Karl C. Mayer, Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Psychoanalyse

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Wadenkrämpfe und andere Krampi

Es handelt sich dabei um plötzliche unwillkürliche sicht- und tastbare Zusammenziehungen, meist eines Muskels bzw. eines großen Teils davon. Sie können spontan in Ruhe auftreten, werden aber häufiger durch willkürliche Betätigung der Muskeln ausgelöst. Gewöhnlich lassen sie sich durch kräftige Dehnung des befallenen Muskels bzw. Betätigung des Gegenmuskels wieder auflösen.

Da auch bei vielen schwerwiegenden neurologischen Erkrankungen (z.B.: Spastik bei Läsionen im Hirn und Rückenmark, Polyneuropathien, amyotrophe Lateralsklerose...)  und Syndromen Muskelkrämpfe auftreten können, sollte sicherheitshalber immer eine neurologische Ausschlussdiagnostik erfolgen. Auch an mögliche Stoffwechselstörungen sollte gedacht werden. (Störungen des Wasser und Elektrolythaushaltes, Hyperthyreose, M. Addison, Leberzirrhose,  Alkoholmissbrauch aber auch Medikamente wie beta-Sympathomimetika, Betablocker mit partiell agonistischer Aktivität, Calciumantagonisten, Statine und Clofibrinsäurederivate, Diuretika.

Die Wadenmuskeln sind davon am häufigsten betroffen. Seltener sind auch die übrigen Beugemuskeln der Beine, Zehen sowie die Finger- und Zehenstrecker betroffen. Im Gegensatz zu Schmerzen werden die Muskelkrämpfe nicht durch arterielle Durchblutungsstörung ausgelöst. Das häufige Auftreten der Krampi bei Beinschwellungen durch Krampfadern geht eher auf Veränderungen der Salzzusammensetzung der Flüssigkeit in den Beinen zurück. Krampi können sehr viele verschiedene Ursachen haben, deshalb ist es zunächst immer wichtig die auslösenden Krankheiten zu erkennen und zu behandeln. Häufige Ursachen sind ungewöhnliche körperliche Anstrengung, besonders in Kälte, Überlastung der Muskeln durch Gelenkdeformitäten, Schlafentzug, Alkohol, Nikotin, Störungen des Wasser- und Salzhaushaltes des Körpers, Krampfadern mit Schwellneigung der Beine. Auch in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft sind Wadenkrämpfe möglicherweise als Ausdruck eines latenten Magnesiummangels häufig. Daneben gibt es verschiedene Erkrankungen der peripheren Nerven, die Wadenkrämpfe auslösen können.

Entsprechend steht in der Behandlung zunächst die Suche nach der Ursache und die Behandlung der Ursache bzw. das Vermeiden des Auslösers im Vordergrund. AWenn dadurch kein Erfolg eintritt, sollte man zunächst Wechselbäder, Bein- und Fußgymnastik sowie Warmhalten der Beine versuchen. Bei nächtlichen Wadenkrämpfen sollte man bei Bauchlage nachts die Füße über die Matratze hinausragen lassen, bei Rückenlage die Fußsohlen am Bettende abstützen, falls dies ohne Behinderung des Schlafs möglich ist. Bei akuten Wadenkrämpfen ist die Dehnung der Wadenmuskulatur am sinnvollsten. Auch bei anderen Muskelkrämpfen gilt, dass zunächst die verkrampfte Muskulatur gedehnt werden sollte.

Darüber hinaus haben einfache Dehnungsübungen einen guten vorbeugenden Effekt.

Sie können solche Dehnungsübungen ganz einfach mit einem Stuhl machen, wie unten bildlich dargestellt. Alternativ an einer Wand.  Durch unterschiedlich starkes Abstützen mit den Händen an einer ca. 1 m entfernten Wand mit gestreckten Beinen und Fersen auf dem Boden wird immer wieder neu eine Position eingenommen, bei der ein mäßiges Ziehen in den Waden auftritt. Diese Position wird 10 sec. beibehalten und dann nach 5 sec. Pause erneut eingenommen. Diese Übung soll 3 mal täglich durchgeführt werden. Ein guter Effekt tritt meistens schon nach einer Woche ein. Erst wenn diese Maßnahmen keinen Erfolg haben sollte man medikamentöse Behandlungsversuche unternehmen.

Nebenwirkungsarm ist ein Versuch mit Magnesiumpräparaten, besonders in der Schwangerschaft ist die Wirksamkeit der Magnesiumgabe belegt. Gut belegt ist die Wirksamkeit von Chininpräparaten, allerdings sind hier auch Nebenwirkungen, vor allem bei Überdosierung, wie Schwindel, Sehstörungen, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen möglich. Es kommen aber auch gefährliche Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen, Thrombozytopenie, disseminierte intravasale Gerinnung, hämolytisch-urämisches Syndrom  vor. Deshalb ist eine Therapieüberwachung mit EKG und Labor erforderlich. Auch hämolytisch-urämisches Syndrome die rechtzeitig erkannt werden können, dauerhaft ernsthafte Folgen haben, nach einer Studie hatte mehr als die Hälfte der von dieser Komplikation betroffenen  Patienten eine dauerhafte Nierenschädigung (Kreatinin-Clearance < 40 ml/min. ein Jahr nach Auftreten der Erkrankung). Chinin schmerzstillende und fiebersenkende Wirkungen, es wird neben seinem Einsatz als Getränk (Bitter Lemmon)  auch in der Malaria-Vorbeugung eingesetzt. Ebenfalls lange bekannt sind die muskelrelaxierenden Eigenschaften von ChininIn einer Studie sprachen 80 % der Patienten auf Chininsulfat (Limptar® N 400 mg) an, in der Placebogruppe trat bei  53 % eine Besserung auf. Diener HC, Dethlefsen U, Dethlefsen-Gruber S, Verbeek P.Int J Clin Pract 56, 2002, 243). Wesentliche Unterschiede bezüglich der Nebenwirkungen zwischen Plazebo und Chininsulaft wurden bei der kurzdauernden Behandlung in der Studie nicht gesehen.

  • Eine Metaanalyse zeigt, dass Chininsulphat wirksamer als Plazebo  ist und nächtliche Wadenkrämpfe reduziert.
  • Die Dosis ist kumulativ, ein Behandlungsversuch sollte mindestens 4 Wochen dauern, um einen Effekt beurteilen zu können
  • Wirksamkeit ist für Chinin nur in der Prophylaxe belegt nicht bei der Behandlung einzelner Wadenkämpfe.
  • Allgemein bekannt sind mögliche Herzrhythmusstörungen als Nebenwirkung. Tinnitus, Schwindel, Sehstörungen, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen scheinen die häufigsten Nebenwirkung zu sein. Möglicherweise zu selten erkannt ist eine lichenoide Photo- oder Lichtsensitivität als Nebenwirkung. Beschrieben sind auch ernsthafte Nebenwirkungen wie Pancytopenie, Koagulopathie, und Nierenversagen.
  • Dehnungsübungen bleiben das Mittel der Wahl, Chininpräparate (Limptar) nur bei Wirkungslosigkeit der Dehnungsübungen und erheblichem Leidensdruck.

 

 (Siehe auch

  1. Malcolm Man-Son-Hing, George Wells, Meta-analysis of efficacy of quinine for treatment of nocturnal leg cramps in elderly people BMJ 1995;310:13-17 (7 January) ,

  2. Dawson, T A J (1995). Side effect of quinine for nocturnal cramps. BMJ 310: 738a-738

  3. Man-Son-Hing M, Wells G, Lau A. Quinine for nocturnal leg cramps: a meta-analysis including unpublished data.J Gen Intern Med. 1998 Sep;13(9):600-6. MEDLINE]
  4. Leclerc KM, Landry FJ.Benign nocturnal leg cramps. Current controversies over use of quinine.Postgrad Med. 1996 Feb;99(2):177-8, 181-4. Review.MEDLINE] 
  5. Mandal AK, Abernathy T, Nelluri SN, Stitzel V.Is quinine effective and safe in leg cramps?J Clin Pharmacol. 1995 Jun;35(6):588-93. Review.MEDLINE]
  6. Leitlinie DGN
  7. Diener HC, Dethlefsen U, Dethlefsen-Gruber S, Verbeek P. Effectiveness of quinine in treating muscle cramps: a double-blind, placebo-controlled, parallel-group, multicentre trial. Int J Clin Pract 56, 2002, 243-6
  8. Jansen PH, Veenhuizen KC, Wesseling AI, de Boo T, Verbeek AL.Randomised controlled trial of hydroquinine in muscle cramps. Lancet. 1997 Feb 22;349(9051):528-32.
  9. Arzneiverordnung in der Praxis ~ Ausgabe 3/2002 http://www.akdae.de/25/Archiv/200203.pdf 
  10. Leitlinie Muskelkrampf

     

 

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