Spiegelschrift

Nach einer australischen Zeitungsumfrage ist möglicherweise einer von 6500 ein Spiegelschreiber. Der Begriff Spiegelschrift wurde 1878 von Buchwald geprägt, das Phänomen war aber schon Jahrhunderte vorher bekannt. Am bekanntesten sind dabei einzelne Texte von Leonardo da Vinci in Spiegelschrift. Es ist immer wieder gerätselt worden, ob er diese Spiegelschrift als Geheimschrift einsetzte. Gegen diese These spricht dass Leonardo da Vinci auch in jungen Jahren und durchgängig durch sein gesamtes Leben auch in persönlichen Notizen immer wieder in Spiegelschrift geschrieben hat. Er war wie die allermeisten Spiegelschreiben Linkshänder. Wenn Handgeschriebenes von rechts nach links geschrieben wird, nur mit Mühe ohne Spiegel lesbar ist, und unter Zuhilfenahme eines Spiegels sich wie eine normale Handschrift liest, stammt dieses Schreiben meist aus der Feder eines Linkshänders. Dies schließt auch umerzogene Linkshänder ein. Bei der Spiegelschrift sind auch die einzelnen Buchstaben gespiegelt. Spiegelschrift kommt bei Rechtshändern extrem selten vor. Spiegelschrift wird meist absichtlich- manchmal aber auch vom Schreiber unbemerkt als Spiegelschrift geschrieben. Manche Linkshänder sind ohne Übung in der Lage in Spiegelschrift zu schreiben. Manchmal wird ein ganzer Text in Spiegelschrift geschrieben, manchmal nur einzelne Worte oder Buchstaben. Ob es sich dabei immer um das selbe Phänomen handelt ist strittig. Das Schreiben in Spiegelschrift ist zumindest meist willentlich unterdrückbar. Nur wenige Spiegelschreiben können normale Schrift im Spiegel besser lesen, sind also „Spiegelleser“. Manche dieser sehr seltenen Menschen sollen auch allgemein Worte rückwärts buchstabieren. Spiegelschrift kommt häufig bei linkshändigen Grundschulkindern vor und verschwindet meist mit dem Teenageralter. Spiegelschrift wird fast ausschließlich mit der linken Hand geschrieben. Spiegelschrift kommt in Sprachen, in denen generell von rechts nach links geschrieben wird häufiger vor (Chinesisch, Japanisch, und Hebräisch). Es kommt vor, dass Menschen die bei einer Verletzung der rechten Hand gezwungen sind links zu schreiben, dann mit der linken Hand in Spiegelschrift schreiben. Selten scheint das Schreiben in Spiegelschrift erblich zu sein. Selten kommt Spiegelschrift auch bei gesunden Erwachsenen vor. Manchmal ist Spiegelschrift aber auch ein Symptom einen meist die linke Hirnhälfte betreffenden krankhaften Prozesses. Dann finden sich meist auch andere Störungen durch Rechts/Linksverwechslung. Beschrieben ist ein neu aufgetretenes Schreiben in Spiegelschrift nach Schlaganfällen, diffusen Hirnschädigungen und auch als Alterprozess. Spiegelschrift ist dabei ein motorisches Phänomen oder geht auf eine Störung in der Planung der Motorik zurück, es entspricht nicht primär einer kognitiven Störung. Möglicherweise handelt es sich um eine Minderung oder eine Verlust einer intra- und/oder interhemispherischen kortikale Hemmung.

pathologische Spiegelschrift ist beschrieben bei:

  • Kindern mit ‘‘geistiger Behinderung’’, Lernschwierigkeiten oder Dyslexie
  • die linke Hirnhälfte betreffenden krankhaften Prozessen
  • wie nach Schlaganfall, Schädelhirntrauma mit fokaler linkshirniger Läsion, Hirnabszessen
  • extrem selten bei Schädigungen der rechten Hirnhälfte
  • diffusen Hirnschädigungen und auch als Alterprozess, oder bei Demenz
  • degenerativen Hirnerkrankungen ( bei essentiellem Tremor, M. Parkinson und spinocerebellarer Degeneration)

 

Quellen / Literatur:

  1. G D Schott Mirror writing: neurological reflections on an unusual phenomenon, J. Neurol. Neurosurg. Psychiatry 2007;78:5-13.ABSTRACT | FULL TEXT
  2. G. D. Schott, MD, FRCP; J. M. Schott, MD, MRCP Mirror Writing, Left-handedness, and Leftward Scripts Arch Neurol. 2004;61:1849-1851.
  3. Buchwald. Spiegelschrift bei Hirnkranken. Berl Klin Wochenschr 1878;5:6–8.
Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur