Betreuung

Nach fast 100 Jahren wurde am 1. Januar 1992 die Entmündigung für Volljährige per Gesetz abgeschafft; das neue Betreuungsrecht trat in Kraft. Sind Personen wegen einer geistigen oder körperlichen Behinderung nicht in der Lage, ihre alltäglichen Geschäfte vollständig oder zumindest teilweise zu besorgen, so kann durch das Vormundschaftsgericht ein Betreuer bestellt werden. Angelegenheiten, die vom Betroffenen nicht mehr geregelt werden können, werden nun vom Betreuer besorgt. Seine Kompetenzen beschränken sich also sowohl lediglich auf Teilbereiche im Leben des Betroffenen, wie auch auf sämtliche Bereiche, wenn dies erforderlich ist. Ein gewählter Betreuer muss die Betreuung übernehmen, wenn er geeignet ist und man ihm die Betreuung zumuten kann. Dies bedeutet für volljährige Menschen, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten nicht mehr oder nur teilweise erledigen können, eine deutliche Verbesserung ihrer schwierigen Situation. Den Betroffenen wird ein Betreuer zur Seite gestellt, der ihre Interessen und Rechte da vertritt, wo sie dieses selbst nicht können. Das neue Betreuungsrecht gilt seit dem 1.1.1992. Es hat die Entmündigung , Vormundschaft und Pflegschaft (für Erwachsene) durch die Betreuung (§ 1896 ff. BGB) ersetzt und diese somit zum einzigen Instrument staatlicher Rechtsfürsorge für den schutzbedürftigen Erwachsenen im bürgerlichen Recht gemacht. Die Betreuung bewirkt grundsätzlich keinerlei Einschränkungen in folgenden Bereichen: Teilnahme am Brief- und Fernmeldeverkehr, Eheschließungen, Errichten eines Testaments, Wahlrecht (hier besteht nur dann ein Ausschluss, wenn die Betreuung alle Angelegenheiten umfasst). § 1896 BGB [Voraussetzungen der Betreuung](1) Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt das Vormundschaftsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer. Den Antrag kann auch ein Geschäftsunfähiger stellen. Soweit der Volljährige auf Grund einer körperlichen Behinderung seine Angelegenheiten nicht besorgen kann, darf der Betreuer nur auf Antrag des Volljährigen bestellt werden, es sei denn, dass dieser seinen Willen nicht kundtun kann. (2) Ein Betreuer darf nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten oder durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. (3) Als Aufgabenkreis kann auch die Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten bestimmt werden. (4) Die Entscheidung über den Fernmeldeverkehr des Betreuten und über die Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten seiner Post werden vom Aufgabenkreis des Betreuers nur dann erfasst, wenn das Gericht dies ausdrücklich angeordnet hat. § 1904 BGB [Ärztliche Maßnahmen] (1) Die Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustandes, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Grund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet. Ohne die Genehmigung darf die Maßnahme nur durchgeführt werden, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist. (2) Absatz 1 gilt auch für die Einwilligung eines Bevollmächtigten. Sie ist nur wirksam, wenn die Vollmacht schriftlich erteilt ist und die in Absatz 1 Satz 1 genannten Maßnahmen ausdrücklich umfasst. (ob sich diese Bestimmung auch auf den Behandlungsabbruch und Behandlungsverzicht erstreckt, ist in der Rechtsprechung umstritten.) § 1906 BGB [Unterbringung] (1) Eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil 1. auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt, oder 2. eine Untersuchung des Gesundheitszustandes, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann. (2) Die Unterbringung ist nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zulässig. Ohne die Genehmigung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; die Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen. (3) Der Betreuer hat die Unterbringung zu beenden, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Er hat die Beendigung der Unterbringung dem Vormundschaftsgericht anzuzeigen. (4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend, wenn dem Betreuten, der sich in einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhält, ohne untergebracht zu sein, durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll. (5) Die Unterbringung durch einen Bevollmächtigten und die Einwilligung eines Bevollmächtigten in Maßnahmen nach Absatz 4 setzt voraus, dass die Vollmacht schriftlich erteilt ist und die in den Absätzen 1 und 4 genannten Maßnahmen ausdrücklich umfasst. Im übrigen gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend. http://www.ruhr-uni-bochum.de/zme/Lexikon/ http://www.vgt-ev.de/ Neufassung des Bürgerlichen Gesetzbuchs >pdf… Textausgabe… BGH, Beschluß vom 8. Juni 2005 – XII ZR 177/03 zur künstlichen Ernährung gegen den Willen des Betreuers: Verlangt der Betreuer in Übereinstimmung mit dem behandelnden Arzt, daß die künstliche Ernährung des betreuten einwilligungsunfähigen Patienten eingestellt wird, so kann das Pflegeheim diesem Verlangen jedenfalls nicht den Heimvertrag entgegensetzen. Auch die Gewissensfreiheit des Pflegepersonals rechtfertigt für sich genommen die Fortsetzung der künstlichen Ernährung in einem solchen Fall nicht (im Anschluß an BGHZ 154, 205). b) Hat sich der Rechtsstreit durch den Tod des Patienten erledigt, rechtfertigt der Umstand, daß die strafrechtlichen Grenzen einer Sterbehilfe im weiteren Sinn („Hilfe zum Sterben“) bislang nicht hinreichend geklärt erscheinen, eine gegenseitige Kostenaufhebung nach § 91 a ZPO.

 

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur