Ressourcenaktivierung

Eine Fülle über die verschiedensten Therapieformen und -settings verteilter Forschungsergebnisse weist darauf hin, dass man Patienten besonders gut helfen kann., indem man an ihre positiven Möglichkeiten, Eigenarten, Fähigkeiten und Motivationen anknüpft, indem man die Art der Hilfe so gestaltet, dass der Patient sich in der Therapie auch in seinen Stärken und positiven Seiten erfahren kann. Eine der wichtigsten Ressourcen, die für den therapeutischen Veränderungsprozess genutzt werden können und sollten, sind die zwischenmenschlichen Beziehungen des Patienten. Für ein gutes Therapieergebnis spielt es nach hunderten von Forschungsbefunden eine sehr wichtige Rolle, in welchem Ausmaß der Patient seinen Therapeuten als ihn unterstützend, aufbauend, in seinem Selbstwert positiv bestätigend erlebt. Dabei kommt es vor allem darauf an in welchem Ausmaß der Patient sich selbst als fähig zu einer guten Beziehung erleben kann. Die Bedeutung, die eine gelungene Aktivierung dieser wichtigen Ressource für das Therapieergebnis hat, ist unmittelbar einleuchtend: Wenn ein in seinem Selbstwert angeschlagener Mensch sich als Psychotherapiepatient nicht auf seine problematischen Seiten reduziert, sondern in seinen positiven Zielen und Fähigkeiten erkannt, bestätigt und unterstützt fühlt, dann erlebt er sich allein dadurch schon in veränderten Bedeutungen mit direkten positiven Auswirkungen auf sein Wohlbefinden, aber auch mit einer erhöhten Aufnahmebereitschaft für veränderungsorientierte therapeutische Interventionen. Nur selten nimmt die Mehrzahl von Therapeuten sich bietende Gelegenheiten wahr, den Patienten oder Familien oder Paare sich in seinen oder ihren positiven Seiten erleben zu lassen. In den meisten von uns bisher analysierter; Therapieprozessen von ganz unterschiedlichen Therapieformen ist das Prinzip der Ressourcenaktivierung eher missachtet als ausdrücklich gepflegt worden. Und auch in den Ausbildungsgängen der verschiedenen Therapierichtungen sucht man meist, glücklicherweise nicht immer, vergeblich nach Ausbildungsbestandteilen, bei denen ein Training in der Aktivierung positiver Ressourcen im Mittelpunkt tritt. In einer sich am empirischen Ergebnisstand orientierenden Psychotherapie müsste dieses Wirkprinzip in der Therapiepraxis, in den Ausbildungsgängen und in der Supervision eine stärkere ausdrückliche Aufmerksamkeit erfahren, als es gegenwärtig geschieht. Eine optimale Nutzung des Wirkfaktors der Ressourcenaktivierung verlangt, dass der Therapeut sein therapeutisches Angebot ganz auf die Möglichkeiten und Eigenarten des Patienten abstellt. Dafür ist eine möglichst große Flexibilität und Variabilität im therapeutischen Repertoire erforderlich Therapeuten, die ihr therapeutisches Angebot nur innerhalb der Grenzen einer bestimmten Therapieschule variieren können, sind in ihren Möglichkeiten zur Nutzung dieses Wirkfaktors stark eingeschränkt. Die optimale Nutzung dieses wichtigen therapeutischen Wirkfaktors erfordert Psychotherapeuten, die über die Begrenzungen der einzelnen Therapieschulen hinaus ausgebildet wurden und handeln können.

 

Quellen / Literatur:

K.Grawe, Was sind die wirklich wirksamen Ingredienzien der Psychotherapie?

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur