Diskriminationstraining

Begriff aus der Verhaltenstherapie für das Erlernen von Unterschieden bezüglich Wahrnehmungen und Reaktionen für die bisher eine unangemessene Verallgemeinerung (z.B. alle Männer sind gewalttätig) benutzt wurde. Ziel ist also eine Wahrnehmungsdifferenzierung und Verhaltensdifferenzierung. Theoretischer Ausgangspunkt ist das gegenteilige Phänomen der Reizgeneralisierung. Auch dem ursprünglichen konditionierten Stimulus ähnliche Reize lösen, wie im Pawlow`schen Hundeexperiment, auch beim Menschen ähnliche Emotionen, Wahrnehmungen und Reaktionen aus. Die konditionierte Reaktion wird also bei einer Reizgeneralisierung auch von ähnlichen Reizen ausgelöst. Diese Reizgeneralisierung kann bei manchen Lernvorgängen und Reaktionen sehr sinnvoll sein. Wenn die Reizgeneralisierung aber zu undifferenzierten und nicht mehr der Situation angepassten Verallgemeinerungen der Wahrnehmungen und daraus folgend auch der Reaktionen = des Verhaltens führt, muss die differenziertere Wahrnehmung oder Sichtweise und die differenziertere Verhaltensweise erlernt werden. Dies ist die Aufgabe des Diskriminationstrainings.

Diskriminationstraining wird in der Regel in Kombination mit anderen Techniken der Verhaltenstherapie wie Verstärkung, Verhaltensformung, Selbstkontrolle, soziales Lernen kombiniert eingesetzt. Dabei sollen gezielt behindernde Generalisierung durch sinnvolle Unterscheidungsleistungen ersetzt werden. Z.B. soll die visuelle Wahrnehmung durch Training verbessert werden, oder es sollen Schlüsselreize, die zu Aggressionsdurchbrüchen, oder Vermeidungsverhalten führen differenzierter gesehen werden. Im Lerntraining bei kognitiv impulsiven Kindern soll die Lernmotivation durch einen durch die Unterscheidung zwischen wichtigen und unwichtigen Reizen besser sich einstellenden Lernerfolg verbessert werden. In der Traumatherapie soll der Betroffene lernen zwischen der aktuellen Situation, der Bedeutung des aktuellen Reizes und der traumatischen durchlebten Situation zu unterscheiden (Wahrnehmung der Unterschiede zwischen damals und heute, mit dem Ziel der sich dadurch verändernden emotionalen Reaktion). Der Betroffene soll sich beispielsweise fragen: Was ist heute hier und jetzt anders als damals in der traumatischen Situation? Sind es die selben Personen, kann ich besser flüchten, bin ich in der Lage Nein zu sagen, mich zu wehren, …..Durch die differenziertere Wahrnehmung sollen die daraus folgenden Reaktionen verbessert werden. Die Betroffene soll lernen Situationen differenzierter wahrzunehmen und differenzierter auf Situationen zu reagieren. Dies bedeutet, dass Unterschiede z.B. im Verhalten anderer, der Einschätzung von Menschen Objekten oder Situationen, die subjektiv für die Person wichtig sind differenzierter wahrgenommen werden. Unangemessene oder suboptimale Reaktionen der Betroffenen können dadurch besser hinterfragt werden und im 2. Schritt kann das Handlungsmuster differenziert (erweitert) werden. Oft geht es dabei darum, zu Lernen auf einen bestimmten Hinweisreiz zu reagieren und auf einen anderen nicht zu reagieren. Es soll gelernt werden, welches Verhalten in welcher Situation angemessen ist oder nicht. Aggressives Verhalten soll beispielsweise durch prosoziales Verhalten ersetzt werden, das panische Vermeidungsverhalten bei Patienten mit PTBS soll durch situationsangemessenes differenziertes Verhalten ersetzt werden.

 

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur