Hypoglykämie

siehe auch unter Siehe unter Diabetes mellitus und HbA1c, Ketoazidose Polyneuropathie
Unterzuckerungen, Blutzuckerspiegel unter 50mg/dl mit entsprechenden Symptomen (siehe unten), die mit Gabe von Kohlehydraten gebessert werden können. Unter Diabetikern auch Hypos genannt. Man spricht also von einer Hypoglykämie, wenn außer dem Laborwert mit einer Plasmaglukose <2,8mmol/l oder 50mg/dl typische Symptome vorliegen und es nach Gabe von Kohlenhydraten zur Besserung der Symptome kommt (Whipple’sche Trias). Die kapilläre Blutzuckermessung gilt im Bereich von Hypoglykämien als ungenau; diagnostisch zuverlässig ist die Plasmaglukose. Spontane Hypoglykämien kommen selten auch bei Insulinomen etc. vor. Hier sollen nur die häufigen Hypoglykämien bei Diabetikern besprochen werden. Hypoglykämien kommen bei insulinbehandelten Typ 1 Diabetikern häufiger als beim Typ 2 Diabetes vor, in einzelnen Studien wird aber eine vergleichbare Häufung bei Typ 2 wie bei Typ 1 Diabetikern angegeben. Die Häufigkeit hängt von der Intensität der Diabeteseinstellung ab. Mit Intensivierung der Einstellung nimmt sie zu. ( Leese 2003) . Unter oralen Antidiabetika sind Hypos seltener als unter Insulinbehandlung. Bei einer Beobachtungszeit von 6 Jahren traten bei Typ 2 Diabetikern in der U.K. Prospective Diabetes Study (UKPDS), bei 2.4% der Metformin behandelten, bei 3.3% der mit Sulfonylharnstoffpräparaten behandelten und bei 11.2% der Insulinbehandelten schwere Hypoglykämien auf, die eine ärztliche Behandlung oder einen Krankenhausaufenthalt erforderlich machten. Bei Type 1 Diabetikern trat in der Diabetes Control and Complications Studie (DCCT) im Verlauf von 6,5 Jahren bei 65% schwere Hypoglykämien auf, die eine ärztliche Behandlung oder einen Krankenhausaufenthalt erforderlich machten. Da allerdings in der DCCT Studie eine striktere Stoffwechseleinstellung angestrebt wurde als in der UKPDS Studie ist davon auszugehen, dass bei diesem Vergleich die Häufigkeit beim Typ 2 Diabetes unterschätzt wird. Hypoglykämien gehören bei Typ 1 Diabetikern mit intensivierter Insulineinstellung zum Alltag. Die Plasmaglukosewerte sind hier oft zu 10% unter 50–60 mg/dl (2.8–3.3 mmol/l). Sie haben im Durchschnitt 2 Episoden einer symptomatischen Hypoglykämie pro Woche- Tausende solcher Episoden im Leben mit dem Diabetes, und meist eine schwere Hypoglykämie im Jahr. Geschätzte 2–4% der Todesfälle bei Typ 1 Diabetes gehen auf eine Hypoglykämie zurück. Bei Typ 2 D. die mit Medikamenten behandelt werden sind sie seltener, allerdings deshalb nicht weniger gefährlich. Durch Sulfonylharnstoffe ausgelöste Hypoglykämien können besonders lange anhaltend sein. Milde Hypoglykäemien werden dadurch definiert, dass autonome Symptome auftreten, die der Patient selbst problemlos behandeln kann, bei mittleren Hypoglykämien treten autonome und neuroglykopenische Symptome (Konzentrationsstörungen, Verwirrung, Muskelschwäche, Schwindel, Sehstörungen, Sprech- und Sprachstörungen, Kopfschmerzen , Benommenheit, Müdigkeit, ungenauer Gang, weiche Knie, abwesendem Verhalten, Gereiztheit, Albernheit, und ungewöhnlich krakelige Schrift) Bei schweren Hypoglykämien ist der Patient auf fremde Hilfe angewiesen, Bewusstlosigkeit kann auftreten. Diabetesbehandlung wäre einfach, gäbe es nicht das Risiko einer Hypoglykämie. Das vom Körper selbst produzierte Insulin reagiert in Minuten auf die Blutzuckerwerte, durch Spritzen zugeführtes Insulin wirkt über Stunden (gilt auch für die kurzwirkenden Insulinanaloga), die Tabletten beim Typ 2 Diabetiker oft den ganzen Tag. Die Hypoglykämien sind also beim Diabetes in der Regel Folge der Behandlung (iatrogene Hypoglykämie), sie sind deshalb immer Folge eines absoluten oder relativen Insulinüberschusses. Ein absoluter oder relativer Insulinüberschuss tritt auf, wenn a) Insulindosen (oder die Dosen der Insulinsekretion fördernde Medikamente, bzw. Insulinsensibilisierer) zu hoch sind, zum falschen Zeitpunkt verabreicht werden, oder das falsche Medikament verwendet wird. b) Die exogene Glukosezufuhr reduziert ist (fehlende Zwischenmahlzeit bei konventioneller Insulinbehandlung, nachts wenn nichts gegessen wird…c) die endogene Glukoseproduktion vermindert ist wie nach Alkoholgenuss (Diabetikerweine etc. sind hier schlechter als normale Getränke, die einen entsprechenden Kohlehydratanteil enthalten) d) der Glukoseverbrauch erhöht ist wie beim Sport. e) die Sensitivität für Insulin in den Muskelzellen etc. erhöht ist, wie später nach dem Sport, mitten in der Nacht, nach Gewichtsverlust, bei verbesserter Fitness, oder verbesserter Stoffwechseleinstellung z.B. mit einem Insulinsensibilisierer. f) Wenn die Insulinclearance in der Niere vermindert ist, wie bei zunehmendem Nierenversagen. Schwere Hypoglykämien können zu Bewusstlosigkeit, epileptischen Anfällen, schweren Hirnschäden und Tod führen. Beim Insulinmangel -Diabetes wird das Insulin nach ärztlicher Anweisung zugeführt. Die Insulinspiegel sinken nicht ab, wenn der Glukosespiegel fällt. Eine gleichzeitig fehlende Glukagon und Adrenalinantwort verhindert einen kompensatorischen Blutzuckeranstieg. Verminderte Reaktionen des Sympathoadrenalen vegetativen Nervensystems vermindern auch die Wahrnehmung der Hypoglykämie. Normalerweise reagiert der Körper auf ein Absinken des Blutzuckerspiegels mit einer Verminderung der Insulinausschüttung, vermehrter Ausschüttung von Glukagon und wenn letzteres fehlt mit einer vermehrten Adrenalinausschüttung. Glukose ist der obligate Brennstoff für das Gehirn unter Normalbedingungen. Der Transport von Traubenzucker in das Gehirn durch die Kapillarwände (Bluthirnschranke) hindurch wird durch GLUT-1 gefördert, der Transport erfolgt überwiegend durch die Astrozyten- Podozyten, die die Kapillarwände umgeben. In den Astrozyten kann Glukose als Glykogen gespeichert oder zu Laktat glycolysiert werden, das dann zu den Nervenzellen transportiert wird oder diffundiert. Es bildet dort den oxidativen Brennstoff. Weil das Gehirn Glukose weder synthetisieren (herstellen) noch mehr als den Vorrat für wenige Minuten speichern kann, hängt die Funktionsfähigkeit des Gehirns wesentlich von der kontinuierlichen Zufuhr von Traubenzucker aus dem Blut ab. Abfallende arterielle Glukosekonzentrationen werden in vielen Hirngebieten durch Sensoren entdeckt. Solche Sensoren gibt es auch in den Portalvenen der Leber und den Halsschlagadern. Beim Gesunden spielen dabei die Sensoren der Betazellen der Bauchspeicheldrüse die Hauptrolle, die Sensoren im Gehirn funktionieren nach dem selben Prinzip. Besonders bei jüngeren Kindern (bis 5 Jahre) können Hypoglykämien die Ursache von Intelligenzminderungen, Defiziten in der räumlichen Wahrnehmung und den mathematischen Fähigkeiten verursachen, man nimmt an, dass die Myelinisierung bei der Gehirn die auch eine Glukoseeinbau erfordert gestört wird und hierin die Ursache zu suchen ist. Untersuchungen belegen allerdings bei Kindern mit Diabetes keine generell schlechter Schullaufbahn und keine schlechteren Schulleistungen. Schwierigkeiten werden bezüglich der Verbalintelligenz, der Arbeitsgeschwindigkeit, des Gedächtnisses, der abstrakten visuellen Fähigkeiten und der Aufmerksamkeit berichtet. Die Ergebnisse sind aber nicht einheitlich, unklar bleibt, ob Kinder die mit intensivierter Therapie behandelt werden ein höheres Risiko für diskrete neuropsychologische Defizite haben als Kinder, die mit (heute unüblich gewordener) konventioneller Therapie behandelt werden. Zum Teil dürften auch akute Hypoglykämien die Aufmerksamkeit und Aufnahmefähigkeit beeinträchtigen ohne dass ein längerfristiger Schaden entsteht. Schwierigkeiten der Akzeptanz und im Umgang mit dem Diabetes sind möglicherweise eher verantwortlich für Probleme in der Schullaufbahn als die Erkrankung an sich. Auch bei Erwachsenen ist strittig ob Hypos wirklich leichte Hirnschädigungen hervorrufen, am ehesten scheint dies für Kinder unter 5 Jahren erwiesen, schwere Hypos sind dennoch ein Notfall mit akut möglichem ungünstigem Ausgang. Während einer Hypoglykämie ist aber auch bei Erwachsenen die Gedächtnisleistung und die Merkfähigkeit beeinträchtigt, dies gilt auch für leichte Hypos, die selbst behandelt werden können. Beeinträchtigungen der Alltagstätigkeit und der Arbeits/Schulleistungen sind möglich. Forschungsergebnisse weisen auf einen Zusammenhang zwischen kognitiven Defiziten und rez. Hypoglykämien bei insulinpflichtigen Diabetikern hin. So ist aus tierexperimentellen Untersuchungen bekannt, dass rez. schwere Hypoglykämien selektiv zur neuronalen Schädigung der 2.–4. Schicht des Neocortex, des Nucleus dentatus und des medialen Anteils der CA1-Pyramidenschicht des Hippocampus führen, der Hippocampus also eine extreme Sensibilität gegenüber Hypoglykämien aufweist. Ennen JC Kognitive Defizite durch rezidivierende Hypoglykämien DGN Kongress 2003, A.M.McCarthy et al. Pediatrics 2002;109(1) type 1 diabetes,academic achievement, children. Andrew J. Sommerfield, Ian J. Deary, Vincent McAulay, and Brian M. Frier Diabetes Care 2003 26: 390-396. [Abstract] [Full Text]. Epileptische Anfälle im Rahmen von Hypoglykämien scheinen allerdings durchaus zu kognitiven Einbußen zu führen. Ursache ist, dass das Gehirn sehr empfindlich auf Unterzuckerungen reagiert. Durch die intensivierte Insulinbehandlung nach der DCCT- Studie sind Hypoglykämien wesentlich häufiger geworden. Arch Dis Child 1998;78:111-115 Andere Ursachen einer Hypoglykämie: Drogen/ Medikamente, Betablocker, Salizylate, Quinin, Haloperidol, Disopyramid, Alkohol, Ackee Frucht (eines der Nationalsymbole Jamaikas) Vergiftung, Insulinom, Artifizielle durch Insulin, Schwere Arbeit oder Sport, Ketotische Hypoglykämie, Glykogenspeicherkrankheit, Defekte im Aminosäure- oder Fettsäurestoffwechsel, Reyesyndrom, Hypopituitarismus, Isolierter Wachstumshormonmangel, Isolierter Korticotropinmangel, M. Addison, Galaktosämie, Hereditäre Fruktoseintoleranz, Carnitinmangel, Mangel an Typ 1 Glukosetransporter im Gehirn, schwere Leberekrankung, Großer nicht -Beta-Zell-Tumor, Sepsis, Nierenversagen, Herzinsuffizienz, Laktazidose, Hungern, Anorexia nervosa, chirurgische Entfernung eines Pheochromozytoms, Insulin-Antikörper- Hypoglykämie, Hypos treten bei Diabetikern besonders häufig nach Sport, schwerer körperlicher Arbeit , nach Alkoholkonsum und im Schlaf auf. Symptome: Eine Unterzuckerung äußert sich meist mit: Zittern (32–78%), Herzklopfen(8–62%), Schwitzen (47–84%), Angst (10–44%), Hunger (39–49%), Übelkeit (5–20%), Kitzeln (10–39%), Konzentrationsstörungen (31–75%), Verwirrung (13–53%), Muskelschwäche (28–71%), Schwindel (16–33%), Sehstörungen(24–60%), Sprech- und Sprachstöurngen(7–41%), Kopfschmerzen (24–36%), Benommenheit (11–41%), Müdigkeit(38–46%), ungenauer Gang, weiche Knie, blasses Gesicht und blasse Haut, abwesendem Verhalten, Gereiztheit, Albernheit, und ungewöhnlich krakelige Schrift. Es müssen dabei nicht alle genannten Symptome auftreten. Ein Teil der Symptome geht auf eine vermehrte Adrenalinausschüttung als Gegenregulation zurück, dieser Mechanismus kann im Laufe der Behandlung nachlassen, mit der Folge, dass Hypos schlechter erkannt oder bemerkt werden. Ein wesentlicher Grund dafür, dass Hypos nicht rechtzeitig bemerkt werden, ist dass nach einer Hypoglykämie sich im Gehirn wie peripher eine gewisse Toleranz für die nächste Hypoglykämie entwickelt. Es kommt zu einer fehlerhaften Anpassung der sympathoadrenal Antwort auf die Hypoglykämie. Dies bedeutet, dass die Adrenalinausschüttung als Reaktion auf die Hyoglykämie proportional zu den vorausgegangenen Unterzuckerungen zurückgeht. Damit verschwinden auch die autonomen Warnsignale ( Herzklopfen, Tremor, Angst, Schweißausbrüche und Hunger) die dem Patienten bis dahin die Wahrnehmung der Hypoglykämie ermöglicht haben. Das Risiko einer schweren Hypoglykämie steigt an, eine Art Teufelskreis kann entstehen. Die zu Grunde liegenden Mechanismen im Gehirn werden kontrovers diskutiert. Wenn 2 Wochen konsequent Hypoglykämien vermieden werden, treten auch wieder die typischen Symptome auf und der Diabetiker bemerkt seine Hypoglykämien wieder. Letzteres gilt auch wenn eine autonome Neuropathie vorliegt. N Engl J Med 2004;350:2272-9. Diabetiker können bei Unterzuckerung auch psychische Auffälligkeiten entwickeln, die einem Verwirrtheitszustand oder Trunkenheit ähneln, oder im schlimmeren Fall auch bewusstlos werden. Im Rahmen der Bewusstlosigkeit können auch Krämpfe auftreten. Behandlung: Die meisten Hypoglykämien können vom Betroffenen selbst behandelt werden. Regel: erst Zucker zu sich nehmen, dann messen. Diabetiker reagieren auf eine Hypo mit je nach BZ 15- 20 – 25 g Traubenzucker, 120 ml Orangensaft plus eine Scheibe Brot oder 8 Stück Würfelzucker oder 120 ml Cola (mit Zucker). Wenn der Betroffene in einem solchen Falle noch schlucken kann, geben Sie ihm bitte Traubenzucker oder eine „normale“ Cola oder ein sonstiges Zuckerhaltiges Getränk zu trinken. 15–20 min später sollte die Zuckergabe wiederholt werden, falls sie Symptome sich nicht gebessert haben und der gemessene Blutzucker niedrig bleibt. Da die glykämische Antwort auf Zucker meist nur vorübergehend ist, typischerweise <2 h, sollte kurz nach Korrektur der Hypoglykämie ein Snack oder eine Mahlzeit eingenommen werden. Im Falle der Bewusstlosigkeit, darf ihm keine Flüssigkeit und kein Traubenzucker gegeben werden, er sollte in die stabile Seitenlage gebracht werden und es muss sofort ein Arzt oder Rettungsdienst gerufen werden. Glukosegele wirken ebenfalls nur wenn sie geschluckt werden können, die Resorption durch die Mundschleimhaut ist nur minimal. Körperliche Aktivitäten müssen bei Verdacht auf eine Unterzuckerung abgebrochen werden. Auf einen leichten Unterzucker kann ein Diabetiker in der Regel selbst reagieren, bei schwerwiegendem Unterzucker oder hypoglykämischem Schock muss der Notarzt verständigt werden. Bitte bereits am Telefon den Verdacht auf Unterzuckerung mitteilen. Ungewohnter Sport, Infekte und Alkohol erhöhen das Risiko für Hypoglykämien. Der Arzt gibt entweder eine Glukagonspritze i.m. oder 20 ml 20%ige konzentrierte Glukoselösung als Erstbehandlung, im Zweifel werden komatöse Patienten immer stationär behandelt. Bewusstlosen Patienten werden auch von Angehörigen 1 Milligramm Glukagon gespritzt (oder bei Kindern unter 5 Jahren die Hälfte = 0.5 mg). Wie die i.m. Applikation erfolgen muss wird in der Regel in der Diabetikerschulung beigebracht ist aber auch auf der Packungsbeilage bildlich ersichtlich. Der Anruf bei Notarzt sollte bei Bewusstlosen sofort erfolgen. Bei Anbehandlung mit Sulfonylharnstoffen muss 24 Stunden überwacht werden. Glukagonbehandlungen sind beim Typ 2 Diabetes weniger hilfreich als beim Typ 1, da Glukagon sowohl die Insulinsekretion als auch die Glycogenolyse stimuliert. Die Gabe intravenöser Glukose ist an sich immer günstiger, kann aber von Angehörigen nicht geleistet werden. Schwere Hypoglykämien bei Behandlung mit Sulfonylharnstoffpräparaten halten oft lange an und bedürfen längerer Überwachung, ggf. auch stationär. Diabetes Care 24:1878–1881, 2001 Nach schweren Hypoglykämien muss die Stoffwechseleinstellung neu überprüft werden und nach der Ursache gesucht werden. Pathophysiologie: Normalerweise sinkt beim Gesunden die Insulinsekretion bei sinkendem BZ ab, die Leber (und weniger auch die Niere) produzieren vermehrt Glukose, außer dem Gehirn schränken die meisten anderen Körpergewebe ihren Glukoseverbrauch ein, mit diesen Mechanismen verhindert der Körper beim Gesunden eine Hypo. Das gegenregulatorische Hormon Glukagon (wird bei Diabetikern in der Hypoglykämie als Spritze i.m. gegeben, ist dabei bei Typ 1 Diabetikern erfolgreicher als bei Typ 2 Diabetes, das Glukagon nicht nur die Glykogenolyse sondern auch die Insulinfreisetzung anregt), stimuliert die Glykogenolyse und damit die Glukosefreisetzung der Leber. Auch Adrenalin stimuliert die Glukosefreisetzung in der Leber und Niere und reduziert ebenfalls den Glukoseverbrauch des Körpergewebes, besonders der Muskeln. Dieser Adrenalinmechanismus drückt sich auch in den Symptomen der Hypoglykämie aus. Im Schlaf kommt es bei Diabetikern wie bei Gesunden zu einer geringeren Gegenregulation mit Adrenalin, deshalb ist das Risiko der Hypoglykämie in den Nachtstunden besonders hoch, deshalb ist dann auch das Risiko am größten, dass die Hypo nicht rechtzeitig bemerkt wird Symptome wie Angst, Zittern, Herzklopfen, Schwitzen können nachts deshalb fehlen. Auch vermehrte Cortisonfreisetzungen wirken einer Hypoglykämie entgegen. Beim insulinpflichtigen Diabetikern kann der Insulinspiegel durch Rückgang des BZ nicht absinken, der Insulinspiegel hängt hier nur von der Resorption aus dem Unterhautfettgewebe ab. Gukagonspiegel steigen bei insulinpflichtigen Diabetikern nicht automatisch bei Unterzuckerung an, warum dies so ist, ist bisher nicht genau bekannt. Zu Adrenalinausschüttungen kommt es bei insulinpflichtigen Diabetikern erst bei deutlich niedrigeren BZ als bei Gesunden. Insgesamt machen damit auch beeinträchtigte Gegenregulationsmechanismen den Diabetiker anfälliger für Hypos. Philip E. Cryer, Negotiating the Barrier of Hypoglycemia in DiabetesDiabetes Spectrum 15,1, 2002 Während durch die besser Blutzuckereinstellung mit intensivierter Therapie die Langzeitkomplikationen (mikrovaskulär und weniger auch makrovaskulär) zurückgehen, nimmt das Risiko der Hypoglykämien zu. Von einer Unterzuckerung oder Hypoglykämie spricht man, wenn der Blutzuckerwert (BZ)zu tief ist, also unter 60 mg/dl meist wird erst bei Werten unter 50mg/dl von einer Hypoglykämie ausgegangen. Am häufigsten treten Unterzuckerungen bei Diabetikern in den frühen Nachtstunden auf. In 35% der Nächte von Kindern mit Typ 1 Diabetes sollen zwischen 21 Uhr und 1 Uhr Zuckerwerte unter 50mg/dl auftreten, besonders häufig, wenn der Blutzuckerwert beim ins Bett gehen unter 150 mg/dl liegt.( J Pediatr, 2002;141(5):625-630). Bestimmte Bedingungen fördern eine H. Dazu gehören:1.) Ein absoluter oder relativer Insulinexzess durch zu hohe Dosen von Insulin oder oralen Antidiabetika, Applikation zum falschen Zeitpunkt. 2.) eine verminderte exogene Glukosezufuhr durch ausgelassene Mahlzeiten, ausgelassene Zwischenmahlzeiten, nächtliche Hypos. 3.) Verminderte endogene Glukoseproduktion z.B. durch Alkoholkonsum. 4.) vermehrter Glukoseverbrauch bei Sport oder harter körperlicher Arbeit 5.) erhöhte Insulinsensitivität und damit verstärktes Ansprechen auf Insulin wie im Anschluss an Sport, verbesserte Fitness, frühe Morgenstunden, Gewichtsverlust, Medikamente, die die Insulinsensitivität erhöhen 6.) verminderte Insulinclearance bei Nierenversagen, 7.) eingeschränkte Glukosegegenregulation bei Insulinmangel, Vorgeschichte mit schweren Hypos und verminderter Wahrnehmung für Hypos, Aggressive Insulintherapie, niedriger HbA1c, ehrgeizige Ziele in der BZ-Kontrolle. Gegensatz zu anderen Organen (wie z.B. Muskeln oder Leber) kann das Gehirn keine Glukose speichern, vor allem ein relativ schnell absinkender Blutzucker führt deshalb zu neurologischen und psychiatrischen Symptomen. Bei langsamem Absinken ist auch der Hirnsstoffwechsel in der Lage sich auf eine vermehrte Nutzung von Fettabbauprodukten einzustellen. Während man früher annahm, dass das Gehirn von Insulin unabhängig sei, hat sich inzwischen herausgestellt, dass es im Gehirn nicht nur Insulintransporter und Insulin abhängig Prozesse gibt, sondern dass das Gehirn auch selbst Insulin produziert. Insulin mRNA wurde besonders in den Pyramidenzellen des Hippokampus, im präfrontalen Kortex, im ento- rhinalen und peri-rhinalen Cortex , im Bulbus olfaktorius und im Thalamus gefunden. Der Insulinmangel im Gehirn hat unabhängig vom Diabetes bei der Entwicklung von Demenzen (besonders dem M. Alzheimer eine Bedeutung) Der Glukosestoffwechsel im Gehirn nimmt in den Anfangsstadien einer Demenz schneller ab, als die Durchblutung und der Sauerstoffverbrauch. Glukose ist der hauptsächliche Energielieferant des Gehirns. Im Alter nimmt die Insulinkonzentration im Gehirn ab, die Kortisonkonzentration nimmt allgemein im Alter zu. Mit dazu beiträgt, dass nach Stress die Kortisonkonzentration im Gehirn langfristig erhöht ist. Die Verschiebung des Gleichgewichts von Kortison und Glukose soll einen wesentlichen Anteil an der Alterung des Gehirns haben. Neben der Bedeutung bei der Energiegewinnung ist Glukose der Grundbaustein für die Herstellung des Neurotransmitters Acetylcholin. Eines der Insulin abbauenden Enzyme (Insulin Degrading Enzyme) ist gleichzeitig das Enzym das am wirksamsten Amyloid abbaut. Hierfür ist allerdings ein optimales zelluläres Milieu erforderlich, das bei zunehmender Glukoseverarmung zunehmend gestört ist. Folgende Medikamente können Hypos begünstigen: bestimmte Antibiotika (z.B. Gatifloxacin), Salizylate (z.B.:Aspirin> 4 g per day), Sulfonamidantibiotika, Trizyklische Antidepressiva, Phenylbutazone, Fibrate, MAO- Hemmer, Pentamidin, Acetaminophen, ACE-Hemmer (Blutdruckmittel), Betablocker. Neurologische Langzeitschäden ??? Lange bekannt ist, dass schwere Hypoglykaemien Monate anhaltende EEG- Veränderungen bedingen können, die klinische Signifikanz dieser erst langsam sich zurückbildenden Abnormalitäten ist aber unklar. Unzweifelhaft ist, dass Kleinkinder bis 6 Jahren besonders gefährdet sind, kognitive Defizite als Folge von Hypoglykämien zu entwickeln. In einer Studie mit 100 Diabetikern mit häufigen schweren Hypos zeigten sich eindeutige leichte kognitive Defizite. Eine neue Studie zeigt bei manchen Patienten mit häufigen Hypoglykämien auch häufiger kortikale Atrophien, die möglicherweise mit einer Verlangsamung der visuellen Verarbeitung assoziiert waren. ( P Perros, et al.). Auch Kleinhirnschäden durch häufige Hypos scheinen möglich. (Kim et al.). Eine neuere Studie hingegen zeigte keine negativen Folgen schwerer Hypos auf die geistige Leistungsfähigkeit, wohingegen bei gleichzeitig vorliegender diabetischer Retinopathie durchaus eine solche Beeinträchtigung nachweisbar waren. (Stewart C. et al). Auch eine neuere Verlaufsuntersuchung über 18 Monate an 6-15jährigen zeigte keine messbaren Auswirkungen von schweren Hypoglykämien in dieser Gruppe. (Tim Wysocki et al 2003) -Insgesamt bleibt, Hypoglykämien können unzweifelhaft bei Kindern bis 6 Jahren zu Störungen der kognitiven Entwicklung führen, bei erwachsenen Diabetikern sind neuropsychologische Langzeitschäden zumindest möglich. Erhöhte Blutzuckerwerte verursachen allerdings bereits dann, wenn sie nur eine gestörten Glukosetoleranz ohne manifesten Diabetes entsprechen ein vorzeitiges Altern des Gehirns. Hohe Blutzuckerwerte beeinträchtigen ebenfalls die Gedächtnisleistung. Je schlechter die Blutzuckerkontrolle umso schlechter das Gedächtnis, wird eine Hyperglykämie durch Zuckergabe verstärkt, verschlechtert sich das Gedächtnis weiter. Angehörige geben bei Befragungen übrigens fast doppelt so viele Hypos an wie die Patienten selbst.

 

Quellen / Literatur:

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Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur