Medulla-oblongata-Syndrome

Wallenberg-Syndrom

bei einseitigem Infarkt im Bereich der dorso-lateralen Medulla oblongata (seitliches und hinteres verlängertes Mark) bei Durchblutungsstörung im Bereich der Arteria cerebelli posterior inferior. Es kommt zu Drehschwindel und Fallneigung zur Seite der Schädigung, Hemiataxie auf der Seite der Schädigung, einer dissoziierten Empfindungsstörung mit Minderung des Schmerz- und Temperaturempfindens auf der Gegenseite und einer Minderung der Oberflächensensibilität auf der Seite der Schädigung. Hinzukommen, Nystagmus, Schluckstörung, heiserer Stimme, Horner-Syndrom( Miosis, Ptosis und Enpohthalmus) auf der Seite der Schädigung. Vegetative Symptome wie schneller Puls, Atemschwierigkeiten oder schwer kontrollierbarer lange anhaltender Schluckauf können dazu kommen. Das Wallenberg-Syndrom ist das häufigste aller klassischen Hirnstammsyndrome. Der Ausprägungsgrad ist variabel, nicht alle Symptome sind immer vorhanden.

Babinski-Nageotte-Syndrom

Seltene Variante des Wallenberg-Syndroms mit etwas medialerer Medulla-oblongata-Schädigung. Zusätzlich zum Wallenberg-Syndrom kontralateral zum Herd lokalisierte Hemiparese (Läsion der Pyramidenbahn). Ursächlich ist eine Ischämie in den Versorgungsgebieten der lateralen medullären Arterien, die aus der A. cerebelli posterior inferior stammen, und teilweise auch durch Ischämien im Vaskularisationsbereich der für die Blutversorgung der Pyramidenbahn verantwortlichen medialen (anteromedialen) paramedianen medullären Arterien, die aus der A. spinalis anterior stammen.

Cestan-Chenais-Syndrom

Seltene Variante des Wallenberg-Syndroms , wie beim Babinski-Nageotte-Syndrom Verbreiterung der lateralen Medulla-oblongata-Läsion nach basal. Der Tractus spinocerebellaris posterior Flechsig (Pedunculus cerebellaris inferior) bleibt jedoch im Unterscheid zum Wallenberg-Syndroms und Babinski-Nageotte-Syndrom intakt. Im Gegensatz zum Wallenberg-Syndrom keine zerebelläre Hemisymptomatik aber kontralaterale Hemiparese wie beim Babinski-Nageotte-Syndrom. Kontralaterale Sensibilitätsstörungen müssen bei diesen Patienten nicht dissoziiert sein.

Jackson-Syndrom

Die medial lokalisierte Läsion der Medulla-oblongata mit Schädigung des Hypoglossuskerns und der Pyramidenbahn auf der geschädigten Seite. Ipsilaterale Zungenparese (periphere Hypoglossusparese) und kontralaterale Hemiparese. Extrem seltenes Syndrom „reduzierte” Variante eines wesentlich häufigeren medialen Medulla-oblongata-Syndroms, des Dejerine- oder Dejerine-Spiller-Syndroms.

Avellis-Syndrom

Ipsilaterale Gaumensegel- und Rachenhinterwandparese, Stimmbandlähmung, kontralaterale Hemiparese. (Avellis hatte diese eigentlich ipsilateral beschrieben). Neuroanatomisch Folge lateraler Medulla-oblongata-Infarkte mit Affektion des Nucleus ambiguus Nn. vagi et glossopharyngei und der Pyramidenbahn.

Dejerine-Spiller-Syndrom

mediale Medulla-oblongata-Läsion mit Ausfall des Nucleus N. hypoglossi (ipsilaterale Zungenlähmung), welche mit einer Läsion des ebenso medial lokalisierten Lemniscus medialis (kontralaterale Hemihypästhesie) und der basaler liegenden Pyramidenbahn (kontralaterale Hemiparese) kombiniert ist.

Tapia-Syndrom

Stimmband- und Zungenlähmung durch Schädigung des Nucleus ambiguus Nn. vagi et glossopharyngei, Rachenhinterwandparese und ipsilateraler Zungeparese, durch Schädigung des Nucleus N. hypoglossi mit kontralateraler Hemiparese durch Pyramidenbahnschdädigung. Bedingt durch eine intermediolaterale Läsion der Medulla oblongata. Wenn auch Tractus spinothalamicus und Tractus descendens N. trigemini beteiligt sind kommt es zusätzlich zur kontralateralen Hemihypästhesie, das Syndrom wird dann zentrales Tapia-Syndrom genannt, da es auf eine ventromediale tegmentale Affektion der Medulla zurückgeht.

Reinhold-Syndrom Hemimedulläres

Ipsilaterales Horner-Syndrom, Gaumensegel-, Stimmband- und Pharynxparese, Trigeminusausfall und zerebelläre Hemiataxie sowie kontralateral eine dissoziierte Hemihypästhesie bzw. Hemianästhesie mit einem Ausfall der Schmerz- und Temperatursensibilität wie beim Wallenberg-Syndrom durch Läsion der gleichen Kerne und Bahnen. Außerdem wurden eine ipsilaterale Zungenlähmung (periphere Hypoglossusparese durch Läsion des medial lokalisierten Hypoglossus-Kernes) und eine kontralaterale Hemiparese (Läsion der ebenso medialen Pyramidenbahn) wie beim Dejerine-Spiller-Syndrom beobachtet. Durch gleichzeitige Infarzierungen der medianen, paramedianen, lateralen und dorsalen Areale der Medulla oblongata verursacht.

Schmidt-Syndrom

periphere einseitige Läsion aller vier kaudalen Hirnnerven (Nn. glossopharyngeus, vagus, accessorius und hypoglossus) in Form einer unilateralen Gaumensegel- und Rachenhinterwandparese, einer Stimmbandlähmung, einer atrophischen Zungenlähmung sowie einer Lähmung und Atrophie des M. sternocleidomastoideus und des oberen M. trapezius.

Vernet-Syndrom

Periphere Läsion der Hirnnerven IX, X und XI im Foramen jugulare. Heiserkeit, Schluckstörungen mit Regurgitation von Flüssigkeit durch die Nase, Hypersalivation und Hustenanfälle. Paralyse des oberen Pharynxkonstriktors mit (Kulissenphänomen mit Dislokation der Pharynxhinterwand zur gesunden Seite bei Stimulation der Pharynxhinterwand oder bei Phonation von „a” und „ei”), Geschmacksstörungen im hinteren Zungendrittel, Hemianästhesie von Velum palatinum, Pharynx und Larynx, Stimmbandlähmung sowie Paresen der Mm. sternocleidomastoideus und trapezius. Daneben auch eine Hirnstammaffektionen mit zentralem oder alternierendem Vernet-Syndrom mit ipsilateralen nukleären Paresen der Hirnnerven IX bis XI und kontralateraler Hemiparese.

 

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur