Verwöhnung ist in mancher Hinsicht genauso gefährlich wie Misshandlung und Vernachlässigung. Wie immer im Leben ist die vernünftige Mitte und die Berechenbarkeit gefragt. Nur weil man die Strenge der Eltern und Großeltern ablehnt sollte man nicht in das Gegenteil verfallen, der Schaden könnte noch größer sein. Auch die beste Erziehung bietet keine 100%ige Gewähr für ein gesundes, zufriedenes und erfolgreiches Kind. Kinder tragen mit zunehmendem Alter auch zunehmend Verantwortung für sich selbst. Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten, muss früh gelernt werden, ein Prozess den man steuern kann, Kindern aber nicht abnehmen kann. Ab der Pubertät wird der Einfluß der Gleichaltrigen größer, als der der Eltern. Je Partnerschaftlicher das Verhältnis um so eher bleibt dann auch noch ein sinnvoller elterlicher Einfluss als Korrektiv. Erziehung braucht Glaubwürdigkeit, Verständnis und Konsequenz. Verwöhnt wird in der Erziehung durch Verhalten und durch Rahmenbedingungen, welche im wirklichen Leben zum Scheitern oder zum Konflikt führen. Verwöhnung kann die ersehnte Anerkennung unmöglich machen, Lob, wohlwollendes Begleiten verlieren bei zielloser Verwöhnung ihren Wert. Verwöhnung, Vernachlässigung und Sadismus sind mit einer
erfolgreichen Erziehung nicht vereinbar. Familien- und Partnerstress machen es
besonders schwer, den Gefahren der Verwöhnung zu begegnen: Bei so viel Trauer,
Unglück und Verlust liegt Verwöhnung als Schmerzpflaster nahe. Unwissenheit
und Konfliktunfähigkeit der Eltern können ebenso Motive der Verwöhnung
sein. Übermäßige Versorgung mit immer neuen Spielsachen, völliger Verzicht auf
Verpflichtungen, ständiges Nachgeben bei jedem neuen Trend, erleichtert
kurzfristig die Situation, langfristig werden die Forderungen größer und immer
schwerer zu befriedigen. Eine häufige Form der
Verwöhnung ist der Verzicht darauf, dem Kind Grenzen zu setzen. Verwöhnung soll
häufig Zuneigung zeigen, kann aber wirkliche Gefühle nicht ersetzen, die mit
Verwöhnung erreichte Harmonie bleibt so brüchig wie eine solche auf Grundlage
einer Bestechung. Auch in der
Beziehung zu Kindern gilt eine ausgewogene Balance von Geben und Nehmen als
stabilisierend. Eltern können mit Verwöhnung kurzfristig Konflikten und Tränen
ausweichen, langfristig werden Konflikte damit immer schwerer lösbar. Verwöhnung
ist manchmal der scheinbar bequemste Weg für alle. Eltern wie andere
Erzieher müssen für ihre Kinder berechenbar sein. Verzweiflung gehört zum
Elterndasein. Elternsein ist eine mühsame Bastelei. Am wenigsten berechenbar ist
eine Wankelpädagogik mit einem Wechsel zwischen: Mal Laisser- faire, mal extrem
autoritär. Eltern sollten ehrlich, offen und neugierig sein, sich nicht als
rechthaberische Überflieger gebärden. Kinder müssen von ihren Eltern auch lernen
können mit Fehlern umzugehen, wenn Eltern keine Fehler machen können sie hier
auch kein Vorbild sein. Schuldgefühle sind die schlechtesten Erzieher. Fehler in
der Erziehung gehören dazu, schließlich gibt es keine universal gültige
Gebrauchsanweisung. Fehler machen Eltern menschlich, und ermöglichen den Kindern
über ihre Eltern hinaus zu wachsen (so sie eingestanden werden). Kinder dürfen
und müssen auch in Bereichen besser sein als ihre Eltern sonst können sie kein
Selbstwertgefühl entwickeln. Der Ehrgeiz fehlerfrei zu erziehen ist eine
Illusion. Genormte Gebrauchsanweisungen für die Erziehung gibt es nicht.
Perfektionismus in der Erziehung schadet. Lob und Positive
Verstärker werden oft vergessen. Sie sollten ehrlich sein und eine reale
Grundlage haben. Das sinnvolle Maß an Zuwendung sollte an der Entwicklung
eines Kindes und Jugendlichen orientiert sein. Maßgeblich ist die Beachtung
seiner Entwicklungsschritte, Erwartungen, Möglichkeiten und Grenzen. Eine
gesunde Haltung ist dabei wohlwollend und ermutigend, auf Selbstvertrauen und
Eigenverantwortung gerichtet. Fehlverhalten bedarf der möglichst umgehenden
Korrektur und der Klärung unter Achtung der Persönlichkeit des Kindes.
Entwicklung lebt von Bedürfnisspannungen, Pole von Trauer und Freude, Angst und
Sicherheit gehören selbstverständlich dazu. Sie bilden den Motor und die
Motivation für Weiterentwicklung, wo Bedürfnisse vorzeitig befriedigt werden,
fehlt die Tiefe im Erleben und die Chance für Entwicklung. Auch durch noch so
unermüdliche Anstrengung lässt keine dauerhafter Glückzustand erreichen,
unangenehme Emotionen haben im bewältigbaren Rahmen die Funktion Motivation für
Weiterentwicklung zu sein. Bei Bedürfnisbefriedigung ohne Einsatz von Arbeit und
Energie, schleifen sich Reize ab, bei immer seichterer Emotion werden die
Ansprüche immer größer. Der Verwöhnte will immer mehr und ist immer schlechter
zufrieden zu stellen. Delikatessen werden fade und wertlos, immer schnellere
Autos werden langweilig, jeder Luxus verliert bei Gewöhnung seinen Reiz,
Steigerungen sind aber selten unbegrenzt möglich. .Der Traum vom
Schlaraffenland, in dem die gebratenen Tauben direkt vom Baum in den Mund
fallen, würde so er wahr würde schnell zu Langeweile, Frustration,
Krankheit und Tod führen. Die Schwierigkeiten des Lebens dürfen auch
Kindern nicht vorenthalten werden, wer die gefährlichen oder anstrengenden
Seiten der Realität verleugnet, ist deshalb noch längst nicht vor ihnen sicher.
Eine Abflachung der Gefühlswelt kann ebenso Folge der Verwöhnung sein, wie eine
innere Verrohung, es muss dann immer etwas ganz besonderes passieren, damit sich
überhaupt etwas im Gefühlsleben tut. Der Charakter wächst mit der
Notwendigkeit sich mit der Realität auseinandersetzen zu müssen, wird dies nicht
gelernt, können Arbeitsstörungen und ein destruktives Verhalten die Folgen sein.
Die Zeit 30. April 2001 (S C H U L E & F A M I L I E Die Elternkatastrophe Von Susanne Gaschke) definiert in einem Leitartikel Verwahrlosung als "Erziehungsverweigerung". "Dabei handelt es sich nicht bloß um sozial Benachteiligte; Erziehungsverweigerung findet sich ebenso unter viel beschäftigten Akademikern. Die Gründe für die wachsende Gleichgültigkeit sind vielfältig: Im Westen speist sie sich aus falsch verstandenen Restbeständen der antiautoritären Ideologie (die heute freilich nur noch Bequemlichkeit maskiert) und einem über Jahrzehnte eingeübten Selbstverwirklichungsritual. Im Osten beanspruchte der Staat ohnehin das Monopol auf die Erziehung und gewöhnte die Eltern an den pädagogischen Volldienstleister. Alle, die Schulkinder haben, kennen Vertreter der verantwortungslosen Minderheit von Elternversammlungen: Wenn deren Kind keine Hausaufgaben macht, muss sich der Lehrer einsetzen. Wenn es andere Kinder schlägt, ist es provoziert worden. Wenn die Noten absacken, wird erst der Nachhilfelehrer, dann der Anwalt mobilisiert. Wenn der Urlaub sich nicht anders buchen lässt, fangen die Ferien eben eine Woche früher an. Solche Erziehungs-"Berechtigten" lassen sich nur Rechte, aber keine Pflichten zurechnen. Die Mehrheit der Eltern muss sich gegen diese Unbekümmertheit zur Wehr setzen. Die Frage, wie weit man eine der privatesten Angelegenheiten, die Kindererziehung, an den Staat delegieren kann, gehört an jeden Elternstammtisch, auf jedes bildungspolitische Podium. Es ist kein Angriff auf die Menschenrechte, wenn man Eltern auch am Ende eines Arbeitstages Zuwendung zu ihren Kindern abverlangt, die über das Aushändigen der Fernbedienung hinausgeht." Der Lehrervarband: http://www.lehrerverband.de (Deutscher Lehrerverband (DL) - Burbacher Straße 8 - 53129 Bonn) "Nach den Vorstellungen des Lehrerverbandes, der dazu jetzt eine Denkschrift veröffentlicht hat, müsse jede Bildungsoffensive in der Kinderstube beginnen. Die meisten Eltern erzögen ihre Kinder auch immer noch verantwortungsbewusst und konsequent. Aber ihr Anteil schrumpfe. Wenn aber die Zahl der Eltern, die ureigene Aufgaben an die Schule delegierten oder die aus Gründen der Bequemlichkeit auf erzieherische Einflussnahme verzichteten, immer größer werde, dann habe die Schule keine Chance, die Bildungsqualität zu verbessern. Es sei für die Lehrerschaft etwa ein Horror zu erleben, wenn manche Eltern sogar zehn und mehr schriftliche Mahnungen der Schule abschüttelten und ihre Kinder tags darauf wieder ohne erledigte Mathematik- oder Englischaufgabe in die Schule kämen.Konkret fordert der Verband die Eltern auf, dass sie ihre Kinder zu festen Lern- und Arbeitsgewohnheiten führen sollten. Zudem sei darauf zu achten, dass die Schule bei den Kindern Priorität vor Freizeit- oder Jobinteressen habe. Außerdem müssten Eltern darauf Wert legen, dass die Kinder eine sinnvolle Ernährung hätten. Wichtig ist den Lehrern darüber hinaus, dass sich Elternhaus und Schule als Partner in der Erziehung verstünden und sich beide im Rahmen einer solchen Erziehungspartnerschaft ehrlich klarmachten, wer was zu machen habe und wer was besser könne. Unter anderem heiße das: Eltern dürften der Schule keine Aufgaben zuweisen, die sie nicht leisten könne. Partnerschaftlich zu kooperieren heiße ferner: Substanzlose Schuldzuweisungen müssten unterbleiben. Eltern sollten vielmehr schulische Hinweise bzw. Entscheidungen ernst nehmen und nicht ohne Grund in Zweifel ziehen..........".
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