Ich-Störungen

(siehe auch Schizophrenie!)
Unter Ich-Störungen versteht man (nach Jaspers): Störungen des Einheits-Erlebens im Augenblick; der Identität im Zeitverlauf; der Ich-Umwelt-Grenze (Appersonierung/Transitivismus). Hierbei meinen die Kranken, daß ihr Denken, ihr Fühlen und ihre Handlungen von außen gesteuert werden und sie dadurch keine Kontrolle mehr über sich selbst haben. Die Kranken neigen dazu, in diesem Zustand dies dadurch zu erklären, daß sie z. B. durch außerirdische Mächte, bestimmte Apparate oder feindliche Strahlen beeinflußt und gelenkt werden. Manche Patienten glauben in einem solchen Fall, daß andere wissen können, was sie selbst denken, und daß „Gedankenübertragung“ stattfindet, daß ihnen also z. B. durch andere Menschen, Maschinen oder außerirdische Kräfte Gedanken eingegeben, aufgezwungen oder entzogen werden. Ähnlich wie bei den Wahnvorstellungen können die Betroffenen erst nach Abklingen der akuten Krankheitsepisode erkennen, daß es sich um krankheitsbedingte Störungen des Erlebens, also um „Einbildungen“ gehandelt hatte. „Ich-Bewusstsein“ meint ein vorhandenes Wissen über das Ich. Man könnte „Ich-Bewusstsein“ als die Fähigkeit definieren, den eigenen Gemütszustand, das eigene Denken und den eigenen Körper und die Gemütszustände, das Denken und die Körper von anderen Menschen zu erkennen, auseinanderzuhalten, und darüber nachzudenken. Es ist damit eine reflektierte Subjektivität, das Gefühl eine psychische Einheit zu sein, das Gefühl der Meinhaftigkeit, meine Gefühle, Gedanken und meine Körperteile gehören mir . Diese Subjektivität bedeutet, dass ich zwischen innen (zu mir gehörend) und außen (zur Umwelt oder Außenwelt, oder den anderen) gehörend unterscheiden kann, im Sinne einer Subjekt-Objekt- Trennung. Es bedeutet auch sich selbst einschätzen und kontrollieren zu können, als Voraussetzung für die Fähigkeit sich in andere einzufühlen (Empathie). „Ich weiß, dass ich ICH bin und habe eine Vorstellung von mir, erkenne mich im Spiegel und habe eine Vorstellung von den Einschätzungen anderer über mich.“ Ich habe ein mir bewusstes Selbstkonzept. Ich-Bewusstsein meint dabei auch eine Einheit von Körper und Geist. Das autobiographische Gedächtnis ist eine notwendige Voraussetzung des „Ich-Bewusstseins.“ Das Ich-Bewusstsein ist daher wesentlicher Bestandteil unseres Identitätsgefühls, „ich bin ich“ in einem Kontinuum von Raum und Zeit (autobiographisches Gedächtnis) und in der Beziehung zu anderen Menschen (Empathie). „Ich-Bewusstsein“ ist die Voraussetzung für Eigenverantwortlichkeit und Verantwortung gegenüber anderen. Das Konstrukt des Ich-Bewusstseins geht dabei von einer zumindest empfundenen Willensfreiheit auf der Grundlage der Selbsterkenntnis aus. Die Idee „Wir können wollen, wie wie wir wollen“ ist allerdings mehr ein hilfreiches Konstrukt als eine Tatsache. Unabhängig davon ob man das Ich-Bewusstsein als ein neurowissenschaftlich im Sinne eines Determinismus aufklärbaren Phänomens betrachtet, oder als Produkt der (auch zufälligen) Biographie, oder von einer tatsächlichen Willensfreiheit ausgeht, das Empfinden einer Autonomie und Entscheidungsfreiheit ist Voraussetzung für das Funktionieren im sozialen Kontext und die Übernahme von Verantwortung.

Was gesunden Menschen selbstverständlich erscheint, kann bei Krankheiten, wie der Schizophrenie schwer gestört sein. Dann ist der Kern unseres Selbst gestört, was verständlicherweise als sehr bedrohlich empfunden werden kann. Die Unterscheidung von Ich und Anderen kann schwer beeinträchtigt sein, Kranke glauben, dass ihre Gedanken sich ausbreiten, von anderen gehört und gesteuert werden, und/oder dass die Gedanken der anderen sich ihnen aufdrängen oder sie beherschen.

 

Quellen / Literatur:


Störungen des Ich-Bewusstsein können auch bei neurologischen Störungen vorliegen, Beispiele sind das Alian hand- Syndrom oder die Misoplegie, Cotard Syndrom, Anton-Syndrom, Anosognosie, Neglect Siehe auch unter Theory of Mind, und unter Schizophrenie

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur