Karl
C. Mayer, Facharzt für Neurologie,
Psychiatrie und Facharzt für
Psychotherapeutische Medizin, Psychoanalyse
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Schwindel
Seite 1 von 11
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Separate Darstellung
Höhenangst und
Höhenschwindel wie wird unterschieden und behandelt
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Allgemeines

Von der Scheinbewegung bis zum allgemeinen
Schwächegefühl oder zu Übelkeit.
Schwindel ist
ein meist unangenehmes Empfinden, das durch eine Scheinbewegung
der Umwelt oder eine scheinbare Selbstbewegung sowie durch eine
Störung des Schwerkraftgefühls und der Raumorientierung
hervorgerufen wird. Das Symptom Schwindel zählt zu den
häufigsten beklagten Beschwerden. 20-30% aller Erwachsenen und
die zum Arzt gehen leiden unter Schwindel, im Alter ist Schwindel
das häufigste Symptom überhaupt.
In
einer
deutschen
Bevölkerungsstichprobe
berichteten
29%
von
8318
Teilnehmern
der
Befragung
über
mäßig
bis
schwer
ausgeprägte
Schwindelepisoden
in
ihrem
bisherigen
Leben,
ein
Viertel
davon
litt
unter
Drehschwindel. Andere Studien gehen sogar davon aus, dass
durchschnittlich jeder Dritte einmal im Jahr einen Schwindelanfall
erleidet, bei den über 70-Jährigen sogar jeder Zweite.
Bei
den
meisten
Betroffenen
tritt
der
Schwindel
wiederkehrend
auf,
und
verursacht
eine
erhebliche
Beeinträchtigung. Entsprechend vielfältig
sind die sich oft dahinter verbergenden Krankheiten und
Befindlichkeitsstörungen. Es handelt sich um ein vieldeutiges
Symptom. Schwindel wird oft als bedrohlich empfunden.
Menschen, die unter heftigem Schwindel leiden, fühlen sich
schwer krank. Wenn Menschen von Schwindel sprechen, meinen
sie oft ganz unterschiedliche Empfindungen. Allein die
Unterscheidung zwischen Übelkeit und Schwindel ist oft
schwierig. Dies liegt nicht nur daran, dass jeder etwas anderes
meint, wenn er von Schwindel spricht. Die erste Schwierigkeit bei
der Schwindeldiagnose ist deshalb zu verstehen was der Betroffene
unter Schwindel versteht. Ist der Arzt einseitig festgelegt fragt
er nicht selten, das was er hören will in den Patienten
hinein. Ausredenlassen, und erst dann gezieltes Nachfragen
erleichtert die Diagnosefindung. Die erste Frage bei der
Untersuchung ist also, was der Patient unter Schwindel versteht:
Drehschwindel mit empfundenem Drehen der Umgebung?,
Bewegungsunsicherheit?, Gangunsicherheit? Bewusstseinsstörung?,
Übelkeit?, Aufmerksamkeitsstörungen und –schwankungen?,
Antriebsstörung?, Benommenheit, Leeregefühl im Kopf?,
Kopfdruck?, Gang- und Standunsicherheit? Sehstörungen?,
Gefühl der Angst/Unsicherheit?, Derealisation oder
Depersonalisation- das Gefühl als ob die Umgebung oder die
Person verändert sind? Wahrnehmungsstörungen?
Schwankschwindel? Tritt der Schwindel anfallsweise auf, ist es ein
Dauerschwindel, wie lange dauern die Anfälle, sind sie durch
Lageänderungen oder Kopfbewegungen ausgelöst, was gibt
es für Begleitsymptome? Die Antwort auf diese Fragen ist
wegweisend für die Diagnose und ermöglich auch ohne
technische Untersuchung in vielen Fällen bereits die
Diagnose.
Die Kerne des Gleichgewichtsnerven liegen im
Hirnstamm neben den Kernen des Nervus Vagus. Letzterer versorgt
u.a. den Magen, das Herz und die Lungen. Die Verbindungen zwischen
dem N. Vagus und dem Gleichgewichtsnerven sind eng. Übelkeit
ist eine regelmäßige Folge von Drehschwindel. Umgekehrt
erzeugt auch Übelkeit vom Magen her einen Schwindel.
Ähnliches gilt für die anderen vegetativen Symptome.
Schwindel ist zunächst ein Symptom, keine Krankheit.
Ein Schwindelempfinden resultiert häufig aus einer
unerwarteten Erfahrung mit Bewegung. So entsteht ein "komisches
Gefühl, wenn wir auf einer stehenden Rolltreppe gehen, obwohl
es vom Bewegungsablauf nichts wesentlich anderes ist, als wenn wir
eine Treppe gehen . Unterschieden werden muss ein
Drehschwindel ("Karussellgefühl, die Umgebung dreht
sich"), ein Schwankschwindel ("Fahrstuhl- oder
Schiffgefühl, alles schwankt") von einem
Benommenheitsschwindel ("meist ein Leeregefühl im Kopf
").
Schwindel der vom Gleichgewichtsorgan ausgeht,
ist immer verbunden mit einer Illusion von eigener Bewegung oder
einer Illusion von Bewegung der Umgebung. Dies ist nicht auf
den eigentlichen Drehschwindel (mit Wahrnehmen eines Drehens der
Umgebung begrenzt, sonder schleicht auch das Empfinden eigenen
Drehens, Fallens, zur Seite Kippens ein.
Oszillopsie meint ein Phänomen bei dem Patienten während sie selbst in
Bewegung sind, -beispielsweise beim Gehen oder beim Autofahren,- ein Zittern,
Wackeln oder Verschwimmen der Gegenstände wahrnehmen, die sie fixieren. Sie
haben damit Schwierigkeiten beim Lesen von Schildern während einer Autofahrt,
oder während sie gehen. Oszillopsie gibt es nur bei geöffneten Augen, sie
verschwindet beim Augenschluss, während ein Drehschwindel auch bei geschlossenen
Augen vorhanden sein kann. Oszillopsie weist auf eine Schädigung des
vestibulookulären Reflexes (VOR) hin.Oszillopsie kann bei unterschiedlichen
Schädigungen des okulomotorischen (Augenbewegungen), vestibulären
(Gleichgewichtsorgan) und des zerebellären Systems (Kleinhirn) auftreten; z.B.:
bei idiopathischer bilateraler Vestibulopathie, MS, oder Raumforderungen im
Hirnstammbereich. Eine neurologische und Hals- Nasen- Ohrenärztliche Abklärung
ist notwendig.
.Beim Benommenheitsschwindel handelt es sich
oft um ein Gefühl, wie wenn wir schlaftrunken sind. Der
Körper und das Gehirn sind noch nicht völlig in Gang
gekommen, es sind noch nicht alle Systeme, die für die
Aufrechterhaltung des Gleichgewichtes wichtig sind in Gang
gekommen. Ursache könnte beispielsweise
Kreislaufschwierigkeiten nach einem Infekt, eine Schlafapnoe oder
ein Restless legs Syndrom sein. Nicht
selten übersehen wird das Alkoholentzugssyndrom
oder Medikamente als Ursache von Schwindel. Besonders bei älteren
Menschen sind ursächlich oft verschiedene Leiden und auch
Medikamente beteiligt. Abnehmende Sehfähigkeit,
Schwerhörigkeit, Polyneuropathien, allgemein
eingeschränkte Beweglichkeit, unerkannter
Alkoholmissbrauch etc. können sich in der Auslösung
gegenseitig verstärken. Empfundene Drehbewegungen, als ob
sich die Umgebung oder der Betroffene selbst dreht, gehen auf
einen eindeutigen Drehschwindel zurück. Eine organische
Schädigung im Hirnsstamm, Kleinhirn oder Gleichgewichtsorgan
ist immer die Grundlage von Drehschwindel. Solche Schädigungen
können, müssen aber nicht, auf eine ernste Erkrankung
hinweisen. Jeder Patient mit eindeutigem Drehschwindel sollte
neurologisch untersucht werden. Dies gilt auch, wenn kein
eindeutiges Drehen empfunden wird, aber ein spontaner oder
provozierbarer Nystagmus auftritt. Die Wahrnehmung von
Schwankbewegungen der eigenen Person, einer Abweichung zur Seite
beim Gehen sind meist unspezifisch, können aber auch bei
Hirnstamm oder Kleinhirnschäden oder Polyneuropathien
auftreten. Stand- und Gangunsicherheit bei alten Menschen hat oft
seine Ursache in einer Kombination von Medikamentennebenwirkungen,
Sehstörungen, Hörstörung, Arthrose bedingter
Beeinträchtigung und Kreislaufproblemen . Neben
der Beschreibung des Schwindels an sich ist deshalb auch eine
allgemeine medizinische Anamnese immer erforderlich. Auch ein
allgemeines Unsicherheitsgefühl auf den Beinen ist wenig
spezifisch. "Benommenheit", "Verschwommensehen",
"Schwarzwerden vor den Augen", "Leichtigkeitsgefühl",
"Kopfleere", "als ob der Kopf blutleer sei",
sind ebenfalls unspezifische Symptome, die auf harmlose wie ernste
Zustände gleichermaßen zurückgehen können.
Obwohl hinter letzteren unspezifischen Symptomen keine organische
Ursache stecken muss, ist eine genaue Abklärung dennoch
meistens sinnvoll. Ein allgemeines Benommenheitsgefühl deutet
oft auf eine Hyperventilation hin, kann aber
auch bei Vergiftungen auftreten. Glücklicherweise heilen viel
Schwindelsyndrome von alleine aus. Behandlungen können dabei
den Prozess der Heilung beschleunigen. Wichtiger für
Betroffene ist oft noch zu verstehen woher die lästigen und
bedrohlich empfundenen Zustände kommen. Im der englischen
Literatur unterscheidet man zwischen "Dizziness" die
einen diffusen Schwindel, mit Empfinden von Kopfleere und
Benommenheit meint, gelegentlich aber auch als Oberbegriff die
Symptome des "Vertigo" einschließt. "Vertigo"
meint im englischsprachigen medizinischen Schrifttum in der Regel
einen Drehschwindel bei Schädigung oder Reizung im peripheren
oder zentralen vestibulocerebellären System (also
Gleichgewichtsnerv, Hirnstamm, oder Kleinhirn). Einzelne
Aspekte wie Dauer der Schwindelattacke oder der
Krankheitsepisode, Begleitsymptome, vorhandene sonstige
Erkrankungen oder Beschwerden geben oft Hinweise, die zur Diagnose
führen können. Alleiniger Dreh-Schwindel mit
Nytagmus und ohne andere neurologische Symptome wie Hörverlust,
Tinnitus, Doppelbilder, Schluckstörungen, Fazialislähmung, oder
Ataxie bzw. Halbseitenlähmung hat meist keine Ursache, die auf eine
sehr ernsthafte zentralnervöse Erkrankung hinweist. Die Erhebung der
Vorgeschichte kombiniert mit einfachen Tests wie die Prüfung des
vestibulookulären Reflexes, Lagerungsprobe, klinisch neurologische
Untersuchung führen meist bei der ersten Untersuchung zur Diagnose.
Technische Untersuchungen haben dann eine untergeordnete Funktion um
sehr seltene andere Ursachen auszuschließen.
Bei den vom Gleichgewichtsorgan ausgehenden
(vestibulären) Schwindelformen unterscheidet man zwischen
Lagerungsschwindel, Dauerschwindel und Anfallsschwindel.
Patienten umschreiben
mit den Begriff Schwindel sehr unterschiedliche Zustände und
Empfindungen.
Zunächst muss herausgefunden werden, was der
Patient unter Schwindel versteht. Zudem können die
verschiedensten Ursachen vorliegen, so dass zur Diagnosestellung
eine genaue Beschreibung erforderlich ist.
Bei der genauen Erhebung
der Vorgeschichte lässt sich meist ohne zusätzliche
apparative Untersuchungen bereits die Diagnose stellen.
Diese kann dann meist durch einfache Untersuchungen unter oft
alleiniger Zuhilfenahme einer Frenzelbrille bestätigt werden.
Entscheidend ist dabei, dass der untersuchende Arzt die
Schwindelkrankheiten wirklich kennt.
Unsere Gleichgewichtsregulation funktioniert über
die Zusammenarbeit verschiedener Systeme in unserem Gehirn. (siehe
auch tabellarische Auflistung unten). Dabei spielt das
Sehen, also die visuelle Wahrnehmung; das Lageempfinden, also das
Empfinden über die Lage und Stellung unserer Gliedmaßen
und unseres Körpers im Raum, eine Rolle und das
Gleichgewichtsorgan.
Schwindel kommt dann zustande, wenn die
Informationen, die wir aus den verschiedenen Systemen, (die
hier nur vereinfacht erwähnt wurden), erhalten nicht
zusammenpassen, englisch „sensory-mismatch" auch
intersensorischer Konflikt. Das ist auch der Grund für
die Seekrankheit oder dafür, dass manchen Menschen beim
Autofahren übel wird. (Zur "Reisekrankheit"
siehe in Der normale Bewegungsschwindel
oder die Seekrankheit
Die Aufrechtungserhaltung des Gleichgewichts zählt
zu den wichtigsten Aufgaben des Gehirns. In den ersten
Lebensjahren ist das Erlernen des Gleichgewichtssinnes einer der
wichtigsten Lernvorgänge. Vestibuläre (Gleichgewichts-)
Zentren nehmen deshalb einen wichtigen Teil im Gehirn ein.
Entwicklungsgeschichtlich gab es schon vor 600 Millionen Jahren es
beim Hohltier Statozysten = flüssigkeitsgefüllte Höhlen
mit haartragenden Sinneszellen zur Registrierung der Schwerkraft;
das heutige System von zwei Linear- und drei
Drehbeschleunigungsmessgeräten ist seit einigen 100 Millionen
Jahren ausgereift und prinzipiell bei jedem höheren Lebewesen
gleich. Besonders für uns Zweibeiner, deren Körperschwerpunkt
weit vom Boden entfernt liegt und die wir aufrecht gehen ist eine
exakte räumliche Orientierung besonders wichtig. Entsprechend
bedrohlich wird Schwindel erlebt. Aufgrund der komplexen
Verschaltung vieler verschiedener Teilsysteme und Informanten des
Gleichgewichtssystems ist dieses sehr störanfällig.
Andererseits ergibt sich aber aus der Komplexität auch eine
Vielzahl von Kompensationsmöglichkeiten, da andere Systeme
teilweise die Funktion von ausgefallenen Partnern übernehmen
können. Auch das Gehirn ist in der Lage, seine Regelkreise
zur Verrechnung der ankommenden Informationen neu zu
strukturieren. Daraus resultiert ein ungeheures Potential zur
Kompensation von Defiziten und zur Gewöhnung. Diese Vorgänge
der Kompensation setzen im Moment des Entstehens einer Schädigung
ein. Ihre Geschwindigkeit ist abhängig von verschiedenen
Faktoren wie Mobilität des Patienten, Allgemeinzustand,
Medikationen, Begleiterkrankungen sowie von der Motivation des
Betroffenen, seinen Zustand zu verbessern. Gleichgewicht bzw.
räumliche Orientierung ist somit eine erlernbare Funktion.
Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen gilt: Training
bessert Schwindel, Ruhe und Schonung verschlimmert ihn.
Medikamente spielen in der Schwindelbehandlung keine bedeutende
Rolle - fixieren aber häufig auf eine zur Chronifizierung
führende passive Haltung.
80% aller
Schwindeldiagnosen werden durch die Erhebung der Vorgeschichte
gestellt.
Wichtig ist die Frage, ist der Schwindel
attackenförmig, liegt ein Dauerschwindel vor? Was löst
die Attacken aus? Wie lange dauern sie?. Alleine die Dauer eines
Drehschwindels klärt oft die Diagnose. Beim gutartigen
Lagerungsschwindel sind es Sekunden, beim M. Menière
Stunden und bei der Neuronitis vestibularis Tage. Beim Vorliegen
von vertebrobasilären DBS können diese Symptome auch
Lagerungsabhängig sein und Minuten dauern. Beim
Kleinhirninfarkt meist Tage. Neben der Dauer der
Schwindelattacke ist oft auch das Alter des Patienten hinweisend.
Ein 70-jähriger Patient mit koronarer Herzkrankheit und
Rhythmusstörungen wird bei erstmals auftretenden diffusen
Schwindelattacken wahrscheinlich keine Menière’sche
Erkrankung haben, auch dann nicht, wenn er eine einseitige
Schwerhörigkeit von 60 dB Hörverlust hat und Anfälle
mit Erbrechen. Radiologische Untersuchungen wie CCT und
Kernspintomographie klären nur selten die Ursache des
Schwindels im Alter, sie gehören deshalb nicht zur
allgemeinen Routinediagnostik und ersetzen nicht die Erhebung
einer Vorgeschichte.30% aller über 65 jährigen leiden
unter Schwindel, in einer Untersuchung wurden ältere Menschen
mit und ohne Schwindel einer Kernspintomographien des Kopfes und
der Halswirbelsäule unterzogen. Die Häufigkeit von
Auffälligkeiten war bei den Menschen mit und den Menschen
ohne Schwindel etwa gleichgroß. Eine cerebrale Atrophie fand
man bei 86% der "Schwindler" und 85% der schwindelfreien
Kontrollpersonen. Mindestens eine Substanzschädigung der
weißen Substanz bei 69% der "Schwindler" und 78%
der Kontrollpersonen, nur im Mittelhirn waren bei den
Schwindelpatienten die Substanzschädigung der weißen
Substanz häufiger (22% vs. 4%), ob dies aber mit dem
Schwindel zusammenhängt ist zumindest weiter unklar. Die
Häufigkeit von HWS- Veränderungen jeglicher Art
unterschied sich übrigens in dieser Studie nicht zwischen
"Schwindlern" und schwindelfreien Kontrollpersonen. Je
älter der Patient umso mehr Auffälligkeiten im Kernspin
und umso weniger Bedeutung für die Klärung der Ursache
haben diese Auffälligkeiten.
N Colledge et al, J Neurol
Neurosurg Psychiatry 2002;72:587–589 In einer
anderen Untersuchung wurden 200 Patienten mit akutem
Schwindel/Empfinden von Gleichgewichtsstörungen, Drehen usw. sowie
unauffälligem neurologischen Untersuchungsbefund einer
notfallmäßigem Computertomographie des Kopfes unterzogen. Bei keinem
einzigen dieser Patienten von 2 Notaufnahmen ergab sich ein
erklärender Befund.
Emergency Medicine Journal 2005;22:312;
doi:10.1136/emj.2003.012765 Eine
vertebrobasiläre Insuffizienz ist meist eine
Verlegenheitsdiagnose, bei Jugendlichen meist völlig absurd.
Durchblutungsstörungen wie Halswirbelsäulensyndrome sind
die beliebtesten Fehldiagnosen. Wegweisend für die Klärung
der Ursache sind oft begleitende Symptome wie Hörminderung,
Tinnitus, neurologische Begleitsymptome (Taubheitsgefühle,
Sprachstörungen, Bewegungsstörung, Lähmung,
Doppelbilder...). Die Frage wie sich der Schwindel auslösen
oder verstärken lässt kann ebenfalls entscheiden für
die Diagnose sein. Medikamente, Drogen und Alkohol können
ursächlich sein, sie werden deshalb vom Arzt erfragt und
sollten vom Patienten wenn zutreffend berichtet werden. Während
bei Drehschwindelsyndromen meistens eine eindeutige Diagnose einer
organischen Erkrankung möglich ist, ergibt sich bei diffusem
Schwindel am Ende auch umfangreicher Diagnostik in mehr als der
Hälfte der Fälle keine organische Diagnose. Damit das
Kausaliätsbedürfnis von Patient und Behandler befriedigt
ist, werden Phantasiediagnosen, wie "verlangsamter"
Hirnstamm, "Halswirbelsäulensyndrom",
vertebrobasiläre Insuffizienz bei jungen Patienten häufig
bemüht. Die einfache Feststellung ob ein pathologischer
Nystagmus vorhanden ist, klärt ob eine Schädigung am
Gleichgewichtsorgan oder im Hirnstamm bzw. Kleinhirn vorliegt. Bei
Schädigungen im Großhirn oder Allgemeinerkrankungen
entsteht in der Regel kein pathologischer Nystagmus. Allerdings
ist diese Unterscheidung nicht ganz einfach, da beispielsweise
auch Vergiftungen durch Alkohol oder Medikamente zu einer
zeitweisen Schädigung des Gleichgewichtsorgans, Hirnsstamms
oder Kleinhirns führen können. Dabei ist in diesen
Fällen am Organ selbst im Bild kein Schaden zu erkennen.
Patienten berichten oft nicht das reale Ausmaß des
Alkoholkonsums und vergessen Medikamente zu erwähnen, bzw.
haben in der Sprechstunde deren Namen vergessen. Da verschiedene
Medikamente bei ganz unterschiedlichen Indikationen eingesetzt
werden kann hier die Ursachenklärung schwierig sein.
Häufig übersehen werden psychiatrische
Ursachen des Schwindels (Angstsymptom),
sie werden in einem separaten Kapitel
besprochen. Vereinfacht handelt es sich bei psychogenen
Schwindel meist um einem Schwankschwindel oder eine subjektive
Stand- und Gangunsicherheit - niemals um einen Drehschwindel -
ohne neurologische Auffälligkeiten und ohne Normabweichungen
bei den Gleichgewichtstests. Auffallend ist die Diskrepanz
zwischen dem unauffälligen neurologischen Befund und den
subjektiv als gravierend und sehr belastend empfundenen
Beschwerden. Die Patienten berichten, dass die Attacken spontan
auftreten, nicht jedoch, dass der Schwankschwindel mit ganz
typischen Situationen assoziiert ist - dies muss meist direkt
erfragt werden. Als externe Auslöser kommen vor allem
Brücken, Treppen, leere Räume, weite Plätze und
Menschenmengen in Frage. Eine immer wieder bestätigte
Auslösesituation ist das Warten in der Kassenschlange im
Kaufhaus. Patienten mit phobischem Schwankschwindel verlassen den
Laden häufig fluchtartig und unverrichteter Dinge. Viele
organische Schwindelerkrankungen gehen sekundär in einen
psychogenen Schwindel über, dieser steht im weiteren Verlauf
oft im Vordergrund. So erwies sich bei 96 stationär
psychosomatisch behandelten Menière-Patienten, dass
immerhin 59 Prozent (n=57) unter reaktiv psychogenen
Schwindelanteilen litten, die das Krankheitsbild dominierten.
Schaaf H, Holtmann H, Hesse G, Kolbe U, Brehmer D:
Der (reaktive) psychogene Schwindel - eine wichtige Teilkomponente
bei wiederholten M. Menière-Anfällen. HNO 1999; 47:
924-932. Bei 14,9%-30% aller Schwindelpatienten ist
eine Panikstörung die Ursache für den Schwindel.
Umgekehrt geben fast 90% der Patienten mit Panikstörung
Schwindel als Symptom an. Schwindel ist eines der wichtigsten
Symptome einer Panikstörung. Der psychogene Schwindel
chronifiziert am häufigsten und hat dann für die
Patienten meist auch gravierende gesundheitliche und soziale
Folgen. Er ist unbehandelt definitiv nicht als ein harmloses
Symptom zu betrachten. Dafür ist er umso besser behandelbar.
Nicht selten folgt einer organischen Schwindelerkrankung eine
Angstsymptomatik.. Siehe auch Christiane Tröger
:Chronifizierung von Schwindel 6 Monate nach akutem einseitigem
Vestibularisausfall - eine Verlaufsstudie, Dissertation FU Berlin
2003, http://www.diss.fu-berlin.de/2003/299/index.html
Insgesamt
ist
aber
die
Wechselwirkung
zwischen
organischen
und
psychogenen
Schwindelsyndromen
komplex.
Im
Einzelfall
liegt
häufig
beides
vor,
nicht
selten
ist
das
organische
Schwindelsyndrom
auslösend
für
die
psychogene
Chronifizierung.
In
wieweit
eine
psychische
Störung
vestibuläre
Störungen
begünstigen
kann,
ist
weiter
Gegenstand
der
Diskusssion.
Kreislaufstörungen wie
auch die Halswirbelsäule als Ursache, sind eher
Verlegenheitsdiagnosen, die nur dann harmlos sind, wenn was zum
Glück häufig ist, das zu Grund liegende Syndrom auch
ohne Behandlung mit der Zeit sich von alleine zurückbildet.
In der hohen Spontanheilungsrate der meisten organischen Ursachen
liegen die Erfolge der HWS-Behandlung wie der Infusionsbehandlung
begründet. Zuhauf werden bei unklaren
Schwindelbeschwerden Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule
angefertigt. Die degenerativen Veränderungen, die man auch
bei vielen gesunden älteren Menschen röntgenologisch
nachweisen kann, werden dann fälschlich als Ursache des
Schwindels angeschuldigt. Der Beweis eines Drehschwindels der von
der HWS ausgeht steht noch aus. Im Rahmen von Verspannungen der
Muskulatur dort kommt am ehesten ein diffuser Schwankschwindel
mit einem Gefühl als ob man auf einer Matratze geht vor.
Umgekehrt führt jeder Schwindel zu Verspannungen der
Schulter- Nackenmuskulatur ohne dass diese ursächlich wären.
Diese Verspannungen bilden sich zurück, wenn der Schwindel
adäquat behandelt wird. Ersparen Sie sich also die unnötige
Strahlenbelastung durch Röntgenaufnahmen der HWS, unnötiges
Einrenken ist zwar meist harmlos, kann aber auch mal einen
Schlaganfall zur Folge haben. Wenn es für diese Behandlung
keinen Grund gibt, ist dies immer besonders bedauerlich.
Wenngleich die Existenz eines zervikalen Schwindels
wissenschaftlich umstritten ist, ist sicher, dass diese
Schwindelform in der Praxis weit überschätzt wird. Dies
führt leider oft zu inadäquaten Behandlungsmaßnahmen.
Auch Polyneuropathien können
Schwindel auslösen. Auch sie werden als Ursache
häufig nicht erkannt.
|
|
Periphere und zentrale Strukturen, die an der
Gleichgewichtsregulation sowie am „sensory-mismatch"
und damit an der Schwindelauslösung beteiligt sind:
modifiziert und ergänzt nach F. Schmäl · W.
Stoll, Kinetosen, HNO 2000 · 48:346–356
Springer-Verlag
peripherer
Vestibularapparat (Bogengänge und Otolithenorgane),
N. vestibularis,
Vestibulariskerne im
Hirnstamm,
Vestibulocerebellum,
chemorezeptive
emetische Triggerzone (Medulla oblongata),
Brechzentrum,
Hypothalamus,
Efferenzen zur
Auslösung der emetischen Reaktion (N. vagus).
die Augen
(Bewegungsinformation durch optokinetisch ausgelöste
Erregung)
spinale (Rückenmark)
Rezeptoren (Muskelspindeln in der tiefen Halsmuskulatur -
Sensoren für die Relativbewegung Kopf/Körper)???
Rezeptoren in den
Muskeln und Sehnen des Stammes und der Gliedmaßen
Tastrezeptoren in der Haut
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Gehen Sie wenn einen neue Schwindelepisode
auftritt auf jeden Fall zum Arzt. Dies gilt besonders dann,
wenn heftige Kopfschmerzen dabei sind oder wenn sie
Koordinationsprobleme haben. Gehen Sie auch immer zum Arzt, wenn
Schwindel mehrere Tage anhält.
Verwenden
Sie
diese
Seite
nicht
zur
Selbstdiagnose.
Fehldiagnosen
bei
Schwindel
sind
allgemein
häufig,
nach
Studien
häufiger
als
bei
anderen
neurologischen
Erkrankungen.
(Current
Opinion
in
Neurology
2007,
20:32-39)
Wann der Arztbesuch in jedem
Fall dringend ist und möglichst sofort ein Arzt/Krankenhaus
aufgesucht werden sollte.
-
wenn zusätzlich zu einem Drehschwindel
neurologische Symptome wie Taubheitsgefühle an den Extremitäten
oder dem Gesicht, Lähmungen an den Extremitäten oder dem
Gesicht, Sprech- oder Sprachstörungen, Koordinationsstörungen,
Doppeltsehen oder andere Sehstörungen, Erbrechen,
Schluckstörungen.... auftreten
-
Bei jedem neu aufgetretenen und so noch nie
dagewesenen Kopfschmerz, besonders am Hinterkopf
-
Bei akuter Ertaubung eines Ohres
-
Bei einem vertikalen Nystagmus
-
Bei solchen Symptomen ist es möglich, dass Sie
einen akuten Schlaganfall haben, Hier zählt jede Minute bis zur
Aufnahme in eine Schlafanfallabteilung.
Liste der Stroke Units, also der Spezialabteilungen für
Patienten mit einem akuten Schlaganfall.
Tel.: Notarzt
112
Notarzt/Rettungswagen
19222
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Diagnostische Kriterien für die Ursachen von Schwindel
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Diagnose
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Symptome, diagnostische Kriterien
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gutartiger Lagerungsschwindel
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Kurze Dreh-Schwindelepisoden
bei Lagewechsel mit einer positiven Antwort auf das Hallpike Manöver. Mit dem Alter zunehmend häufig, das häufigste Drehschwindelsyndrom. 0.5% bei den 18-39-jährigen 3,4% pro Jahr bei den über 60-jährigen
|
Neuronitis
vestibularis
|
Akuter Dauerdrehschwindel. Zweit häufigstes Drehschwindelsyndrom. Meist zwischen dem 30.und 50. Lebensjahr, häufiger gefolgt von psychogenem Schwindel (etwa ein Drittel der Patienten)
|
Morbus
Menière
|
Dreh-Schwindelepisoden,
Tinnitus, Hörminderung, 3-11% der Patienten von speziellen Schwindelambulanzen, in der Allgemeinbevölkerung selten und eher zu häufig diagnostiziert.
|
Perilymphatische Fistel |
Abnorme Verbindung zwischen Mittelohr und Innenohr und hierdurch Leck der Perilyphflüssigkeit mit Eindringen von Luft in die Kochlea. Kann mit dem Morbus
Menière verwechselt werden. Impulsartige Druckänderung beim Husten, Niesen, Pressen oder Heben im Bereich des Mittelohres oder des Liquorraumes führen hier zu Drehschwindel mit Nystagmus. Akutes Auftreten nach Mittelohroperation, Flugzeuglandung, Vasalvamanöver...Die Diagnose wird durch chirurgische Exploration gestellt bzw. bestätigt. |
Cervicale Spondylose
|
Symptome bei Kopf und
Halsbewegung mit eindeutig eingeschränkter
Nackenbeweglichkeit. Diese Ursache bzw. Diagnose ist
wissenschaftlich sehr umstritten, auch viele andere
Schwindelursachen haben diese Symptome. Die HWS als Ursache
wird mit Sicherheit zu häufig diagnostiziert. (Vorsicht
kann auch sekundär zu Angst sein, Verspannung bei Angst
begleitet fast jede Schwindelerkrankung). Es Experimente
mit Lokalanästhesie von Gelenksrezeptoren der HWS, die
bewiesen haben, dass durch Reizung und Ausschaltung von
Rezeptoren (anders ist eine cervikale Genese nicht denkbar)
keines der häufig geschilderten Schwindelsyndrome
hervorgerufen werden kann (laut Brandt und Diener), allenfalls
eine rasch innerhalb von wenigen Tagen kompensierte isolierte
Gangunsicherheit. Dass Schwindel von der HWS ausgehen könnte
ist insgesamt sehr umstritten. Die Annahme eines cervikalen
Schwindels beruht möglicherweise auf Fehlinterpretationen
von Tierversuchen. Siehe auch: Roy J.E. and Cullen K.E.,
Passive Activation of Neck Proprioceptive Inputs Does Not
Influence the Discharge Patterns of Vestibular Nuclei Neurons.
New
York Academy of Sciences, 942:486-9, 2001. T Brandt
and A M Bronstein NOSOLOGICAL ENTITIES?: Cervical vertigo J
Neurol Neurosurg Psychiatry 2001; 71: 8-12.[Full
text] Richmond FJR, Bakker DA. Anatomical
organization and sensory receptor content of soft tissues
surrounding upper cervical vertebrae in the cat.
J Neurophysiol 1982;48:49-61 Tadashi Nakamura, Brain, Vol. 118, No. 5, 1157-1168, 1995
|
Orthostatische Hypotension
|
Auch den meisten gesunden
Menschen ist es schon einmal passiert, dass nachdem sie lange
in der Sonne gelegen haben, nach der ersten Zigarette,
übermüdet waren oder gerade von einer mehr oder
weniger langen Bettlägerigkeit genesen sind, beim
schnellen Aufrichten ein Leeregefühl im Kopf, ein
Schwarzwerden vor den Augen empfunden haben und sich schnell
wieder hinsetzen mussten um nicht hinzufallen. Was bei seltenem
Vorkommen und wenn die akute vorübergehende Ursache
bekannt ist, harmlos und leicht verkraftbar ist, kann sehr
lästig sein, wenn es ständig auftritt. Erst dann
spricht man von einer Orthostatischen Hypotension, einem
krankhaften Blutdruckabfall beim Aufrichten. Es handelt
sich um eine fehlende adäquate Blutdruckreaktion beim
Aufstehen aus sitzender oder liegender Position. Häufigkeit
nimmt mit dem Alter zu. Bei 20% der über 65 jährigen
vorhanden, aber nur jeder 9. davon hat Symptome. Fallen um 20
mm Hg für den systolischen Druck oder 10mm Hg für den
diastolischen Blutdruck in einer Minute mit begleitenden
Symptomen der Minderdurchblutung des Gehirns( nach Lagewechsel
Liegen zu Stehen) Näheres zum Schwindel
durch zu schnelles Aufrichten.
|
zerebrale DBS
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Diffuse Durchblutungsstörungen machen einen diffusen Schwindel mit
Leeregefühl im Kopf, bei schwerer wiegenden DBS mit Schädigung der weißen Substanz kommen Gangstörung (marche a petits
pas) Reflexsteigerung Tonussteigerung, Gangstörung mit
oder ohne Paresen, Verlangsamung, Inkontinenz etc. dazu. Sonderfälle sind Stealsyndrome, Gefäßstenosen, Diffuse DBS sind auch im Alter eher seltene Ursache von Schwindel, werden aber häufig diagnostiziert.
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Schlaganfall |
In Folge von Hirnstamm und Kleinhirninfarkten kann es zu einer akuten Drehschwindelsymptomatik kommen. Meist sind dann andere neurologische Symptome mit vorhanden, wie Ataxie, Hemiparese, Hirnstammzeichen mit Hirnnervenausfällen etc. Siehe z.B. unter Medulla-oblongata-Syndrome. In Notfallambulanzen haben etwa 3% der Schwindelpatienten einen Schlaganfall. Selten kann bei einem Kleinhirninfarkt ein isolierter Drehschwindel vorliegen (die sich dann über Tage bessert), meist besteht zusätzlich eine Ataxie. Bei unkorrekter Untersuchung sind Verwechslungen mit einer Vestibularisneuritis möglich, da auch hier eine akuter Dauerdrehschwindel bestehen kann. Bei Dissektionen der Vertebralarterien oder auch allgemein beim Kleinhirninfarkt können auch Hinterkopfschmerzen auftreten, die zur Verwechslung mit Migräne Anlass geben können.
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Labyrinthblutung |
akuter Hörverlust und Drehschwindel. Selten kommt bei Einnahme gerinnungshemmernder Medikamente, Kokainmissbrauch, Leukämien und Sichelzellanämie vor. Diagnose im MRT |
Ataxien
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Bewegungsstörung
vorrangig, chronischer Verlauf. Bei der seltenen episodische
Ataxie Typ II episodische Schwindelattacken,
Okulomotorikstörungen im Intervall. Die episodische Ataxie
Typ II ist mit Azetazolamid und dem Kaliumkanalblocker
4-Aminopyridin prophylaktisch behandelbar.
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sensible
Ataxie
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Gang und
Standunsicherheit (wird häufig als Schwindel empfunden), die im Dunkeln bei fehlender visueller
Orientierung zunimmt und durch fehlende propriozeptive
Information verursacht wird. Verlust der Tiefensensibilität,
des Lagesinns und Bewegungsempfindens, hauptsächlich bei Polyneuropathie, aber auch bei Rückenmarksschädigungen.
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Angst
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Angstsymptome
erfragbar, manchmal Reproduktion der Symptome bei
Hyperventilation.
Häufige Ursache eines diffusen Schwindels. Nicht selten
auch Folge
organischer Schwindelerkrankungen. Wenn die
Angst vor dem Schwindel zum ängstlichen Insichhineinhören
wird, wird aus der Angst vor dem Schwindel schnell die Angst
vor der Angst. Wegen dem hohen Risiko der Chronifizierung und
dem dann erheblichen Ausmaß der Behinderung sollte dann
möglichst bald fachärztliche Hilfe gesucht werden.
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Sehstörung
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Sehschärfe
reduziert auf weniger als 6/9 auf beiden Augen.
Augenmuskellähmung,
Myasthenie, Seltene Ursache
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Allgemeinerkrankungen
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Diffuser Schwindel
"Leeregefühl im Kopf", Schwarzwerden vor den
Augen".. Blutarmut (Anämie, z.B.: nach Blutverlust
Vitamin B12
oder Eisenmangel, heftige Monatsblutungen...), Infekte,
Schwäche nach Bettlägerigkeit,
Herzrhythmusstörungen, Unterzuckerung
(Fast nur bei Diabetes
oder Alkoholikern nach
heftigem Trinken), Atemnot. Auch die Behandlung kann den
Schwindel auslösen, siehe unten unter Medikamente.
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Sucht
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Schlafmittel,
Beruhigungsmittel, Alkohol,
Drogen
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Nach vielen
Mittelohrentzündungen
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Cholesteatom?
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Bewegungsschwindel
oder die Seekrankheit
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typische Vorgeschichte
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Vestibuläre
Epilepsie
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sehr selten, typische
Anamnese. Diffuser Schwindel kann aber mit Absencen
oder komplex fokalen Anfällen verwechselt werden.
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Bilaterale Vestibulopathie
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Stand- und Gangunsicherheit
bei Dunkelheit und auf unebenem Grund, bei raschen
Kopfbewegungen Gehen, Laufen oder Fahren können die
Patienten nicht mehr scharf sehen, Straßenschilder oder
entgegenkommende Menschen werden nicht sicher erkannt. Ursachen der beidseitigen Vestibularisschädigung können ganz unterschiedlich sein beispielsweise Medikamenten wie Aminoglykoside oder Autoimmunerkrankungen. Die Behandlung richtet sich nach der Ursache. Gang- und Gleichgewichtstraining ist aber, wie bei den meisten Schwindelerkrankungen in jedem Fall sinnvoll.
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paroxysmaler Schwindel
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kurzdauernde
Drehschwindelattacken, seltener auch Schwankschwindelattacken, die häufig durch Kopfbewegungen ausgelöst
werden aber auch in Ruhe auftreten können und auf eine
Behandlung mit Antiepileptika meist ansprechen. Ausgelöst durch pathologischen Gefäß-Nervkontakt am VIII. Hirnnerv (meist Schlinge der A. cerebelli inferior anterior (AICA)). Entsprechend kann in hartnäckigen Fällen eine mikrovaskuläre Dekompression heilend sein.
Diagnostische Kriterien:
1) kurze Dreh- oder Schwankschwindelattacken (Dauer: Sekunden bis Minuten),
2. häufig Auslösung der Attacken durch bestimmte Kopfpositionen und Beeinflussung der Anfallsdauer durch Veränderung dieser Position,
3. permanent vorhandene oder während der Attacke auftretende otologische Zusatzsymptome (Hypakusis und Tinnitus),
4. neurophysiologischer Nachweis der auditorischen und vestibulären Störung,
5. therapeutische Wirkung von Carbamazepin oder anderen Antiepileptika
6. Ausschluss einer anderen zentralen Schwindelursache.
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Synkopen
oder Ohnmachten
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muss von der Angst in
Ohnmacht zu fallen unterschieden werden
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Basilarismigräne
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Häufig
Familienvorgeschichte mit Migräne.
Häufig mit anderen Aurasymptomen wie visuellen Symptomen
in beiden temporalen und/oder nasalen Gesichtsfeldern beider
Augen Doppelbilder, Dysarthrie, Tinnitus, Hörminderung,
Ataxie, beidseitige Körpermissempfindungen, beidseitige
Lähmungen, selten auch Bewusstseinsverlust. Der Schwindel
der Basilarismigräne ist meist gefolgt von Kopfschmerzen.
Diese halten meist 4–72 Stunden an, sind oft einseitig,
pulsierend, mäßig bis schwere, nehmen bei
körperlicher Aktivität zu, nehmen oft bei Lärm
oder grellem Licht zu. (Nach manchen Angaben sollen aber 30%
der Basilarismigräneattacken ohne Kopfschmerzen sein).
Dauer des Schwindels über manchmal Sekunden manchmal
Stunden, reversible neurologische Defizite, Zwischen den
Attacken häufig Auffälligkeiten mit Störung der
zentralen Okulomotorik in Form einer sakkadierten Blickfolge,
Blickrichtungsnystagmus, Spontannystagmus oder
Lagerungsnystagmus. Es handelt sich um eine
Ausschlussdiagnose. Ein Migräne-Schwindel kann
diagnostiziert werden, wenn ein Migräne-Syndrom nach
IHS-Kriterien und ein episodischer vestibulärer Schwindel
bestehen und beide während mindestens zweier Attacken
gemeinsam aufgetreten sind. Die übliche Migräneprophylaxe
ist wirksam.
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Migräne. |
Schwindel ist bei Migräne häufig (etwa 1% der Bevölkerung), die überwiegende Basilarismigräne ist aber selten. Der Schwindel im Rahmen einer allgemeinen Migräneattacke kann von Sekunden bis zu Tagen dauern, im Rahmen der Basilarismigräne handelt es sich um 5-60min dauernde Aurasymptome. Auch beim Migräneschwindel findet man häufig einen pathologischen Nystagmus. Von einem definiten Migräneschwindel geht man aus, wenn:
(1) Episodisch vestibuläre Symptoms von mäßigem Schweregrad auftreten
(a) Drehschwindel
(b) Lagerungsschwindel
(c) Beschwerdezunahme bei Kopfbewegung
(2) Migräne nach den Kriterien der International Headache Society
(3) eines oder mehr Symptome während mindestens 2 Schwindelattacken
(a) migränöser Kopfschmerz
(b) Kopfschmerz
(c) Lichtscheu
(d) Geräuschempfindlichkeit
(e) Migräneaura
(4) Andere Diagnosen wurden durch adäquate Untersuchung ausgeschlossen
Von einem wahrscheinliche Migräneschwindel geht man aus, wenn:
(1) Episodisch vestibuläre Symptoms von mäßigem Schweregrad auftreten
(a) Drehschwindel
(b) Lagerungsschwindel
(c) Beschwerdezunahme bei Kopfbewegung
(2) eines der folgenden Symptome
(a) Migräne nach den Kriterien der International Headache Society
(b) Migränesymptome während des Schwindels
(c) migränetypische Auslöser des Schwindels (z.N. spezielle Nahrungsmittel, Schlafmangel...)
(d) Ansprechen auf Migränebehandlung
(3) Andere Diagnosen wurden durch adäquate Untersuchung ausgeschlossen (Neuhauser H, Leopold M, von Brevern M, et al. The interrelations of migraine, vertigo, and migrainous vertigo. Neurology 2001; 56:436-441).
Vlasta Vukovic et al., Prevalence of Vertigo, Dizziness,
and Migrainous Vertigo in Patients With Migraine
Headache 2007;47:1427-1435
Abstract
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gutartiger
paroxysmaler Schwindel des Kindesalters
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plötzlich einsetzende
Drehschwindelattacken mit Blässe, Nystagmus, Erbrechen und
Angstgefühl charakterisiert. Zwischen den Attacken ist der
neurologische Befund unauffällig. Kleinkinder bis zum 8.
Lebensjahr, Migräneäquivalent. Ähnlich auch
zyklisches Erbrechen mit gastrointestinalen Beschwerden ohne
fassbares organisches Substrat mit Blässe und Lethargie
bei Kindern. Häufigster Drehschwindel bei Kindern
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verschiedene Medikamente |
meist orthostatischer
Schwindel oder diffuser Schwindel. Alkohol, Drogen,
Blutdruckmedikamente (besonders bei Überdosierung oder
zu Beginn der Behandlung),
Antiepileptika
(besonders Carbamazepin dann aber Drehschwindel am
Anfang der Behandlung und bei Überdosierung),
Schmerzmittel und
Entzündungshemmer,
Schlaf- und Beruhigungsmittel, Muskelrelaxantien,
Medikamente gegen Übelkeit,
Antidepressiva,
Anticholinergika,
Dopaminagonisten, Lokalanästhetika
Antibiotika, Tuberkulostatika, Antimykotika,
Anthelminthika, Betablocker, Vasodilatatoren,
-konstriktoren, Diuretika, Spasmolytika,
Antiallergika, Röntgenkontrastmittel, Beachten Sie, wenn
Sie mehrere Medikamente nehmen, kann die Wechselwirkung
der Medikamente auslösend sein. Bei Schwindel bei
Menschen, die viele Medikamente nehmen, kann es
sinnvoller sein in Absprache mit dem Arzt einzelne
Medikamente abzusetzen, als neue dazu zugeben. |
Andere
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Z.B.:
M. Parkinson
periphere Polyneuropathie Multiple
Sklerose, Infektionen. Besondere Vorsicht ist bei der Behandlung
von Schwindel bei
M. Parkinson, oft werden gegen Schwindel Neuroleptika eingesetzt, die bei M.
Parkinson, zu massiver Verschlimmerung der Symptome führen
können.
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Oft keine Diagnose möglich
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Wann der Arztbesuch
nicht verschoben werden sollte, wann eine radiologische
Ausschlussdiagnostik sinnvoll ist.
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Wann man bei Schwindel
unbedingt sofort zum Arzt
gehen sollte |
- Akuter bisher nicht
bekannter Drehschwindel
- Begleitende
neurologische Symptome wie Gefühlsstörungen,
Kribbeln insbesondere nur an einer Köperhälfte,
Lähmungen oder Schwäche besonders einer
Körperhälfte.
- Schwindel mit neuem
ungewöhnlichem plötzlich beginnendem heftigem
Kopfschmerz, insbesondere bei Hinterkopfschmerz
- Gangstörung, Gehen
wie wenn man betrunken wäre, Danebengreifen
- Bewusstseinsverlust
- Sprach- oder
Sprechstörung
- Brustschmerzen
und/oder besonders schneller oder langsamer Puls
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Wann ist bei Schwindel eine dringende Kernspintomographie oder ein CT sinnvoll? Curr Opin Neurol 20:32-39. 2007 |
Wenn eines der folgenden Kriterien zutrifft:
(a) Isolierter hyperakut (Sekunden) beginnender und anhaltender Drehschwindel
(b) Akuter Drehschwindel mit ungestörtem head impulse test der Bogengänge
(c) Akuter Drehschwindel mit neu beginnendem Kopfschmerz, insbesondere bei Hinterkopfschmerz new onset headache, especially occipital
(d) Akuter Drehschwindel mit irgendeinem zentralen Zeichen wie schwere Gangstörung, oder Ataxie
(e) Akuter Drehschwindel mit Ertaubung ohne typische Vorgesichte mit M. Meniere.
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Wann ist bei Schwindel eine akute Kernspintomographie oder ein CT meist nicht erforderlich? Curr Opin Neurol 20:32-39. 2007 |
Wenn alle der folgenden Kriterien zutreffen:
(a) Subakute Beginn des Drehschwindels (mehrere Minuten oder Stunden)
(b) Keine anderen neurologischen Begleitsymptome einschließlich Kopfschmerz oder Taubheit.
(c) keine zentralen neurologischen Zeichen oder Symptome
(d) Symptome die mit einer akuten einseitigen peripheren Vestibulopathie vereinbar sind, einschließlich auffälliger head impulse test
(e) Akuter Drehschwindel und Taubheit bei typischer Meniere- Vorgeschichte |
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Leitlinie
Schwindel
der DGN
Aktuelle Übersicht: Strupp, Michael; Brandt,
Thomas,
Leitsymptom Schwindel: Diagnose und Therapie
HTML |
PDF Dtsch Arztebl 2008; 105(10): 173-80 DOI:
10.3238/arztebl.2008.0173 |
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