Anorexia nervosa

Die Anorexie ist eine komplexe psychosomatische Erkrankung. Sie wird primär durch folgende Merkmale charakterisiert: Erheblicher Gewichtsverlust (mindestens 15 bis 25 % des Ausgangsgewichts) bei einer nicht rational begründeten Angst, übergewichtig zu sein oder zu werden. Viele Patientinnen erreichen ein Körpergewicht von 30 kg oder weniger. Gestörte Körperwahrnehmung: noch im völlig ausgezehrtem Zustand oft kurz vor dem Hungertod fühlen sich die Patientinnen »zu dick«. Extrem fettarme und kalorienarme Ernährung , vorwiegender Verzehr von Obst und Salat. Das Denken der Patientinnen kreist ständig um Figur, Gewicht und Essen. ,Ausbleiben der Regelblutung. Viele Patientinnen sind intelligent und überangepasst; häufig bestehen ausgeprägte Kontaktstörungen. Geht häufig mit übertriebenem Sport, Missbrauch von Abführmitteln oder Appetitzüglern sowie immer mit extremer Furcht vor dem Dickwerden und krassen Verzerrungen des Körperschemas einher. Meist treten erhebliche soziale Folgeprobleme auf: Isolation, Einengung der Interessen, Vernachlässigung familiärer und sonstiger Bindungen.

Prognostisch negative Faktoren bei psychogenen Essstörungen

Genetische Disposition

Hereditäre psychopathologische Belastung

Schwere prämorbide Entwicklungsstörung

Große Zeitspanne zwischen Krankheitsbeginn und Therapie

Mangelhafte Therapiebereitschaft

Geringe Introspektionsfähigkeit

Kombination mit anderen Krankheiten und Süchten

Ausgeprägte psychische Symptomatologie

Zwänge, Selbstbeschädigung, Suizidversuche

Abbrüche der Therapie

Somatische Folgen der Krankheit

Sozialmedizische Folgen der Krankheit

sozialer Abstieg

keine berufliche Perspektive

Rentenverfahren

Hospitalisation

Fehlende Kontinuität der Langzeittherapie

„Therapieabriss“ nach stationärer Behandlung

Nach H. Csef, Magersucht und Bulimia nervosa Monatsschr Kinderheilkd 1999 · 147: 396–406 Springer-Verlag 1999

Indikationen für die stationäre Behandlung psychogener Essstörungen

1.) Arrhythmien ohne Elektrolytstörung (ausgenommen milde Brady- oder Tachyarrhythmie)

2.) Jegliche Arrhythmie im Kontext mit einer anderen medizinischen Komplikation (z.B. Schwindel, Brustschmerz)

3.) Arrhythmien im Zusammenhang mit Erbrechen, Laxanzien- oder Diuretikaeinnahme

4.) EKG- oder hämodynamische Veränderungen mit Symptomen (z. B. Schwindel, Brustschmerz)

5.) >40 % Gewichtsverlust insgesamt oder >30 % Gewichtsverlust in den letzten 3 Monaten

6.) Unabhängig von der Eßstörung bestehende andere Erkrankungen, vor allem Diabetes, Asthma o. ä.

 

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur