Selbsterfüllende Prophezeiung

Selbsterfüllende Prophezeiungen bedeuten, dass Vorhersagen wahr werden oder sich erfüllen, weil daran geglaubt wird und die Vorhersage an sich zum eintreten der „Prophezeiung“ führt. „Eine sich selbst erfüllende Prophezeiung ist eine Annahme oder Voraussage, die rein aus der Tatsache heraus, dass sie gemacht wurde, das angenommene, erwartete oder vorhergesagte Ereignis zur Wirklichkeit werden lässt und so ihre eigene „Richtigkeit“ bestätigt.“ (Watzlawick) Ein Versuch teilte Grundschüler nach Durchführung eines Intelligenz-Tests zufällig in intelligente und weniger intelligente Schüler ein. Die 20% denen gegenüber den Lehrern besondere Begabungen zugesprochen worden waren, hatten dann nach einem Jahr deutlich über durchschnittliche Schulleistungen. Ähnliche Versuche haben wiederholt solche Wirkungen zeigen können. Dies ist auch die Grundlage warum attraktiven Menschen, großen Menschen.. mehr zugetraut wird. Auch der Verlauf von Börsenkursen kann durch Gerüchte über sich Selbsterfüllende Prophezeiungen bestimmt werden. Hier liegt auch der Nutzen und Schaden von Wahrsagerei und ähnlichem begründet. Optimisten machen meist positive Vorhersagen, und haben damit eine bessere Aussicht Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Dieser Effekt liegt auch der Plazebowirkung zugrunde. Selbsterfüllende Prophezeiungen können also eine positive Kraft sein. Allerdings gehört zur Möglichkeit der Plazebowirkung auch die Möglichkeit der negativen Nozebowirkung. Selbsterfüllende Prophezeiungen haben auch eine wichtige Funktion bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Voruteilen. Eigene Erwartungen gegenüber einer anderen Person oder Personengruppe beeinflussen das eigene Verhalten in Richtung dieser Erwartungen. Die andere Person stellt ihr Verhalten darauf ein, reagiert beispielsweise auf wahrgenommene Ablehnung oder Misstrauen. Dieses an sich reaktive Verhalten der anderen Person wird selektiv wahrgenommen im Sinne einer Hypothesenbestätigung, ohne zu erkennen, das erst die eigene Einstellung und das eigene Verhalten dies provoziert hat. Die eigene Erwartungen, die „Prophezeiung“, hat sich bestätigt. Die durch Druck der Gesellschaft entstehende Rollenübernahme, an deren Ende eine veränderte Persönlichkeit der Stigmatisierten (Körperbehinderte, Junkies, Kriminelle, psychisch Kranke) steht, nennt Hohmeier ‚unmittelbare Sozialisation‘. Gemeint ist damit, dass bereits mit der Stigmatisierung ein Prozess in Gang gesetzt wird, der einen Zwang zur Identifizierung mit der devianten Rolle bewirkt. Stigmatisierte übernehmen infolge des Konformitätsdrucks Verhaltensweisen, die man bei ihnen vermutet. Entsprechend passt sich ihr Selbstbild mit der Zeit den Zuschreibungen sowie den Bedingung ihrer sozialen Situation an.

 

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur