Drogenmissbrauch

Fortgesetzter Gebrauch trotz des Wissens um ständige oder wiederholte soziale, berufliche, psychische Schwierigkeiten oder körperliche Gefährdung. Missbrauch kann zur Abhängigkeit (= Sucht) führen.

Eine Abhängigkeit kann dann diagnostiziert werden, wenn während des letzten Jahres 3 oder mehr Kriterien gleichzeitig vorgelegen haben
1. Ein starker Wunsch oder eine Art Zwang, psychotrope Substanzen zu konsumieren.
2. Verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge des Konsums.
3. Ein körperliches Entzugssyndrom bei Beendigung oder Reduktion des Konsums, nachgewiesen durch die substanzspezifischen Entzugssymptome oder durch die Aufnahme der gleichen oder einer nahe verwandten Substanz, um Entzugssymptome zu mildern oder zu vermeiden.
4. Nachweis einer Toleranz. Um die ursprünglich durch niedrigere Dosen erreichten Wirkungen der psychotropen Substanz hervorzurufen, sind zunehmend höhere Dosen erforderlich…
5. Fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügungen oder Interessen zugunsten des Substanzkonsums, erhöhter Zeitaufwand, um die Substanz zu beschaffen, zu konsumieren oder sich von den Folgen zu erholen.
6. Anhaltender Substanzkonsum trotz Nachweises eindeutiger schädlicher Folgen, wie z.B. Leberschädigung durch exzessives Trinken, depressive Verstimmungen infolge starken Substanzkonsums oder drogenbedingte Verschlechterung kognitiver Funktionen. Es sollte dabei festgestellt werden, dass der Konsument sich tatsächlich über Art und Ausmaß der schädlichen Folgen im Klaren war oder dass zumindest davon auszugehen ist.
Suchtstoff Typ der Abhängigkeit
Opiate, Heroin, Codein, Dihydrocodein, Methadon Morphintyp
Nikotin
Amphetamine Amphetamintyp
LSD Halluzinogentyp
Kokain Kokaintyp
Benzodiazepine Barbiturate/Alkohol Barbiturat-/Alkoholtyp
Cannabis Cannabis/Marihuana-Typ
Substanz akute Wirkung chronischer Missbrauch
Haschisch bis zu 14 Tagen: Reduzierung von Kurzzeitgedächtnis Entfernungseinschätzung Reaktionsvermögen Konzentration, Motivation Psychisch-pathologische Auswirkungen: Halluzinationen mit bleibenden drogeninduzierten Psychosen, sozialer Rückzug amotivationales Syndrom, Hirnzellenschäden, gestörte Immunabwehr Lungenschäden
Heroin, Opium bis zu 5 Tagen: Unruhe, Angst, Reizbarkeit bei Entzug, Pupillenverengung, Appetitlosigkeit Depressionen, häufig Hepatitis, AIDS, Schnelle Abhängkeitsentwicklung, Verwahrlosung und Kriminalität.
Kokain,
Amphetamine
bis zu 4 Tagen: Schlaflosigkeit Erschöpfung, Depressionen, Appetitlosigkeit Depressionen, Psychosen, Verfolgungswahn, Leberschäden
LSD bis zu 2 Tagen: Sinnestäuschungen, unkonventionelle Risikobereitschaft Wahnvorstellungen, Psychosen, Flash-back-Räusche
Konsumenten von illegalen Drogen 1995
Drogenart

Westen

Osten

in % der Befragten

Insgesamt

14,6

4,0

– Cannabis

13,9

3,6

– Heroin

0,6

0,1

– andere Opiate

1,2

0,2

– Kokain

2,2

0,2

– Aufputschmittel

2,8

0,7

Quelle: IFT, Gebrauch psychoaktiver Substanzen bei Erwachsenen in Deutschland 1996. Die Angaben beziehen sich auf 18-59jährige Personen, die in ihrem Leben zumindest einmal illegale Drogen genommen haben.

Die Beteiligung von Lernprozessen ist bei der Aufrechterhaltung von Abhängigkeit unumstritten. Als ursächlich für eine wiederholte Substanzeinnahme nach längerer Abstinenz werden konditionierte drogengegensinnige und drogengleichsinnige Zustände gesehen, welche drogenassoziierte (internale oder externale) Reize ausgelöst werden und zu Drogenverlangen und Drogeneinnahme führen. Psychotrope Substanzen aktivieren dopaminerge Neurone, so dass drogenassoziierte Reize durch Lernprozesse einen emotionalen Wert erhalten und die Aufmerksamkeit kanalisiert wird. Diese Neuronensensitivierung ist persistent und kann nach längerer Abstinenzzeit wieder aktiviert werden. Zahlreiche Studien zur Untersuchung der Reagibilität („cue reactivity“) mit drogenrelevanten Reizen weisen auf unterschiedliche reizinduzierte psychophysiologische Antwortmuster und teilweise fehlende Zusammenhänge zwischen peripherphysiologischen Parametern und dem Drogenverlangen hin.

 

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur