730-d779), d798 andere Interpersonelle Interaktionen und Beziehungen spezifiziert, d799 andere Interpersonelle Interaktionen und Beziehungen nicht spezifiziert) (z.B. bei schweren psychischen Störungen), andere subjektiv bedeutende Lebensbereiche, Wesentliche Lebensbereiche (Bildung (d810-d839), Arbeit und Verfügbarkeit eines Arbeitsplatzes (d840-d859), wirtschaftliches Leben(d860-d879), > d898 andere Wesentliche Lebensbereiche spezifiziert, d899 andere Wesentliche Lebensbereiche nicht spezifiziert) Gemeinschafts-, soziales und staatsbürgerliches Leben (d910 Gemeindeleben, d920 Freizeit und Erholung, d930 Religion und Spiritualität, d940 Menschenrechte, d950 politisches Leben und bürgerliche Rechte, d998 andere Gemeinschafts-, soziales und staatsbürgerliches Leben spezifiziert, d999 andere Gemeinschafts-, soziales und staatsbürgerliches Leben nicht spezifiziert,). Wenn in den aus dem ICF genannten Bereichen durch eine Behinderung die Teilhabe gestört ist oder allgemein die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist und damit die selbständige und selbstbestimmte Lebensführung beeinträchtigt ist, dann spricht man von einer Teilhabestörung. In wie weit die zutrifft hängt meist nicht nur von der medizinischen Diagnose sondern auch von zahlreichen persönlichen Faktoren (auch dem Willen) und konkreten (oft variablen) Umgebungsfaktoren ab. Eine Behinderung damit oft Folge oder Begleiterscheinung einer chronischen Erkrankung, nicht aber mit dieser oder deren Diagnose gleichzusetzen. Das Ausmaß der Beeinträchtigung der Teilhabe bestimmt auch das Ausmaß der Behinderung. Die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) versucht solche Teilhabestörungen zu erfassen. Es werden verschieden Messskalen z.B. in Rehakliniken erprobt und auf Nützlichkeit und Handhabbarkeit überprüft. § 2 Abs. 1 SGB IX und § 3 BGG unterscheiden zwischen der Gesundheitsstörung und der Teilhabestörung. Leistungen zur Teilhabe nach SGB IX (§ 4) umfassen die notwendigen Sozialleistungen, um unabhängig von der Ursache der Behinderung die Behinderung abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern, Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit oder Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug anderer Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern, die Teilhabe am Arbeitsleben entsprechend den Neigungen und Fähigkeiten dauerhaft zu sichern oder die persönliche Entwicklung ganzheitlich zu fördern und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie eine möglichst selbständige und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen oder zu erleichtern.

 

Quellen / Literatur:

ICF Michael F. Schuntermann VDR Rehabilitationswissenschaftliche Abteilung Berlin ICF: WHO Hypertext, Searchable on-line version deutsche Langfassung: www.dimdi.de

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur