Ironie

Ironie drückt die Emotionen, Einschätzungen und Einstellungen eines Menschen in indirekter Form aus, meist in dem das Gegenteil von dem, was in der wörtlichen Rede ausgesagt ist, gemeint ist. Beispiel: Frau M. will morgens ihre Kinder in den Kindergarten fahren und das Auto springt nicht an. Sie kommentiert: „Der Tag fängt ja gut an heute“. Vom Zuhörer wird erwartet, dass er den Gegensatz zwischen der wörtlichen Aussage und dem tatsächlich gemeinten versteht. Der Sprecher hat seine negative Sichtweise und seine Frustration positiv und weniger angreifbar – indirekt- ausgedrückt. Ironie kann sich auf eine Situation, Sichtweise, andere Menschen oder auch die eigene Person beziehen. Eine Sonderform der Ironie ist Sarkasmus. Sarkasmus wird meist benutzt um implizite Kritik am Zuhörer oder der Situation auszudrücken. Beispiel: Frau M. steigt zu ihrem Mann ins Auto, der fährt los, bevor sie richtig eingestiegen ist, so dass sie fast wieder aus dem Wagen fällt. Sie sagt: „Du bist heute aber wieder rücksichtsvoll“. Sarkasmus wird also in Situationen benutzt, die negative Gefühle hervorrufen und drückt in der Regel Missbilligung, manchmal Spott, Verachtung und Zorn aus. Das Verstehen von Sarkasmus setzt ein Verstehen der Absichten des Sprechers in der Situation voraus. Hierfür wird soziales Denken und die Fähigkeit, Gefühle, Wünsche, Absichten und Vorstellungen Anderer zu erkennen, zu verstehen und vorherzusagen vorausgesetzt. Man braucht hierfür eine „Theory of Mind“. Autisten haben beispielsweise eine defizitäre Theory of Mind und können deshalb Ironie und insbesondere Sarkasmus nicht verstehen. Nach Untersuchungen können auch Menschen mit Schädigungen der praefrontalen Hirnrinde Ironie und Sarkasmus nicht verstehen. Die Sprachareale der linken Hirnhälfte ermöglichen das Verstehen der wörtlichen Äußerung. Die rechtsseitigen Frontallappen und die rechte Hirnhälfte verarbeiten den intentionalen, sozialen und emotionalen Zusammenhang des Gesagten und identifizieren den Widerspruch zwischen der wörtlichen Bedeutung des Satzes und dem sozialen/emotionalen Kontext. Die rechte ventromediale praefrontale Hirnrinde verbindet dann die wörtliche Bedeutung des Gesagten mit dem sozialen/emotionalen Wissen über die Situation und ähnlichen früher durchlebten Situationen und ermöglicht so dem Zuhörer die tatsächlich gemeinte Bedeutung einer sarkastischen Äußerung zu verstehen.

 

Quellen / Literatur:

S.G. Shamay-Tsoory, et al., “The Neuroanatomical Basis of Understanding Sarcasm and Its Relationship to Social Cognition,”; Neuropsychology, 2005, Vol. 19, No. 3, 288–300

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur